Entscheidungsstichwort (Thema)
Häusliches Arbeitszimmer einer Betriebsprüferin bei Poolarbeitsplatz im FA und qualitativem Tätigkeitsmittelpunkt in den zu prüfenden Betrieben. Poolarbeitsplatz im FA als regelmäßige Arbeitsstätte. kein voller Werbungskostenabzug bei Vermietung des hälftigen Miteigentumsanteils am Büro des Ehegatten
Leitsatz (redaktionell)
1. Der inhaltliche (qualitative) Mittelpunkt der gesamten beruflichen Betätigung eines Großbetriebsprüfers des FA liegt nicht im häuslichen Arbeitszimmer, sondern in den zu prüfenden Betrieben.
2. Steht dem Prüfer neben dem häuslichen Arbeitszimmer in einem Großraumbüro des FA ebenfalls ein Arbeitsplatz zur Verfügung, den er zwar mit anderen Prüfern teilen muss, der aber zur Erledigung der gesamten Innendienstarbeiten (Laptop-Updates, Posteingänge, Arbeitsbesprechungen usw.) ausreicht, so stellt dieser Poolarbeitsplatz einen „anderen Arbeitsplatz” i. S. v. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b S. 2 EStG in der vor 2007 gültigen Fassung dar. Dass bei Dienstbesprechungen ggf. gelegentlich nicht jeder Prüfer einen eigenen Schreibtisch hat, führt zu keinem anderen Ergebnis.
3. Der Poolarbeitsplatz im FA stellt für den Prüfer auch dann die regelmäßige Arbeitsstätte i. S. von § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG 2002 dar, wenn der Prüfer zwar nicht täglich, aber auch nicht nicht nur zu Kontrollzwecken im FA ist, sondern dort regelmäßig seiner eigentlichen beruflichen Tätigkeit nachgeht (z.B. Erhalt von Prüfungsaufträgen, Dienstbesprechungen, Besprechungen mit dem Sachgebietsleiter, Weiterbildungen, Verwaltungstätigkeiten wie z. B. die Abrechnung der Arbeitszeit und der Reisekosten, Absendung und Abholung von Akten, Schriftverkehr, Prüfungsvorbereitung und -nachbereitung). Bezogen auf den Begriff der regelmäßigen Arbeitsstätte kommt es nicht darauf an, dass der qualitative Schwerpunkt der Tätigkeit des Prüfers nicht im FA sondern in den zu prüfenden Unternehmen bzw. im häuslichen Arbeitszimmer liegt (gegen Niedersächsisches FG v. 21.2.2012, 13 K 210/11).
4. Ist die Steuerpflichtige hälftige Miteigentümerin eines Hauses, nutzt der Ehegatte darin ein Büro für gewerbliche Zwecke und vermietet ihm die Steuerpflichtige ihren Miteigentumsanteil am Büro, so kann sie auch dann nur die Hälfte der auf das Büro entfallenden laufenden Hausunkosten als Werbungskosten bei den Vermietungseinkünften abziehen, wenn der nunmehr getrennt lebende Ehegatte die Zahlung der von ihm geschuldeten Hälfte der auf das Büro entfallenden Hausunkosten verweigert hat und die Steuerpflichtige deswegen die vollen laufenden Kosten bezahlt hat, um die weitere Versorgung ihrer Wohnung zu gewährleisten.
Normenkette
EStG 2006 § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b Sätze 2-3, § 9 Abs. 1 Sätze 1-2, 3 Nr. 4, Abs. 5, § 12 Nr. 1, § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; AO § 200 Abs. 2
Nachgehend
Tenor
Der Einkommensteuerbescheid für 2006, zuletzt geändert am 5. Oktober 2010 und in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19. Juni 2012, wird dahingehend geändert, dass die Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gem. § 21 EStG um 218,50 EUR (Umsatzsteuer-Nachzahlung) erhöht werden.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Die Kosten des Verfahrens werden zu 96 % der Klägerin und zu 4 % dem Beklagten auferlegt.
Tatbestand
Die Klägerin erzielte im Streitjahr Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gem. § 19 des Einkommensteuergesetzes – EStG – als Prüferin der Groß- und Konzernbetriebsprüfungsstelle im Finanzamt B. sowie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gem. § 21 EStG.
Das damals zuständige Finanzamt C. veranlagte die Klägerin im Wege der getrennten Veranlagung mit Bescheid vom 28. Oktober 2009, gegen den die Klägerin wegen hier nicht mehr streitiger Punkte Einspruch einlegte. Am 8. Dezember 2009 erließ das Finanzamt C. einen Teilabhilfebescheid.
Der nach einem Wohnsitzwechsel der Klägerin zuständig gewordene Beklagte erließ am 5. Oktober 2010 erneut einen Teilabhilfebescheid und setzte die Einkommensteuer mit 3.551,– EUR fest. Im Übrigen wies der Beklagte den Einspruch mit einer Einspruchsentscheidung vom 19. Juni 2012 als unbegründet zurück.
Dagegen richtet sich die Klage. Streitig sind folgende Punkte:
Arbeitszimmer:
Die Klägerin bewohnte im Streitjahr ihr Einfamilienhaus in der D.-straße in 16866 D..
Aufgrund einer Vereinbarung mit der Oberfinanzdirektion E. aus dem Jahr 2002 war es der Klägerin „auf freiwilliger Basis” und ohne Rechtsanspruch erlaubt, ihre Tätigkeit teilweise nicht in den Diensträumen des FA B., sondern in ihrem häuslichen Arbeitszimmer zu erbringen. Sie verzichtete insoweit auf Kostenersatz. Zudem sollten die Fahrten zwischen häuslichem Arbeitsplatz und Dienststelle als Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte anzusehen sein.
Während des Einspruchsverfahrens für das Streitjahr machte die Klägerin Kosten des von ihr für diese Zwecke genutzten Arbeitszimmers im Souterrain in Höhe von 1.258,20 EUR (l...