rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwendung der durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2001 verlängerten Spekulationsfrist für private Veräußerungsgeschäfte; Spekulationsfrist; Grundstücksveräußerung; Überleitungsvorschrift nach StEntlG 1999/2000/2001; Rückwirkungsverbot
Leitsatz (redaktionell)
Es ist ernstlich zweifelhaft, ob die Überleitungsvorschrift zur Verlängerung der Spekulationsfrist bei Grundstücksveräußerungen von 2 auf 10 Jahre durch das StEntlG 1999/2000/2001 nicht dahingehend einschränkend auszulegen ist, dass sie auf Veräußerungsgeschäfte, bei denen die vormals geltende zweijährige Frist bereits zum 01.01.1999 abgelaufen war bzw. die auf einem vor diesem Zeitpunkt abgegebenen Vertragsangebot beruhen, keine Anwendung findet.
Normenkette
EStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2001 § 22 Nr. 2; EStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2001 § 23 Abs. 1 Nr. 1; EStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2001 § 52 Abs. 39 S. 1
Tatbestand
Die Antragstellerin zu 1) war Alleineigentümerin eines Grundstücks xy. Dieses Grundstück war zum 1. April 1992 aus einem landwirtschaftlichen Betriebsvermögen zu einem Buchwert von X DM entnommen worden.
Am 29. April 1998 gab die Antragstellerin zu 1) einem Dritten ein notariell beglaubigtes Verkaufsangebot über dieses Grundstück ab. Das Angebot war bis längstens 31. Dezember 1999 befristet und bis zum Ablauf dieser Frist unwiderruflich. Als Kaufpreis waren X DM vereinbart. Wegen der weiteren Einzelheiten der Vereinbarung wird auf den Inhalt des Angebotes Bezug genommen. Am 22. Dezember 1999 nahm der Käufer das Angebot durch notarielle Erklärung an. Mit Bescheid vom ... setzte der Antragsgegner unter Berücksichtigung von Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften in Höhe von X DM eine Einkommensteuervorauszahlung von X DM fest. Hiergegen erhoben die Antragsteller am .... Einspruch und beantragten die Aussetzung der Vollziehung. Sie trugen vor, ein Spekulationsgewinn sei nicht entstanden, weil es maßgeblich auf den Zeitpunkt der Abgabe des Verkaufsangebotes noch im Jahre 1998 ankomme. Zu diesem Zeitpunkt habe die Spekulationsfrist zwei Jahre betragen und sei bereits lange abgelaufen gewesen. Auch wenn man auf den Zeitpunkt der Annahme des Angebotes im Dezember 1999 abstelle, sei ein Spekulationsgewinn nicht entstanden. Die Verlängerung der Spekulationsfrist auf zehn Jahre mit dem Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 sei erst im März 1999 vom Bundestag beschlossen und auf den 1. Januar 1999 rückwirkend eingeführt wurden. Diese Rückwirkung sei verfassungswidrig. Jedenfalls mit dem bindenden Verkaufsangebot sei ein schutzwürdiger Vertrauenstatbestand geschaffen worden. Mit Einspruchsentscheidung vom ... wies der Antragsgegner den Einspruch als unbegründet zurück und lehnte mit Bescheid vom selben Tag eine Aussetzung der Vollziehung ab. Er führte aus, ein bindendes Verkaufsangebot allein stehe einer Veräußerung im Sinne des § 23 EStG nicht gleich. Erforderlich sei vielmehr, daß weitere Umstände hinzuträten, so daß bereits mit dem Angebot die Veräußerung als wirtschaftlich vollzogen anzusehen sei. Derartige Umstände lägen nicht vor. Der Vertrag sei endgültig erst mit der Annahme am 22. Dezember 1999 zustande gekommen, so dass die zehnjährige Spekulationsfrist maßgeblich sei. Die Rückwirkung sei nicht verfassungswidrig. Da der Vertrag erst nach dem Gesetzesbeschluß zustande gekommen sei, hätten sich die Antragsteller auf die geänderte Gesetzeslage einstellen können.
Die Antragsteller haben am ... gegen den Vorauszahlungsbescheid Klage erhoben, die unter dem Aktenzeichen 9 K 7766/00 E geführt wird und haben am selben Tag um vorläufigen Rechtsschutz gebeten. Sie wiederholen und vertiefen ihre bisherige Begründung und tragen ergänzend vor, es könne dahinstehen, ob das bindende Verkaufsangebot bereits wirtschaftlich einer Veräußerung gleichstehe. Jedenfalls hätten sie sich noch außerhalb des Anwendungsbereiches des geänderten § 23 EStG unwiderruflich verpflichtet das Angebot aufrechtzuerhalten. Sie hätten alles getan, was von ihrer Seite aus erforderlich war, um den Vertragsschluß zu erzielen. Sie hätten keine Möglichkeit mehr gehabt, von dem Angebot zurücktreten zu können.
Die Antragsteller beantragen,
den Einkommensteuervorauszahlungsbescheid für 2000 vom ... bis einen Monat nach der Zustellung der Entscheidung über die Klage in dem Verfahren 9 K 7766/00 E von der Vollziehung auszusetzen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen,
und nimmt im Wesentlichen auf die Gründe seiner Einspruchsentscheidung Bezug.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vom Antragsgegner vorgelegten Steuerakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Der zulässige Antrag ist begründet. Es bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Vorauszahlungsbescheides.
Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 FGO kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts ganz oder teilweise aussetzen. Auf Antrag soll die Auss...