Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerliche Folgen einer unentgeltlichen Übertragung einbringungsgeborener Anteile aus einem Betriebsvermögen
Leitsatz (redaktionell)
- Unter einer Veräußerung i. S. des § 21 Abs. 1 UmwStG a. F. ist allein die entgeltliche Anteilsübertragung zu verstehen.
- Ohne Veräußerung löst die Übertragung einbringungsgeborener Anteile eine Gewinnrealisierung nur aus, wenn einer der in § 21 Abs. 2 UmwStG a. F. enumerativ aufgeführten Ersatztatbestände erfüllt ist.
- Die die (spätere) Besteuerung der stillen Reserven sichernde gesetzliche Spezialregelung des § 21 UmwStG a. F. verdrängt für einbringungsgeborene Anteile die allgemeinen Vorschriften über die Entnahmebesteuerung; diese finden erstmals nach Entstrickung der Anteile wieder Anwendung (entgegen BMF-Schreiben vom 25.3.1998, BStBl I 1998, 268, Tz. 21.12).
Normenkette
UmwStG 1995 § 21 Abs. 1 S. 1, Abs. 2; EStG § 4 Abs. 1 S. 2, § 6 Abs. 1 Nr. 4
Streitjahr(e)
2002
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die steuerlichen Folgen der unentgeltlichen Übertragung einbringungsgeborener Anteile aus einem Betriebsvermögen.
Der Kläger ist Gesellschafter der A & B GmbH (im Folgenden: GmbH); die Gesellschaftsanteile waren in den 70er Jahren durch steuerneutrale (zu Buchwerten, § 20 des Umwandlungssteuergesetzes – UmwStG – in der im Streitjahr geltenden a. F. ) Einbringung seines Einzelunternehmens entstanden (sog. einbringungsgeborene Anteile). Zugleich ist der Kläger Eigentümer des Grundstücks B-Straße 1 in A-Stadt, das er seit Jahren an die GmbH verpachtet; insoweit liegt eine Betriebsaufspaltung vor. Die GmbH-Anteile des Klägers befinden sich im (Sonder-)Betriebsvermögen der Besitzgesellschaft.
Nachdem der Kläger ursprünglich Alleingesellschafter der GmbH gewesen war, übertrug er mit Vertrag vom 27. Mai 2002 (Streitjahr) 15 % seiner Anteile auf seine Ehefrau, die Klägerin, und weitere 2,5 % auf seinen leitenden Mitarbeiter Dr. C.; die Übertragungen erfolgten – wie auch die Beteiligten übereinstimmend annehmen – unentgeltlich. In der Bilanz auf den 31. Dezember 2002 zog die Besitzgesellschaft keine Schlüsse aus den Übertragungen, da sie die Auffassung vertrat, nach § 21 Abs. 2 UmwStG a. F. finde keine Gewinnrealisierung statt. Das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung A-Stadt gelangte indes im Rahmen einer BP zur Ansicht, dass eine Entnahme vorliege, die in Höhe der Differenz zwischen dem Wert des übertragenen Anteils (746.044 EUR) und der gewährten Einlagen (26.250 EUR) zu versteuern sei (Gewinnerhöhung 719.794 EUR; s. Tz. 11 des BP-Berichts vom 8. Oktober 2007).
Der Beklagte schloss sich dem Ergebnis der BP an und erließ am 15. Januar 2008 einen geänderten Einkommensteuerbescheid 2002. Den hiergegen gerichteten Einspruch wies er mit Einspruchsentscheidung vom 7. Oktober 2008 als unbegründet zurück. Die unentgeltliche Übertragung der steuerverstrickten Anteile auf die dem Kläger nahestehende Personen zu betriebsfremden Zwecke stelle eine Entnahme i. S. von § 6 Abs. 1 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes – EStG – dar, die zwingend mit dem Teilwert anzusetzen sei. Eine Entnahme zu Buchwerten sehe das EStG auch für einbringungsgeborene Anteile nicht vor. Der abweichenden früheren Verwaltungsauffassung (keine Besteuerung, da Anteilsentnahme nicht in der abschließenden Auflistung der Gewinnrealisierungstatbestände des § 21 Abs. 1, 2 UmwStG a. F. enthalten) werde nicht mehr gefolgt; andernfalls sei eine zutreffende Besteuerung im Hinblick auf zulässige Teilwertabschreibungen auf die Anteile nicht mehr gewährleistet. Das Sonderrecht des § 21 UmwStG thematisiere nicht den Entnahmetatbestand, sodass es insoweit bei der allgemeinen Besteuerung nach § 6 EStG verbleibe (vgl. auch BMF-Schreiben vom 25. März 1998, Bundessteuerblatt – BStBl – I 1998, 268, Tz. 21.12). Da indes der Charakter der Anteile als einbringungsgeboren bestehen bleibe, werde – zur Vermeidung einer doppelten Besteuerung – bei deren späterer Veräußerung der Veräußerungsgewinn berechnet, indem dem Veräußerungserlös nicht der Anschaffungspreis, sondern der Teilwert (Entnahmewert) gegenüber gestellt werde.
Die Kläger machen mit der Klage weiterhin geltend, die unentgeltliche Übertragung der einbringungsgeborenen Anteile sei steuerlich ohne Auswirkung. Die Spezialvorschrift des § 21 UmwStG a. F. verdränge eine Anwendung des § 6 EStG; in der abschließenden Aufzählung des § 21 UmwStG – auch in den Nachfolgeregelungen – sei indes der Fall des unentgeltlichen Übergangs nicht genannt. Eine Besteuerung der stillen Reserven in den einbringungsgeborenen Anteilen sei hier gewährleistet, weil der unentgeltliche Rechtsnachfolger zunächst in die Stellung seines Vorgängers eintrete und damit die latente Verpflichtung zur Versteuerung der stillen Reserven im Zeitpunkt einer (späteren) Veräußerung übernehme. Die Verwaltungsauffassung lt. Tz. 21.12 des BMF-Schreibens vom 25. März 1998 widerspreche der früheren Ansicht lt. Tz. 56 des BMF-Schreibens vom...