Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer 1993 und 1994
Nachgehend
Tenor
Die Klage ist zulässig.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Beklagte hat im Verlaufe des Klageverfahrens, und zwar am 22. April 1997, Änderungsbescheide erlassen (Bl. 19, 24). Die Änderungsbscheide enthielten keinen Hinweis nach § 68 Satz 3 Finanzgerichtsordnung – FGO – (Bl. 19 ff.). Diesen holte der Beklagte mit Schreiben vom 28. April 1997 nach (Bl. 28). Dieses Schreiben enthielt des weiteren den Hinweis: „Der Lauf der Einspruchsfrist gegen die ESt-Änderungsbescheide 1993 und 1994 bleibt von der vorstehenden Ergänzung der Rechtsbehelfsfrist unberührt.” Der Kläger erklärte daraufhin mit Schreiben vom 27. Mai 1997 dem Beklagten gegenüber, daß er den Änderungsbescheid zum Gegenstand des Verfahrens mache. Mit Schreiben vom 18. Juni 1997 hat der Kläger die vorgenannte Erklärung gegenüber dem Finanzgericht abgegeben und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt (Bl. 66), nachdem er zuvor am 27. Mai 1997 eine entsprechende Erklärung gegenüber dem Beklagten abgegeben hatte (Bl. 63 f.).
Durch Zwischen-Gerichtsbescheid vom 11. Juli 1997 – dem Beklagten am 17. Juli 1997 zugestellt (Bl. 73) – hat der Senat die Klage für zulässig erklärt. Am 18. August 1997, einem Montag, hat der Beklagte Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Klage gegen die Einkommensteuerbescheide 1993 und 1994 durch Zwischenurteil für zulässig zu erklären.
Der Beklagte beantragt,
die Klage als unzulässig zu verwerfen.
Mit Schriftsatz vom 28. August 1997 (Bl. 89 ff.) wendet der Beklagte gegen den Zwischen-Gerichtsbescheid folgendes ein: Für die Einlegung des Einspruchs nach § 356 Abgabenordnung – AO – und den Antrag nach § 68 FGO würden unterschiedliche Fristen laufen. Deshalb habe der Beklagte in seinem ergänzenden Schreiben vom 28. April 1997 darauf hingewiesen, daß der Lauf der Einspruchsfrist unverändert bleibe. Die vorliegende Situation, in der die Ergänzung der Rechtsbehelfsbelehrung in einem eigenen Schreiben erfolgt sei, sei mit der, über die der BFH mit Urteilen vom 17. April 1996, BFH/NV 1996, 900 und vom 26. Oktober 1995, BFH/NV 1996, 444 entschieden habe, nicht vergleichbar. Dort sei der Hinweis nämlich lediglich in der Rubrik „Erläuterungen” enthalten gewesen.
§ 47 Abs. 2 FGO sei auf die Erklärung nach § 68 FGO nicht entsprechend anwendbar, weil § 68 FGO einen Fall der Klageänderung, nicht der Klageerhebung beinhalte (FG Münster vom 23. November 1993, EFG 1994, 632). Zudem sei § 47 Abs. 2 FGO als Ausnahmevorschrift einer analogen Anwendung nicht zugänglich. Die Erklärung nach § 68 FGO stelle auch keine Sprungklage nach § 45 Abs. 1 FGO dar (so aber zu Unrecht FG Baden-Württemberg vom 27. Januar 1997, EFG 1997, 691).
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, den Inhalt der Verfahrensakten und das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht erhobene Klage gegen die Einkommensteuerbescheide 1993 und 1994 ist zulässig. Dies war durch Zwischenurteil gemäß § 97 FGO festzustellen.
1. Der Kläger hat nach Ergehen der Änderungsbescheide den Antrag nach § 68 FGO fristgerecht gestellt. Er hatte hierzu im Entscheidungsfalle nicht nur einen Monat, sondern ein Jahr lang Zeit, weil der fragliche Hinweis unrichtig erfolgt ist.
Der Hinweis nach § 68 Satz 3 FGO muß „in der Rechtsbehelfsbelehrung” enthalten sein. Ein von der Rechtsbehelfsbelehrung räumlich getrennter Hinweis genügt nicht, auch wenn er innerhalb eines Bescheides (z. B. in den Erläuterungen) erfolgt (BFH vom 17. April 1996 X R 98/95, BFH/NV 1996, 900). Dies muß erst recht gelten, wenn der Hinweis nach § 68 Satz 3 FGO in einem gesonderten Schreiben gegeben wird. Der Beklagte hätte dann vielmehr dem Kläger die gesamte Rechtsbehelfsbelehrung – inklusive des Hinweises nach § 68 FGO – bekanntgeben müssen.
Der erkennende Senat teilt nicht die Rechtsauffassung des Beklagten, wonach es sich bei den Belehrungen nach § 356 AO und nach § 68 FGO um Hinweise auf zwei voneinander völlig getrennte Fristen handelt. § 68 Satz 3 FGO modifiziert vielmehr die Belehrungspflicht nach § 356 Abs. 1 AO für den speziellen Fall des im Klageverfahren ergehenden Änderungsbescheides. Hiernach hat der Steuerpflichtige das Wahlrecht, entweder Einspruch einzulegen oder aber gegen den Änderungsbescheid durch Fortsetzung des Klageverfahrens vorzugehen. Über dieses Wahlrecht muß der Steuerpflichtige – und zwar in einer einheitlichen Rechtsbehelfsbelehrung – unterrichtet werden. Dies geschieht nicht, indem das Finanzamt den Steuerpflichtigen im Änderungsbescheid zunächst über die Einspruchs- und dann in einem gesonderten Schreiben – über die Klagemöglichkeit unterrichtet. Die Rechtsbehelfsbelehrung für einen während des Klageverfahrens ergangenen Änderungsbescheid bleibt daher unvollständig und damit unrichtig, solange der Steuerpflichtige nicht in einer einheitlichen Rechtsbe...