Entscheidungsstichwort (Thema)
Vollverzinsung: Ausübung von Wahlrechten als rückwirkendes Ereignis, sog. Blockwahlrecht zur organschaftlichen Verlustzurechnung bei Lebens- und Krankenversicherungen, Erfordernis der Sachverhaltsänderung
Leitsatz (redaktionell)
Die Ausübung des sog. Blockwahlrechts zur organschaftlichen Verlustzurechnung bei Lebens- oder Krankenversicherungen gem. §§ 8b Abs. 8, 34 Abs. 7 S. 8 KStG vom 29.12.2003 ist kein rückwirkendes Ereignis i.S.d. § 233a Abs. 2a AO, da weder die zugrundeliegende Gesetzesänderung noch die Antragstellung zu einer Änderung des Sachverhalts führen.
Normenkette
AO § 175 Abs. 1 Nr. 2, § 233 a Abs. 2 S. 1, § 233a Abs. 2a, 7 S. 1; KStG i.d.F. des StVergAbG § 14 Abs. 1; KStG i.d.F. des StVergAbG § 14 Abs. 2; KStG vom 29.12.2003 § 8b Abs. 8 S. 6; KStG vom 29.12.2003 § 34 Abs. 7 S. 8 Nr. 2 S. 2
Streitjahr(e)
2001
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Frage, ob die Ausübung des sog. Blockwahlrechts (§ 8b Abs. 8 KStG in der Fassung des § 34 Abs. 7 S. 8 Nr. 2 S. 2 KStG vom 29. Dezember 2003) insofern als rückwirkendes Ereignis anzusehen ist, dass der Zinslauf bzgl. Nachzahlungszinsen zur Körperschaftsteuer 2001 erst am 1. April 2006 gem. § 233a Abs. 2a AO (statt am 1. April 2003 gem. § 233a Abs. 2 S. 1 AO) beginnt.
Die Klägerin war in 2001 Organträgerin u.a. der A Lebensversicherung AG. Unter Berücksichtigung der steuerlichen Ausgangslage im Veranlagungszeitraum 2001 reichte die Klägerin am 10. April 2002 die Steuererklärung für das Jahr 2001 beim Beklagten ein, der hierauf den Steuerbescheid vom 22. April 2003 erließ. Dabei wurden bei der Klägerin u.a. negative Einkünfte der A Lebensversicherung AG nach § 8b KStG i.H.v. -227.273.090,99 DM berücksichtigt und die Körperschaftsteuer der Klägerin auf 0,- € festgesetzt. Eine Verzinsung nach § 233 a AO fand zunächst nicht statt.
Ab 2002 wurde durch eine Gesetzesänderung (§ 14 Abs. 3 KStG i.d. Fassung vom 19. Dezember 2001 bzw. § 14 Abs. 2 KStG i.d. Fassung des Steuervergünstigungsabbaugesetzes) bestimmt, dass die Regelung des § 14 Abs. 1 KStG auf Organgesellschaften, die Lebens- oder Krankenversicherungen sind, ab Veranlagungszeitraum 2002 nicht anzuwenden ist.
Mit Artikel 3 des Gesetzes zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zur Vermittlungsempfehlung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz vom 22. Dezember 2003 (BGBl. I 2003, 2840) wurde ein Blockwahlrecht mit Wirkung zum 1. Januar 2004 eingeführt. Der Gesetzgeber räumte den Lebens- und Krankenversicherungen die Möglichkeit ein, zeitlich befristet bis zum 30. Juni 2004 auf Antrag des Steuerpflichtigen unwiderruflich und einheitlich für die Veranlagungszeiträume 2001 bis 2003 den § 8b Abs. 8 KStG in der Fassung des § 34 Abs. 7 Satz 8 Nr. 2 KStG anzuwenden. Nach dieser Fassung waren Bezüge, Gewinne und Gewinnminderungen zu 80% anzusetzen und negative Einkünfte der Organgesellschaft aus dem Rückwirkungszeitraum nicht durch Organschaft dem Organträger gem. § 14 Abs. 1 KStG zuzurechnen (§ 34 Abs. 7 S. 8 Nr. 2 S. 2 KStG i.V.m. § 8b Abs. 8 S.6 KStG jeweils in der Fassung vom 29.12.2003).
Unter dem 6. Mai 2004 bat die Klägerin den Beklagten um Anpassung der Steuerveranlagung für 2001 und wies u.a. darauf hin, dass die A Lebensversicherung AG von ihrem Blockwahlrecht Gebrauch mache.
Die A Lebensversicherung AG (Organgesellschaft) beantragte am 17. Juni 2004 - Eingang beim Beklagten am 22. Juni 2004) in Ausübung dieses Blockwahlrechts die Anwendung des § 8b Abs. 8 KStG in der Fassung des § 34 Abs. 7 Satz 8 KStG und § 21 Abs. 1 Nr. 1 KStG für die Jahre 2001 bis 2003.
Mit Bescheid vom 4. August 2004 änderte der Beklagte die Körperschaftsteuerfestsetzung 2001 nach § 164 Abs. 2 AO im Schätzungswege entsprechend den Angaben der Klägerin vom 6. Mai 2004. Die Veränderung des zu versteuernden Einkommens der Klägerin für 2001 ergab sich auch daraus, dass der Klägerin das negative Einkommen der A Lebensversicherung AG in Höhe von -256.771.528,19 DM aufgrund der Ausübung des Blockwahlrechts nicht mehr zuzurechnen war. Zudem gab es anderweitige - nicht streitige - Korrekturen. Der Betrag anrechenbarer Steuern reduzierte sich um die wegen Ausübung des Blockwahlrechts nicht mehr anrechenbaren Steuern der A Lebensversicherung AG um 334.770,39 DM anrechenbare Zinsabschlagsteuer, 6.399.940,29 DM anrechenbare Kapitalertragsteuer und 6.507.658,99 DM Körperschaftsteuer.
Auf Grundlage der Körperschaftsteuernachzahlung für 2001 setzte der Beklagte im Bescheid über Zinsen vom 4. August 2004 für die Zeit vom 1. April 2003 bis 9. August 2004 Nachzahlungszinsen gem. § 233a AO i.H.v. 2.153.792 € fest, die von der Klägerin durch Abbuchung vom 13. September 2004 gezahlt wurden.
Gegen diesen Zins-Bescheid für 2001 legte die Klägerin am 25. August 2004 Einspruch ein und begründete dies damit, dass die Zinsen für 2001 auf null Euro festzusetzen seien. Denn die A Lebensversicherung AG sei erst durch Ausübung des Blockwahlrechts rückwirk...