Entscheidungsstichwort (Thema)

Anwendbarkeit der Tarifbegünstigung des § 34 EStG auf Abfindungen nach Vergleich der Einkünfte mehrerer Vorjahre

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Eine Zusammenballung der Einkünfte durch Auszahlung einer Abfindung bei Beendigung des Dienstverhältnisses liegt vor, wenn der Stpfl. infolge der Entschädigung im Zuflussjahr mehr erhält, als er bei ungestörter Fortsetzung des Dienstverhältnisses bekommen hätte.
  2. Bei der Vergleichsberechnung ist auf den Durchschnitt der Einkünfte der Vorjahre abzustellen.
  3. Das gilt insbesondere dann, wenn die jährlichen Bezüge aufgrund eines nicht geringen Anteils erfolgsabhängiger, jährlich neu festgelegter, Tantiemen sehr stark schwanken.
  4. Die Tarifermäßigung des § 34 EStG scheitert nicht daran, dass nur eine geringfügige Überschreitung der Vorjahresbezüge vorliegt.
 

Normenkette

EStG § 24 Nr. 1a, § 34 Abs. 1, 2 Nr. 2

 

Streitjahr(e)

2001

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 24.10.2007; Aktenzeichen XI R 33/06)

BFH (Urteil vom 24.10.2007; Aktenzeichen XI R 33/06)

 

Tatbestand

Streitig ist die Anwendung des § 34 Einkommensteuergesetz (EStG) auf eine vom Kläger erhaltene Abfindung.

Der Kläger schloss am 09.09.1997 einen Anstellungsvertrag als Geschäftsführer mit der Z Aktiengesellschaft (Arbeitgeber) für die Zeit vom 01.10.1997 bis zum 30.09.2002. Vereinbart wurde ein Jahresgehalt von brutto 255.000 DM, zahlbar in 12 gleichen Teilbeträgen. Zusätzlich vereinbarten die Vertragsparteien eine erfolgsabhängige Tantieme. Durch Nachtrag zum Anstellungsvertrag vom 08.08.2000 wurde das Jahresgehalt mit Wirkung vom 01.07.1999 auf 400.000 DM erhöht. In den Jahren 1998 bis 2000 erhielt der Kläger folgenden Bruttoarbeitslohn (Fixum, Tantieme und geldwerter Vorteil durch Kfz-Nutzung):

1998:

399.056 DM

1999:

428.294 DM

2000:

696.513 DM.

Auf Veranlassung des Arbeitgebers wurde das Arbeitsverhältnis zum 31.01.2001 beendet. Zum Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes und zur Abgeltung sämtlicher Ansprüche erhielt der Kläger 550.000 DM. Einen Teilbetrag von 16.000 DM beließ der Beklagte gemäß § 3 Nr. 9 EStG steuerfrei. Eine Tarifbegünstigung nach § 34 EStG in Verbindung mit § 24 Nr. 1 EStG wurde wegen fehlender Zusammenballung von Einnahmen nicht gewährt. Insgesamt erzielte der Kläger Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit in Höhe von 566.683 DM.

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren haben die Kläger Klage erhoben.

Sie tragen vor:

Bei ungestörter Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses hätte sich 2001 ein Bruttoarbeitslohn von 416.316 DM (12 x 34.693 DM) ergeben. Der Betrag setze sich zusammen aus dem Festgehalt und dem geldwerten Vorteil durch Pkw-Nutzung. Da die Abfindung jedoch 550.000 DM betragen habe, liege eine Zusammenballung der Einkünfte vor und der Tatbestand für die Begünstigung des § 34 EStG sei erfüllt. Auf den Bruttoarbeitslohn der vergangenen Jahre sei nicht abzustellen, da hier konkrete Vereinbarungen über das Gehalt vorlägen. Auf jeden Fall seien dabei aber die Tantiemen nicht einzubeziehen. Für 2000 sei keine Tantieme gezahlt worden. Es könne nicht unterstellt werden, dass 2001 auch automatisch eine Tantieme angefallen wäre. Die Tantieme werde vom Aufsichtsrat festgesetzt. Einen gesetzlichen Anspruch darauf habe der Kläger nicht gehabt. Im übrigen sei zu berücksichtigen, dass die hohen Einkünfte des Jahres 2000 wirtschaftlich andere Zeiträume beträfen. 2000 sei eine Nachzahlung in Höhe von 72.499,98 DM aus dem Jahr 1999 geleistet worden. Ferner sei im Jahr 2000 eine Tantieme in Höhe von 180.000 DM ausgezahlt worden, die wirtschaftlich das Jahr 1999 betreffe.

Die Kläger beantragen,

den Einkommensteuerbescheid 2001 vom 23.8.2002 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung dahingehend zu ändern, dass die Einkommensteuer unter Anwendung des § 34 EStG auf die vom Kläger erhaltene Abfindung herabgesetzt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Er trägt vor:

Nach ständiger Rechtsprechung setze die Anwendung der begünstigten Besteuerung nach § 34 Abs. 1 und 2 EStG u. a. voraus, dass die Entschädigungsleistungen zusammengeballt in einem Veranlagungszeitraum zuflössen. Übersteige die anlässlich der Beendigung eines Dienstverhältnisses gezahlte Entschädigung die bis zum Ende des Zuflussveranlagungszeitraums entgehenden Einnahmen nicht, sei das Merkmal der Zusammenballung von Einkünften nicht erfüllt. Entscheidend sei, ob es unter Einschluss der Entschädigung infolge der Beendigung des Dienstverhältnisses in dem jeweiligen Veranlagungszeitraum insgesamt zu einer über die normalen Verhältnisse hinausgehenden Zusammenballung von Einkünften komme. Bei Berechnung der Einkünfte, die der Stpfl bei Fortbestand des Vertragsverhältnisses im Veranlagungszeitraum bezogen hätte, sei auf die Einkünfte des Vorjahres abzustellen. Der Tantiemeanspruch sei dabei einzubeziehen. Er stelle nach § 2 Ziffer 2 des Anstellungsvertrages zusätzliches Entgelt für die vom nichtselbstständig tätigen Stpfl. zu erbringende Arbeitsleistung dar und sei damit Teil des Arbeits...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Steuer Office Kanzlei-Edition enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge