Entscheidungsstichwort (Thema)
Beweislast und zu berücksichtigender Zeitraum bei Bildung einer Rückstellung für aufbewahrungspflichtige Unterlagen bzw. für Datenarchivierung
Leitsatz (redaktionell)
1. Für die Kosten der Aufbewahrung aufbewahrungspflichtiger Unterlagen ist eine Rückstellung für eine ungewisse Verbindlichkeit zu bilden; dabei ist vom Bilanzstichtag aus gesehen von einer Dauer der Aufbewahrungsverpflichtung von maximal 11 Jahren auszugehen.
2. Da der vom Kläger erklärte Umfang der aufbewahrungspflichtigen Unterlagen einen für ihn günstigen Umstand darstellt, trägt er hierfür die Feststellungslast. Besteht Streit über den Umfang der für die Aufbewahrung erforderlichen Stell- bzw. Lagerfläche und kommt der Kläger trotz der gerichtlichen Anordnung seines persönlichen Erscheinens nicht zur mündlichen Verhandlung, geht das nach den Grundsätzen zur Feststellungslast zu Lasten des Klägers.
3. Lässt der Bevollmächtigte des Klägers die Daten des Klägers bei der DATEV sichern und archivieren, stellt er dem Kläger entsprechende Kosten aber nicht in Rechnung, können der Rückstellungsbildung beim Kläger keinesfalls jährliche Datensicherungskosten von 150 Euro zugrunde gelegt werden (im Streitfall: Schätzung der gesamten im maßgeblichen 11-Jahreszeitraum anfallenden Kosten für Datensicherung mit 50 Euro). Kosten für die Bereitstellung und Wiederlesbarmachung der Daten sind keine Kosten der Aufbewahrung; sie fallen allenfalls im Rahmen einer Außenprüfung an, so dass sie mangels einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit nicht rückstellungsfähig sind.
Normenkette
EStG § 5 Abs. 1; HGB § 249 Abs. 1 S. 1
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Tatbestand
Streitig ist die zutreffende Höhe einer Rückstellung für aufbewahrungspflichtige Unterlagen.
Die Kläger sind Eheleute und werden gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger ist Handelsvertreter und erstellt regelmäßig Bilanzen. Eigentümer des von den Eheleuten zu eigenen Wohnzwecken genutzten Hauses ist die Klägerin. In diesem Haus nutzt der Kläger für seine berufliche Tätigkeit eine Gesamtfläche von 55,99 qm (Arbeitszimmer 10,26 qm, Lager 10,94 qm und Garage 34,79 qm). Aufgrund eines zwischen den Klägern geschlossenen Mietvertrages betrug die monatliche Miete für das Lager und die Garage zusammen 300 DM (=153,39 EUR) und für das Arbeitszimmer 100 DM (=51,13 EUR). Die Nebenkosten für die angemieteten Räume betrugen im Streitjahr insgesamt 490,80 EUR. Für das Streitjahr ergab sich ein Gewinn von 33.052,23 EUR, wobei der Kläger eine Rückstellung für aufbewahrungspflichtige Unterlagen in Höhe von 18.265 EUR berücksichtigt hatte. Der Kläger ging bei der Berechnung der Rückstellung so vor, dass er zunächst die jährlichen Aufbewahrungskosten für jeden aufbewahrungspflichtigen Jahrgang wie folgt berechnete:
Aufbewahrungsdauer der Unterlagen |
10 Jahre |
6 Jahre |
Benötigte Regalstandfläche plus anteilige Verkehrsfläche |
1,5 qm |
1 qm |
Raumkosten qm/Monat |
6 EUR |
6 EUR |
Jährliche Raumkosten (6 EUR × Fläche × 12 Monate) |
108 EUR |
72 EUR |
jährliche Kosten für die Vorhaltung von Daten |
150 EUR |
150 EUR |
Jährliche Kosten/aufbewahrungspflichtigen Jahrgang |
258 EUR |
222 EUR |
Die Beträge multiplizierte der Kläger mit der verbleibenden Aufbewahrungsdauer für aufbewahrungspflichtige Unterlagen der Jahre 1993 bis 2002 und zinste die jeweiligen Beträge ab (auf die Berechnung des Klägers – Bl. 21 FGA – wird ergänzend Bezug genommen).
Der Beklagte (das Finanzamt – FA –) setzte die Einkommensteuer aufgrund der im September 2004 eingereichten Einkommensteuererklärung mit Bescheid vom 29. Oktober 2004 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gem. § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) fest. Mit Bescheiden vom 13. Dezember 2004 und vom 30. November 2005 änderte das FA diese Festsetzung; der Vorbehalt der Nachprüfung blieb jeweils bestehen.
In der Zeit vom 11. Oktober 2005 bis zum 16. Februar 2006 führte das FA beim Kläger eine Außenprüfung durch. Während der Außenprüfung besichtigte der Prüfer die Betriebsräume. In dem vom Kläger als Lager gemieteten Raum befanden sich am Tage der Besichtigung auf einer Länge von 2,5 m zwei sich gegenüberstehende Regale mit einer Tiefe von 40 cm. Die Regale waren bereits voll abgeschrieben. In dem Lager befanden sich im Wesentlichen die Muster des Klägers. Der Prüfer forderte den Kläger während der Besichtigung der Lagerräume auf, ihm die für das Jahr 2002 angefallenen aufbewahrungspflichtigen Unterlagen vorzulegen. Die vorgelegten Unterlagen umfassten 3 Heftungen, die nach Auffassung des Prüfers in 2 Aktenordnern abgeheftet werden konnten. Weitere Unterlagen wurden dem Prüfer nicht vorgelegt.
Der Prüfer ermittelte unter Berücksichtigung einer Miete für das Lager von 4,08 EUR/qm (153,39 EUR: 45,73 qm zuzügl. 490,80 EUR: 55,99 qm: 12 Monate) und einer Lagerfläche von 0,08 qm je Jahrgang aufbewahrungspflichtige Unterlagen eine Rückstellung in Höhe von 254,80 EUR.
Unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Außenprüfung erließ das FA am 21. März 2006 e...