Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Verwirkung durch langjährige Aussetzung der Vollziehung - Änderung von Folgebescheiden nach Aufhebung des Grundlagenbescheides
Leitsatz (amtlich)
Zur Auslegung eines Klagebegehrens ohne konkreten Antrag
Eine Verwirkung des Steueranspruchs tritt auch bei langjähriger Gewährung einer Aussetzung der Vollziehung nicht ein.
Ein (Folge)Bescheid ist nach Aufhebung eines Grundlagenbescheids nicht zu ändern, wenn die nach Aufhebung wieder geltenden rechtlichen Feststellungen dem (Folge)Bescheid bereits vor Erlass des Grundlagenbescheids zugrunde gelegt waren dieser also nicht Anlass einer Änderung des (Folge)Bescheides war.
Normenkette
AO § 175 Abs. 1 Nr. 1, § 361 Abs. 2-3
Tatbestand
Mit dem vorliegenden Verfahren wendet sich der Kläger (-Kl.-) gegen eine Einspruchsentscheidung des Beklagten (-Bekl.-), die dessen ablehnende Entscheidung über den klägerischen Antrag auf Änderung von bestandskräftigen Einkommensteuerfestsetzungen bestätigt.
Für die Streitjahre 1978 und 1980 erklärte der Kl. u.a. gewerbliche Verluste aus stillen Beteiligungen an den Gesellschaften ... KG (G 1) in Höhe von DM 35.564,62 (1978 - Bl 6 ESt-A Bd IV) sowie ... KG (G 2+3) in Höhe von insgesamt DM 44.816,- (1980 - Bl 94 ESt-A Bd IV). Bei den Gesellschaften handelte es sich um Publikumsgesellschaften mit jeweils mehreren tausend Anlegern aus dem gesamten Bundesgebiet.
Die erklärten Verluste wurden von dem Bekl. im Rahmen der erstmaligen Einkommensteuerfestsetzungen vom 27.01.1983 (1978) bzw. 25.04.1984 (1980) zunächst nicht berücksichtigt, da noch keine Mitteilungen des zuständigen Betriebsstättenfinanzamts vorlagen. Mit Schreiben vom 07.02.1983 bzw. 04.09.1984 (Bl164 ff ESt-A Bd IV) teilte das für die Gesellschaften zuständige Finanzamt für Körperschaften in Berlin mit, dass Gewinnfeststellungserklärungen der Gesellschaften vorlägen, aber noch nicht geprüft seien. Hieraus ergaben sich von der Gesellschaft für den Kl. erklärte Verluste in gleicher Höhe, wie vom Kl. in seiner Steuererklärung angegeben.
Der Bekl. änderte die Einkommensteuer 1978 und 1980 unter Ansatz der Verluste in erklärter Höhe, durch gemäß § 164 Abs. 1 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehende Bescheide vom 23.01.1985 (1978 - Bl 191 f ESt-A Bd IV) und vom 18.04.1985 (1980 - Bl. 39 ff ESt-A Bd V a).
Mit Schreiben vom 22.06.1990 teilte das Finanzamt für Körperschaften Berlin mit, dass es durch Bescheid vom selben Tag u.a. für die Streitjahre die Durchführung einer gesonderten und einheitlichen Feststellung für die stille Gesellschaft in der ehemaligen G 2 abgelehnt habe (Bl. 141 ESt-A Bd Va). Mit Schreiben vom 15.06.1990 erfolgte eine gleichlautende Mitteilung für die ehemalige G 1.
Durch Bescheid vom 17.08.1990 änderte der Bekl. die Einkommensteuer 1978 und setzte die Verluste aus der stillen Beteiligung an der G 1 wieder mit null DM an (Bl 154 ff ESt-A Bd Va). Durch weiteren Bescheid vom 17.08.1990 änderte der Bekl. auch das Jahr 1980 und setzte die Verluste aus den stillen Beteiligungen an der G 1 und 2 wieder mit null DM an (Bl 170 ff ESt-A Bd Va).
Mit Schreiben vom 21.08.1990 legte der Kl. Einspruch gegen die geänderten Bescheide vom 17.08.1990 ein und beantragte Aussetzung der Vollziehung, ohne diese indes zu begründen (Bl 200 ESt-A Bd Va). Den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung lehnte der Bekl. daher mit Schreiben vom 01.10.1990 ab und bat um Begründung des Einspruchs (Bl 201 ESt-A Bd Va).
Den Einspruch für das Jahr 1980 begründete der Bekl. durch Schreiben vom 06.11.1990 mit Aspekten, die nicht die versagte Verlustzurechnung betrafen (Bl 204 f ESt-A Bd Va). Den Einspruch 1978 begründete er nicht. Mit Schreiben vom 12.11.1990 beantragte der Kl. "Vollstreckungsschutz" bis zur Entscheidung der von den Gesellschaften G 1 und 2 vor dem Finanzgericht Berlin gestellten Anträge auf Aussetzung der Vollziehung (Bl 175 f ESt-A Bd Va). Der Einspruch 1978 wurde durch Einspruchsentscheidung vom 19.03.1991 zurückgewiesen (Bl 211 f ESt-A Bd V a).
Der Bekl. änderte die Einkommensteuer 1978 und 1980 erneut am 28.02.1991 (1978 - Bl 189 ff ESt-A Bd Va) bzw. am 26.03.1991 (Bl 195 ff ESt-A Bd Va) aus Gründen, die nicht die versagte Verlustzurechnung aus den Gesellschaften betrafen. Hiergegen wandte sich der Kl. mit Einsprüchen vom 20.03.1991 (1978) und 02.04.1991 (1980). Diese wurden mangels Begründung durch Einspruchsentscheidung vom 17.05.1991 zurückgewiesen (Bl 227 f ESt-A Bd Va).
Durch Schreiben vom 16.05.1995 teilte das Finanzamt für Körperschaften ... Berlin mit, gegenüber dem Kl. sei für das Jahr 1980 im Wege der Einzelbekanntgabe gleichen Datums festgestellt worden, dass Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus der Beteiligung an der G 3 nicht vorlägen. In der irrtümlichen Annahme, Verluste aus der G 3 seien für 1980 bereits mit null DM angesetzt, änderte der Bekl. die Steuer 1980 daraufhin nicht (Bl 233 ESt-A Bd Va).
Die Einkommensteuer 1978 wurde erneut und letztmalig geändert durch Änderungsbescheid vom 29.08.1991 (Bl 29 ff ESt-A Bd V b). Grund der Änderung w...