rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Wechsel zur Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Umsatzsteuer als Masseverbindlichkeit
Leitsatz (redaktionell)
1. Werden vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens unter Geltung der Sollbesteuerung Leistungen erbracht und die Entgelte hierfür nach der dem Ablauf der entsprechenden Voranmeldungszeiträume nachfolgenden Verfahrenseröffnung und nach Wechsel zur Istbesteuerung vom Insolvenzverwalter vereinnahmt, so ist die für die Leistungen entstehende Umsatzsteuer keine Masseverbindlichkeit.
2. Der Wechsel der Besteuerungsart führt nicht dazu, dass die Grundsätze der BFH-Rechtsprechung zur Istbesteuerung anzuwenden wären. Maßgebend bleiben vielmehr die Voraussetzungen für die Entstehung der Steuer im Zeitpunkt der Ausführung der Leistung, da § 20 Abs. 1 S. 3 UStG keine davon abweichende Regelung über die Entstehung der Steuer enthält.
Normenkette
InsO § 55 Abs. 1 Nr. 1; UStG 1999 § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, b, § 20 Abs. 1 S. 3
Nachgehend
Tenor
Unter Änderung des Bescheides vom 24. Mai 2007 wird die Umsatzsteuer 2005 auf 1.848,02 EUR festgesetzt.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob für den Fall, dass vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens unter Geltung der Sollbesteuerung Leistungen erbracht werden und die Entgelte hierfür nach der dem Ablauf der entsprechenden Voranmeldezeiträume nachfolgenden Verfahrenseröffnung und nach Wechsel zur Istbesteuerung vom Insolvenzverwalter vereinnahmt werden, die für die Leistung entstehende Umsatzsteuer eine Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 Insolvenzordnung (InsO) ist.
Die B. gesellschaft mbH (B-GmbH), deren vorläufiger Insolvenzverwalter der Kläger war, schloss am 02. Januar 2004 mit dem Kläger als Insolvenzverwalter der R. GmbH & Co KG (R.) eine Vereinbarung, wonach die B-GmbH der R. ihren Fuhrpark gegen einen Betrag in Höhe von 20.906,18 EUR zzgl. 3.344,99 EUR Umsatzsteuer (24.251,17 EUR brutto) monatlich weiter zur Nutzung überließ; der Vertrag lief bis spätestens 29. Februar 2004. Die Wirksamkeit der Vereinbarung war von der Genehmigung eines durch das Insolvenzgericht einzusetzenden Sonderverwalters abhängig.
Über das Vermögen der B-GmbH, die ihre Umsätze nach vereinbarten Entgelten gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) versteuerte, wurde am 04. März 2004 das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Mit Schreiben vom 06. April 2004 genehmigte der Beklagte den vom Kläger beantragten Wechsel von der Soll- zur Istbesteuerung. Voranmeldungszeitraum war der Kalendermonat.
Am 19. Mai 2005 genehmigte der Sonderverwalter der B-GmbH den Vertrag vom 02. Januar 2004. Daraufhin wurde die vereinbarte Miete für die vor Verfahrenseröffnung erbrachten Leistungen – Nutzungsüberlassung des Fuhrparks für Januar und Februar 2004 – in Höhe von 48.502,34 EUR brutto gezahlt und am 14. Juli 2005 vom Kläger vereinnahmt.
Im Anschluss an eine Umsatzsteuersonderprüfung ging der Beklagte davon aus, dass es sich bei den nach Insolvenzeröffnung vereinnahmten Entgelten aus zuvor erbrachten Leistungen um Masseverbindlichkeiten handele, und setzte mit Umsatzsteuervorauszahlungsbescheid Juli 2005 vom 06. Dezember 2005 Umsatzsteuer gegenüber dem Kläger fest. Der Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 28. Februar 2006 zurückgewiesen. Klage wurde am 20. März 2006 erhoben.
Nach Klageerhebung erließ das FA am 24. Mai 2007 im Schätzungsweg den Umsatzsteuerjahresbescheid 2005, der gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Klageverfahrens wurde. Das Insolvenzverfahren ist noch nicht beendet.
Der Kläger meint, die Insolvenzordnung stelle bei der Beurteilung der Frage, ob es sich um eine Masseverbindlichkeit handelt, lediglich auf die Begründetheit der Forderung ab. Die Umsatzsteuer sei bei der Besteuerung nach vereinbarten Entgelten mit der Erbringung der Leistung begründet. Die streitgegenständlichen Vermietungsleistungen seien vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens erbracht worden, die Umsatzsteuer aus den Vermietungsumsätzen folglich als Insolvenzforderungen zur Tabelle anzumelden. Durch die Vorgehensweise des Beklagten würde sich dieser gegenüber anderen Insolvenzgläubigern einen Vorteil verschaffen.
Der im Insolvenzverfahren erfolgte Wechsel zur Versteuerung nach vereinnahmten Entgelten habe keine Auswirkungen auf die Frage des Begründetseins der Forderung, auch nicht unter Berücksichtigung von § 20 Abs. 1 Satz 3 UStG. So seien bei einem Wechsel der Besteuerung von vereinnahmten zu vereinbarten Entgelten nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH)...