Entscheidungsstichwort (Thema)
Hinzurechnung der Gewinnausschüttung einer polnischen Kapitalgesellschaft gemäß § 8 Nr. 5 GewStG
Leitsatz (redaktionell)
- Das Schachtelprivileg des Art. 21 DBA-Polen hat, soweit es um die Frage der Hinzurechnung der Gewinnausschüttung einer polnischen Kapitalgesellschaft nach § 8 Nr. 5 GewStG geht, Vorrang vor der innerstaatlichen Regelung in § 8b Abs. 1 KStG.
- Die hierdurch unabhängig von § 8b KStG bewirkte körperschaftsteuerliche Freistellung der Dividende kann dem Stpfl. daher bei der Gewerbesteuer nicht durch die Hinzuziehungsvorschrift des § 8 Nr. 5 GewStG wieder genommen werden.
- Die Tatbestandsvoraussetzung der „ununterbrochenen Beteiligung seit Beginn des Erhebungszeitraums” i.S.v. § 9 Nr. 7 GewStG erfordert nicht, dass die Beteiligung bis zum Ende des Erhebungszeitraums gehalten wird. Ausreichend ist, dass die Beteiligung im Zeitpunkt des Gewinnbezugs noch besteht und nicht unter die Grenze von 10 % abgesunken ist.
Normenkette
KStG 2003 § 8b Abs. 1, 5; GewStG 2003 § 8 Nr. 5, § 9 Nr. 7; DBA-Polen i.d.F. vom 24.10.1979 Art. 2 Abs. 3 Buchst. a; DBA-Polen i.d.F. vom 24.10.1979 Art. 21 Abs. 1 Buchst. a; AO § 2; AStG 2003 § 8 Abs. 1 Nrn. 2, 4, 4b
Streitjahr(e)
2003
Tatbestand
Streitig ist, ob eine der Klägerin zugeflossene Gewinnausschüttung einer polnischen Kapitalgesellschaft bei der Ermittlung des Gewerbeertrags gemäß § 8 Nr. 5 Gewerbesteuergesetz (GewStG) dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzuzurechnen ist.
Gegenstand des Unternehmens der Klägerin, deren Stammkapital 10.208.100 EURO betrug, war die Beteiligung an und die Finanzierung der Firma P. Sp. z o.o., einer GmbH mit Sitz in Polen . Am Stammkapital dieser Gesellschaft war die Klägerin zu 75 % beteiligt. Das Geschäftsjahr war das Kalenderjahr. Wegen der Art der Tätigkeit der P. Sp. z o.o. im Jahr 2002 wird auf den durch die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft W. erstellten Jahresabschluss zum 31.12.2002 verwiesen.
Mit notariell beurkundetem Vorvertrag vom 27.11.2002 verpflichteten sich die Klägerin als Verkäuferin und eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Polen als Käuferin, vorbehaltlich der Erfüllung von unter Ziff. 4 des Vertrags genannten aufschiebenden Bedingungen, einen Kaufvertrag über die Anteile der Klägerin an der P. Sp. z o.o. abzuschließen. Die Anteile sollten nach Ziff. 2 Abs. 2 des Vertrags mit allen ihnen anhaftenden Rechten veräußert werden, insbesondere mit dem Recht auf Dividende für das Jahr 2003. Das Recht auf Dividende für das Geschäftsjahr 2002 sollte bei der Klägerin verbleiben. Ferner war in Ziff. 2 Abs. 5 vereinbart, dass nach dem rechtlichen Übergang der Anteile auf die Käuferin das wirtschaftliche Eigentum an den Anteilen rückwirkend zum 01.01.2003 übergehen sollte. Der Kaufpreis sollte 35 Millionen EURO betragen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Vertrags Bezug genommen.
Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 25.03.2003 veräußerte die Klägerin in Erfüllung des Vorvertrags die Beteiligung an der Fa. P. Sp. z o.o..
Am 18.02.2003 beschloss die P. Sp. z o.o., für 2002 eine Gewinnausschüttung i.H.v. umgerechnet 4.973.266 EURO an die Klägerin vorzunehmen. Die Auszahlungen erfolgten am 05.03.2003 i.H.v. 4.236.486 EURO und am 23.04.2003 i.H.v. 736.780 EURO unter Einbehaltung polnischer Steuern.
Nachdem die Klägerin im September 2004 die Gewerbesteuererklärung für 2003 eingereicht hatte, führte das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung A-Stadt für die Jahre 2000 bis 2003 eine Betriebsprüfung durch. Der Betriebsprüfer vertrat die Ansicht, dass die Gewinnausschüttung der P. Sp. z o.o. zwar nach § 8b Abs. 1 und 5 Körperschaftsteuergesetz (KStG) zu 95 % von der Körperschaftsteuer befreit sei, dass diese Steuerfreiheit aber nicht für die Gewerbesteuer gelte (Tz. 2.5 des Berichts über die Betriebsprüfung vom 29.04.2005). Vielmehr sei dem Gewinn aus Gewerbebetrieb der steuerfreie Gewinnanteil i.H.v. 4.724.604 EURO gemäß § 8 Nr. 5 GewStG hinzuzurechnen, da die Voraussetzungen des § 9 Nr. 7 GewStG nicht erfüllt seien. Ausländische Beteiligungen müssten danach nicht nur zu Beginn, sondern darüber hinaus ununterbrochen bis zum Ende des Erhebungszeitraums gehalten werden. Werde die Beteiligung – wie hier – unterjährig veräußert, unterlägen die Dividendenerträge der Gewerbesteuer.
Der Beklagte behandelte in dem am 15.07.2005 erlassenen Körperschaftsteuerbescheid die Gewinnausschüttung i.H.v. 4.724.604 EURO unter der Bezeichnung „ausländische DBA-Einkünfte” als steuerbefreit. Entsprechend dem Ergebnis der Betriebsprüfung setzte er mit Bescheid vom 08.08.2005 den Gewerbesteuermessbetrag für 2003 auf 196.435 EURO fest. Von der Summe des Gewerbeertrags und der Hinzurechnungen zog er den auf den 31.12.2002 festgestellten Gewerbeverlust in voller Höhe ab. Außerdem erließ er am 26.07.2005 einen Bescheid auf den 31.12.2003 über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes, mit dem er eine gesonderte Feststellung nach § 10a GewStG mit der Begründung ablehnte, dass ein vortragsfähiger Ge...