Entlastungsbetrag für Alleinerziehende bei Aufnahme von Flüchtlingen aus Syrien
Nach § 24b Abs. 1 EStG können Alleinstehende einen Entlastungsbetrag für Alleinerziehende von der Summe der Einkünfte abziehen, wenn zu ihrem Haushalt mindestens ein Kind gehört, für das ihnen ein Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG oder Kindergeld zusteht. Alleinstehend i. S. d. § 24b Abs. 3 Satz 1 EStG sind Steuerpflichtige u. a. dann, wenn sie keine Haushaltsgemeinschaft mit einer anderen volljährigen Person bilden. Eine Haushaltsgemeinschaft mit einer anderen volljährigen Person liegt nach § 24b Absatz 3 Satz 2 EStG vor, wenn der Steuerpflichtige mit der volljährigen Person in der gemeinsamen Wohnung gemeinsam wirtschaftet.
2022/2023: Billigkeitsregelung für Aufnehmenden (Ukraine)
Bezüglich der Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine hat u. a. das Finanzministerium des Landes Schleswig-Holstein mit einer Kurzinformation (Einkommensteuer-Kurzinformation Nr. 2022/10 v. 16.6.2022, VI 305-S 2223-711, FMNR202201374) eine Billigkeitsregelung für den Aufnehmende beschlossen. Danach führt die Unterbringung von volljährigen Flüchtlingen aus der Ukraine durch Alleinstehende in ihrem Haushalt in den Jahren 2022 und 2023 nicht zu einer steuerschädlichen Haushaltsgemeinschaft i. S. d. § 24b Absatz 3 Satz 2 EStG (s. hierzu die News "Entlastungsbetrag für Alleinerziehende bei Aufnahme von Flüchtlingen).
Fall des FG Berlin-Brandenburg: Vermietung an Flüchtlinge aus Syrien
Das FG Berlin-Brandenburg über einen Fall bezüglich der Aufnahme von syrischen Flüchtlingen zu entscheiden. Im entschiedenen Fall lebte die Klägerin mit zwei Kindern zusammen, welche sich im Streitjahr in Berufsausbildung befanden. Ab August des Streitjahres vermietete die Klägerin zwei in dem Einfamilienhaus befindliche Zimmer mit einer Größe von jeweils 11 qm an zwei syrische Flüchtlinge. Eine der beiden war bereits volljährig. Nach dem Mietvertrag durften beide Syrer das Bad, die Küche und das Wohnzimmer mitbenutzen. Die beiden Syrer erhielten Sozialleistungen nach dem SGB II und waren an der Adresse der Klägerin gemeldet.
Finanzamt vermutet Haushaltsgemeinschaft
Im Rahmen der Einkommensteuererklärung gewährte das Finanzamt den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende nur bis einschließlich Juli, da die Klägerin ab August mit noch eine weitere volljährige Person im Haushalt gewohnt habe und demnach eine Haushaltsgemeinschaft begründet wurde. Der Beklagte wies darauf hin, dass bei einer Meldung im Haushalt des Steuerpflichtigen eine Haushaltsgemeinschaft nach § 24b Abs. 3 Satz 2 EStG vermutet werde. Für eine Haushaltsgemeinschaft genüge es, wenn der Volljährige sich an den Kosten beteilige oder tatsächlich Aufgaben im Haushalt übernehme.
FG gewährt Entlastungsbetrag aufgrund Mietverhältnis
Das sieht das FG Berlin-Brandenburg aber anders (Urteil v. 28.2.2023, 6 K 6205/19). Auch im Zeitraum ab August war die Klägerin alleinstehend im Sinne von § 24b Abs. 3 EStG, denn sie unterhielt mit dem volljährigen Syrer keine Haushaltsgemeinschaft, so das FG. Zwar gab es eine volljährige Person, die seit August in dem von der Klägerin bewohnten Haus gemeldet war, so dass die Vermutung einer Haushaltsgemeinschaft gilt.
Die Klägerin habe diese gesetzliche Vermutung aber widerlegt. Die gesetzliche Vermutung könne nach der Begründung des Gesetzgebers (BR-Drucks. 508/04, 22) dadurch widerlegt werden, dass der Steuerpflichtige glaubhaft macht oder zweifelsfrei versichert, dass keine Haushaltsgemeinschaft besteht. Sie sei im Streitfall bereits dadurch widerlegt, da ein Mietverhältnis bestand. Der Syrer zahlte damit eine Miete an die Klägerin und war als Mieter typischerweise nicht an der Haushaltsführung beteiligt und typischerweise auch nicht verpflichtet, über seine Miete hinaus finanzielle Beiträge zum Haushalt der Klägerin zu leisten.
Gesetzliche Vermutung widerlegt
Die Gewährung des Entlastungsbetrags für Alleinerzieher beruhe auf der Überlegung, dass ein alleinstehender Steuerpflichtiger mit sämtlichen Kosten des Haushalts allein belastet ist. Diese Belastung wird gemildert, wenn ein Volljähriger, der kein Kind des Steuerpflichtigen ist, in den Haushalt aufgenommen wird, weil dann ein gemeinsames Wirtschaften möglich ist, das darin bestehen kann, dass entweder der Volljährige zu den Kosten des gemeinsamen Haushalts beiträgt oder der Volljährige tatsächliche Hilfe im Haushalt leistet und mit dem Steuerpflichtigen bei der Bewältigung der Aufgaben im Haushalt zusammenarbeitet.
Hier sei auf Grund der Stellung als Mieter nicht anzunehmen, dass eine Beteiligung an den Kosten des gemeinsamen Haushalts erfolgt. Als Mieter gehöre dies auch nicht zu den Pflichten. Hinzu komme, dass es sich um einen syrischen Flüchtling handelt, welcher ein Zimmer im Einfamilienhaus der Klägerin gemietet hat. Die Aufnahme als syrischer Flüchtling als Mieter sei nicht der Fall, den der Gesetzgeber bei der Regelung des § 24b Abs. 3 Satz 2 EStG im Blick gehabt habe, als er bei der Aufnahme eines Volljährigen, der im Haushalt des Steuerpflichtigen gemeldet ist, die Vermutung aufgestellt hat, dass jener sich an den Kosten im Haushalt beteiligt oder im Haushalt mithilft.
Die gesetzliche Vermutung erfasse einen Volljährigen, der nicht als Mieter und/oder Flüchtling im Haushalt lebt, sondern auf Grund einer persönlichen Beziehung zum Steuerpflichtigen wie z. B. als Freund oder Freundin dort wohnt und sich typischerweise am Haushalt finanziell oder tatsächlich beteiligen wird.
Soweit ersichtlich, wurde gegen die Entscheidung des FG Berlin-Brandenburg kein Rechtsmittel eingelegt (Revision wurde nicht zugelassen).
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