Entscheidungsstichwort (Thema)
Erbschaftsteuerliche Behandlung der Versicherungsleistung bei Vorausvermächtnis bzgl. bebauten Grundstücks und nachfolgender Zerstörung durch Brand bei Erbfall
Leitsatz (redaktionell)
- Der Umfang der Bereicherung aus einem Vorausvermächtnis bzgl. eines anlässlich des Erbfalls durch Brand zerstörten Gebäudes umfasst anstelle des anteiligen Steuerwerts des Grundstücks die mit dem Nennwert anzusetzende Zeitwertentschädigung der Feuerversicherung. Ob der Anspruch auf Wertersatz vor oder nach dem Erbfall entsteht, ist unerheblich.
- Der Versicherungsanspruch entsteht noch in der Person des Erblassers, wenn der Brand vor Todeseintritt ausgebrochen ist.
- Demgegenüber fällt der durch die Wiederherstellung des Gebäudes aufschiebend bedingte Anspruch auf Neuwertentschädigung nicht unter das Vermächtnis, da er über den Substanzwert des Gebäudes hinausgeht. Dieser Anspruch ist mit Bedingungseintritt werterhöhend dem Anteil der Erben am Nachlass zuzurechnen.
- Aufwendungen in einem die Erbschaftsteuer betreffenden Verwaltungsverfahren sind nicht als Nachlassregelungskosten vom Wert des Erwerbs abzugsfähig.
Normenkette
ErbStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1, § 10 Abs. 1 S. 1, Abs. 5 Nr. 3 S. 1, §§ 11, 12 Abs. 1-2, 5; BewG §§ 4, 12 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 S. 1; VVG § 1 Abs. 1 S. 1, § 97; VGB § 6 Nr. 2, § 7 Nr. 3a; BGB § 281 Abs. 1, § 1763 S. 2, §§ 1922, 2147, 2150, 2164 Abs. 2, § 2169 Abs. 3, § 2174
Streitjahr(e)
1993
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin ist die Tochter der am 11. Januar 1993 verstorbenen Erblasserin A. Die Erblasserin war unter anderem Eigentümerin des mit einer Villa bebauten Grundstücks B in C. Mit handschriftlich verfasstem Testament vom 14. August 1983 vermachte die Erblasserin der Klägerin das Grundstück B einschließlich der hierauf errichteten Gebäude sowie der Einrichtungsgegenstände. Mit einem weiteren handschriftlich verfassten Testament vom 28. September 1986 vermachte die Erblasserin der Klägerin darüber hinaus ihren Schmuck.
Die auf dem Grundstück B errichtete Villa brannte am 11. Januar 1993 bis auf die Grundmauern ab. Hierbei kam die Erblasserin zu Tode. Sie wurde gegen 3.15 Uhr zuletzt von ihrem Sohn lebend gesehen. Gegen 6.30 Uhr wurde ihre Leiche aufgefunden. Ausweislich des Obduktionsberichts des Instituts für Rechtsmedizin der Stadt D vom 19. Januar 1993 ist die Erblasserin an einer Kohlenmonoxidvergiftung gestorben. Die bei der Erblasserin festgestellte erhebliche Rußeinatmung habe gezeigt, dass sie zum Zeitpunkt des Ausbruchs des Brandes noch gelebt habe. In der vom Standesamt der Stadt C ausgestellten Sterbeurkunde vom 14. Januar 1993 wurde festgehalten, dass die Erblasserin am 11. Januar 1993 zwischen 3.15 Uhr und 6.30 Uhr verstorben sei. Dipl.-Ing. E kam als Sachverständiger für Brandursachen in seinem Gutachten vom 27. April 1993 zu dem Ergebnis, dass der Brand am 11. Januar 1993 zwischen 2.30 Uhr und 3.20 Uhr ausgebrochen sei.
Die Erblasserin wurde ausweislich des gemeinschaftlichen Erbscheins des Amtsgerichts C vom 7. Juni 1993 von der Klägerin und ihrem Bruder zu jeweils 1/2 Anteil beerbt.
Die Versicherung leistete am 18. August 1993 an die Klägerin auf Grund der bestehenden Gebäudeversicherung für die Villa B eine Abschlagszahlung von 6.000.000 DM. Dem Versicherungsvertragsverhältnis lagen die Allgemeinen Bedingungen für die Neuwertversicherung von Wohngebäuden gegen Feuer-, Leitungswasser- und Sturmschäden (VGB) zugrunde. Insoweit leistete die Versicherung ausweislich der „Schlussverhandlung” vom 22. Juni 1994 eine Zeitwertentschädigung von 7.114.000 DM. Darüber hinaus sollte eine Neuwertentschädigung von 2.371.000 DM geleistet werden, sofern die durch den Brand zerstörte Villa fristgemäß wieder aufgebaut werde. Diese Neuwertentschädigung wurde auf Grund eines am 15. September 1997 mit der Klägerin abgeschlossenen Vergleichs schließlich auf 1.871.000 DM festgesetzt. Daneben leistete die Versicherungs-AG an die Klägerin für den durch den Brand zerstörten Hausrat eine Entschädigung von 1.120.000 DM. Für den durch den Brand entstandenen Schaden an den in der Villa vorhandenen Schmuckgegenständen und Pelzen leistete die Versicherungs-AG an die Klägerin eine Entschädigung von 164.615,15 DM. Ferner leistete die Versicherungs-AG an die Klägerin wegen der durch den Brand entstandenen Schäden an den in der Villa vorhanden gewesenen Kunstgegenständen eine Entschädigung von 1.500.000 DM.
In ihrer am 28. Oktober 1994 abgegebenen Erbschaftsteuererklärung vom 17. Oktober 1994 gab die Klägerin den Steuerwert des Grundstücks B mit 583.100 DM (140 v.H. des seinerzeit festgestellten Einheitswertes von 416.500 DM) an. Den in der abgebrannten Villa vorhanden gewesenen Hausrat gab die Klägerin mit 517.900 DM (30 v.H. der Anschaffungskosten von 1.726.620 DM) an. Die Kunstgegenstände gab die Klägerin mit 167.250 DM (30 v.H. der Anschaffungskosten von 557.500...