Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeld für ein vom Studium wegen Kindesbetreuung beurlaubtes Kind. Familienleistungsausgleich
Leitsatz (amtlich)
Für ein studierendes Kind, das vom Studium wegen Kindesbetreuung beurlaubt ist, besteht ein Anspruch auf Kindergeld nicht, soweit die Beurlaubung über die Zeit der Mutterschutzfrist des § 6 MuSchG hinausgeht.
Normenkette
EStG §§ 63, 32 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. a; MuSchG § 6
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
Tatbestand
Die Klägerin hat eine im Jahr 1970 geborene Tochter A., die im Jahr 1992 das Studium der Forstwirtschaft an der Fachhochschule L. aufnahm. Im Wintersemester 1995/96 befand sich die Tochter der Klägerin ausweislich der dem Beklagten vorgelegten Immatrikualtionsbescheinigung im 7. Fachsemester, im Wintersemester 1996/97 befand sie sich im 8. Fachsemester. Für das Sommersemester 1996 reichte sie dem Beklagten eine Immatrikulationsbescheinigung ein, nach der sie sich im 7. Fachsemester befand.
Die Tochter der Klägerin bekam im Oktober 1995 ein Kind. Laut Auskunft der Fachhochschule L. war sie im Sommersemester 1996 beurlaubt.
Der Beklagte erließ daraufhin am 25. November 1996 einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid, mit dem er die Festsetzung von Kindergeld für die Tochter der Klägerin für die Zeit von März bis einschließlich August 1996 aufhob und das danach zu Unrecht gezahlte Kindergeld in Höhe von DM 1.200,00 zurückforderte.
Der gegen den Bescheid gerichtete Einspruch der Klägerin blieb ohne Erfolg.
Die Klägerin trägt vor, daß sie weder gewußt habe, daß die Unterbrechung der Ausbildung durch ihre Tochter zum Verlust des Kindergeldanspruchs führe noch daß ihre Tochter im Sommersemester 1996 beurlaubt gewesen sei. Auch habe ihre Tochter im Sommersemester 1996 an fachhochschulbegleitenden Lehrveranstaltungen, Prüfungen und Exkursionen teilgenommen.
Weiter macht die Klägerin geltend, daß sie gemäß § 45 SGB X auf den Bestand des Verwaltungsakts, mit dem das Kindergeld festgesetzt worden sei, vertraut habe. Sie habe das erhaltene Kindergeld vollständig verbraucht, so daß die Bereicherung gemäß § 818 Abs. 3 BGB weggefallen sei.
Die Klägerin hat Klage erhoben und beantragt sinngemäß,
den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 25. November 1996 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 05. Juni 1997 aufzuheben und ihr für die Monate März bis August 1996 Kindergeld für ihre Tochter A. zu bewilligen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.
Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Für die Monate März bis August 1996 steht ihr Kindergeld für ihre Tochter A. nicht zu.
Gemäß §§ 63 i.V.m. 32 Abs. 4 Nr. 2 lit. a EStG besteht ein Anspruch auf Kindergeld für ein volljähriges Kind, das das 27. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, wenn es für einen Beruf ausgebildet wird. Das Studium an einer Fachhochschule ist dabei als Berufsausbildung anzusehen, wenn das Kind als ordentlicher Studierender eingeschrieben ist (Berlebach, Familienleistungsausgleich, § 32 EStG Rdnr. 51). Eine Beurlaubung vom Studium ist jedoch auch bei fortdauernder Immatrikulation als Unterbrechung der Ausbildung anzusehen (Berlebach aaO. Rdnr. 54), die zum Verlust des Anspruchs auf Kindergeld führt. Dies gilt auch für eine Beurlaubung wegen Kindesbetreuung, soweit sie über die Zeit der Schutzfrist des § 6 MuSchG hinausgeht (Berlebach aaO. Rdnr. 69). Da die Tochter der Klägerin über die Zeit der Schutzfrist des § 6 MuSchG, die im Dezember 1995 endete, hinaus beurlaubt war, ist der Anspruch auf Kindergeld für die Zeit der Beurlaubung entfallen. Unerheblich ist dafür, ob die Tochter der Klägerin in ihrem Urlaubssemester an einigen Veranstaltungen der Fachhochschule teilgenommen hat; maßgeblich ist allein, daß sie in dieser Zeit kein Fachsemester absolviert hat.
Der Beklagte war auch berechtigt, das zu Unrecht gezahlte Kindergeld zurückzufordern. Gemäß § 37 Abs. 2 Satz 1 AO hat derjenige, auf dessen Rechnung eine Steuervergütung ohne rechtlichen Grund gezahlt worden ist, an den Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten Betrages. Gemäß § 37 Abs. 2 Satz 2 AO gilt dies auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt.
Das Kindergeld ist gemäß § 31 EStG eine Steuervergütung.
Eine Steuervergütung wird ohne rechtlichen Grund gezahlt, wenn der Zahlung kein wirksamer Bescheid zugrundeliegt. Den Zahlungen an die Klägerin lag zwar zunächst ein das Kindergeld festsetzender Bescheid zugrunde; dieser Bescheid ist jedoch mit dem Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 25. November 1996 nachträglich weggefallen.
Die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen für die Aufhebung der Festsetzung des Kindergeldes lagen dabei vor. Gemäß § 70 Abs. 2 EStG ist die Festsetzung des Kindergeldes aufzuheben oder zu ändern, soweit sich die Verhältnisse, die für den Anspruch auf Kindergeld erheblich sind, ändern. Hier hat sich der für den Anspruch auf Kind...