Entscheidungsstichwort (Thema)
Änderung der umsatzsteuerlichen Bemessungsgrundlage. Zulässigkeit der Schätzung der in Zusammenhang mit ausgebuchten Verbindlichkeiten aus LuL stehenden ursprünglich geltend gemachten Vorsteuern. Umsatzsteuer 1995
Leitsatz (redaktionell)
Kann ein Unternehmer wegen nicht ordnungsgemäßer Buchführung nicht die nahe gelegene Annahme erschüttern, dass er für uneinbringlich gewordene, ausgebuchte Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen Vorsteuern in Anspruch genommen hat, ist eine Schätzung der nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 UStG vorzunehmenden Berichtigung des Vorsteuerabzugs aufgrund geänderter Bemessungsgrundlage zulässig.
Normenkette
UStG § 17 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1; AO 1977 § 162
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die umsatzsteuerlichen Folgerungen aus der Ausbuchung von Verbindlichkeiten.
Der Kläger betreibt den Einzelhandel mit Anglerbedarf. In der Zeit vom 9. Juli bis 17. August 1998 führte der Beklagte bei ihm eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung für die Jahre 1990–1995 durch. Der Prüfer stellte fest, dass der Kläger eine in den Jahren 1992 und 1993 eingebuchte Verbindlichkeit in Höhe von 166.182,15 DM im Jahre 1995 ohne Vorsteuerkorrektur erfolgsneutral als Privateinlage ausgebucht hat, nachdem gerichtlich geklärt worden war, dass der Geschäftspartner … entsprechende Forderungen nicht hatte. Auf das rechtskräftige Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg 4 O 381/94 v. 26. Januar 1995, welches sich abschriftlich in der vom Beklagten vorgelegten Betriebsprüfungs-Arbeitsakte befindet, wird Bezug genommen. Unstreitig ist, dass der Kläger Warenlieferungen „nach Bedarf” von … erhielt. Auf die Vereinbarung vom 1. Juli 1990 wird insoweit ebenfalls Bezug genommen.
Der Prüfer ermittelte die Verbindlichkeiten aus Leistungszugängen, auf Grund derer seiner Ansicht nach Umsatzsteuer als Vorsteuer abgezogen worden war, für das Jahr 1992 mit 71.863,15 DM und für das Jahr 1993 mit 94.319,10 DM. Die Vorsteuer sei deshalb im Jahre 1995 zu berichtigen gewesen, und zwar in Höhe von 21.127,78 DM (12.302,49 DM + 8.825,29 DM).
Der Beklagte folgte den Feststellungen des Prüfers im Bericht vom 8. September 1998 und erließ am 1. Oktober 1998 einen entsprechenden Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 1995, durch welchen die Umsatzsteuer auf ./. 35.135 DM festgesetzt wurde.
Das Einspruchsverfahren ist erfolglos geblieben.
Mit der Klage macht der Kläger geltend, in den Jahren 1991 und 1993 habe … die Ehefrau des damaligen Geschäftsfreundes … die Buchführung und die Jahresabschlüsse für den Kläger erstellt. Diese habe in den Jahren 1992 und 1993 Verbindlichkeiten in Höhe von 166.182,15 DM ohne jeden Rechtsgrund eingebucht. Nachdem der Kläger im Oktober 1993 die Beziehungen zu den Eheleuten … abgebrochen habe, sei diese strittige Forderung vor dem Landgericht Magdeburg eingeklagt worden. Die Klage sei jedoch – insoweit unstreitig – abgewiesen worden. Deshalb seien die Verbindlichkeiten 1995 in voller Höhe ausgebucht worden. Der Kläger behauptet, er habe für die ausgebuchten Verbindlichkeiten keinen Vorsteuerabzug vorgenommen. Er habe dem Beklagten sämtliche Eingangsrechnungen aus den Jahren 1992 und 1993 vorgelegt und damit unter Beweis gestellt, dass nur die in diesen Eingangsrechnungen enthaltenen Vorsteuern geltend gemacht worden seien. Diese Vorsteuerbeträge stimmten – so behauptet der Kläger – mit den monatlichen Umsatzsteuer-Voranmeldungen überein. Nach einer Auflistung der Eingangsrechnungen ergeben sich Vorsteuern für 1992 in Höhe von 30.389,56 DM und für 1993 in Höhe von 14.412,95 DM. Die Eingangsrechnungen könnten dem Gericht zu Beweiszwecken vorgelegt werden. Die 1992 und 1993 völlig fiktiv eingebuchten Verbindlichkeiten seien darin nicht enthalten.
Der Beklagte hat nach einer weiteren Außenprüfung den Umsatzsteuerbescheid abermals geändert, und zwar mit Bescheid vom 17. April 2000. Der Kläger hat am 10. Mai 2000 beantragt, diesen Bescheid zum Gegenstand des Klageverfahrens zu machen und mitgeteilt, dass gegen den Änderungsbescheid gleichzeitig Einspruch eingelegt worden sei. Auf gerichtlichen Hinweis, dass Bedenken gegen die gleichzeitige Rechtsverfolgung nach die Rechts- und Beratungskosten nicht ausgeurteilt worden. Dennoch seien solche Beträge gebucht worden. Dasselbe gelte für Werbekosten. Letztlich sei die Klagabweisung vor dem Landgericht Magdeburg deshalb erfolgt, weil … nicht substantiiert dargetan habe, welche Forderungen offen gewesen seien.
Der Beklagte verweist weiter darauf, dass die Beträge aus den vom Kläger vorgelegten Eingangsrechnungen nicht mit den Beträgen laut Auflistung des Klägers überein stimmten. Nach überschlägiger Prüfung ergäbe sich eine Gesamtdifferenz 1990–1993 in Höhe von 13.148,28 DM.
Der Beklagte nimmt hilfsweise zu den Feststellungen der neuerlichen Außenprüfung Stellung, die Eingang...