Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer. Solidaritätszuschlag und Umsatzsteuer 1991
Tenor
Der Einspruch des Klägers vom 12.12.1993 gegen den Einkommensteuerbescheid und den Umsatzsteuerbescheid jeweils vom 09.11.1993 ist in der vorgeschriebenen Frist eingelegt worden.
Gründe
Der Beklagte setzte gegenüber dem Kläger für das Jahr 1991 die Einkommensteuer auf 3.897,– DM und den Solidaritätszuschlag auf 146,13 DM fest. Der Festsetzung liegt eine Schätzung der Besteuerungsgrundlagen im Sinne des § 162 Abgabenordnung -AO- zugrunde. Dabei ging der Antragsgegner von Einkünften aus Gewerbebetrieb in Höhe von 24.519,– DM und Einkünften aus Kapitalvermögen in Höhe von 1.000,– DM aus. Weiterhin erließ der Beklagte einen Umsatzsteuerbescheid für 1991, in dem er die Umsatzsteuer auf 4.899,– DM festsetzte. Auch insoweit schätzte der Beklagte die Besteuerungsgrundlage und legte steuerpflichtige Umsätze zu 14 % Umsatzsteuer in Höhe von 87.568,– DM sowie abziehbare Vorsteuerbeträge in Höhe von 7.360,– DM zugrunde.
Mit Schreiben vom 12.12.1993, welches den Eingangsstempel des Beklagten vom 15.12.1993 aufweist, erhob der Kläger durch seinen Bevollmächtigten Einspruch gegen die genannten Steuerbescheide.
Im Einspruchsverfahren wies der Beklagte den Kläger darauf hin, daß der Einspruch verspätet eingegangen sei, da die Rechtsbehelfsfrist bereits am 13.12.1993 geendet habe, das Einspruchsschreiben hingegen erst am 15.12.1993 eingegangen sei. Nunmehr beantragte der Kläger die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und trug vor, daß der Sachbearbeiter des bevollmächtigten Steuerberaters die Briefe am 13.12.1993 um 16.30 Uhr in den Hausbriefkasten des Beklagten persönlich eingeworfen habe.
Der Beklagte wies den Einspruch als unzulässig zurück. Zur Begründung verwies er auf die bereits abgelaufene Einspruchsfrist. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand komme nicht in Betracht. Der Eingangsstempel des Finanzamtes erbringe regelmäßig den Beweis über Ort und Zeit des Eingangs. Ein Gegenbeweis sei zwar zulässig, der Beklagte könne der Einlassung des Kläger aber nicht folgen. Sofern der Brief tatsächlich am 13.12.1993 um 16.30 Uhr in den Hausbriefkasten eingeworfen worden wäre, wäre bei der ersten Tagesleerung am nächsten Tag der Eingangsstempel vom 13.12.1993 aufgetragen worden. Diese Handhabung entspreche der gängigen Verwaltungspraxis.
Mit seiner gegen die Steuerbescheide gerichteten Klage macht der Kläger geltend, daß der Sachbearbeiter des Bevollmächtigten des Klägers, der Zeuge K…, das Einspruchsschreiben am Sonntag, den 12.12.1993 formuliert und am 13.12.1993 auf dem Heimweg gegen 16.30 Uhr in den Hausbriefkasten des Beklagten eingeworfen habe. Die organisatorische Praxisleiterin und Steuerfachgehilfin, die Zeugin Z…, könne bestätigen, daß sie auf dem gemeinsamen Heimweg Mitfahrerin im PKW des Herrn K… gewesen sei und beobachtet habe, wie der Zeuge K… den Brief eingesteckt habe.
Der Kläger beantragt,
abweichend von den Bescheiden vom 09.11.1993 und den dazu ergangenen Einspruchsentscheidungen vom 14.07.1994 die Einkommensteuer 1991 und die Umsatzsteuer 1991 entsprechend den eingereichten Steuererklärungen neu festzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte zweifelt die Angaben der Zeugen an. Im Vorverfahren habe der Kläger behauptet, die Briefe in den Hausbriefkasten eingeworfen zu haben. Tatsächlich habe es sich aber nur um ein Schreiben gehandelt. Da einmal von dem Brief und zum anderen von den Briefen die Rede sei, seien die Angaben widersprüchlich.
Soweit die Zeugin Z… gesehen habe, daß der Zeuge K… einen oder mehrere Briefe in den Hausbriefkasten eingeworfen habe, besage dies noch nicht, daß es sich um das Einspruchsschreiben gehandelt habe. Aus fünf Schreiben des Bevollmächtigten in anderen Verfahren, von denen vier als Datum den 10.12.1993 tragen und eines das Datum vom 14.12.1993 trägt, folge, wie der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, daß sie gesammelt in einem Umschlag dem Finanzamt eingereicht worden seien, da sie alle den Eingangsstempel des Finanzamts vom 15.12.1993 tragen. Mehrere Schreiben an das Finanzamt in einen Briefumschlag zu stecken, sei offenbar beim Bevollmächtigten des Klägers üblich. Daher sei es wahrscheinlich, daß das Einspruchsschreiben in einem derartigen Sammelumschlag zusammen mit anderen Schreiben erst am 15.12.1993 beim Beklagten eingegangen sei.
Gemäß dem Beschluß vom 07.02.1995 hat das Gericht Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen K…, Z… und Ks…. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom selben Tag verwiesen.
Der Senat hat gemäß § 99 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung -FGO- durch Zwischenurteil entschieden, weil dies wegen der wohl nur streitigen Frage der Fristwahrung sachdienlich ist und die Beteiligten nicht widersprochen haben.
Eine Aufhebung nach § 100 Abs. 3 Satz 1 FGO scheidet aus, da Schätzungsbescheide vorliegen (§ 100 Absatz 3 Satz 2 FGO).
Die Klage ist insoweit begründet, als der Kläger geltend macht, der Einspruc...