Revision eingelegt (BFH V R 16/21) Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt (BFH V B 1/20)
Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwendung der einkommensteuerrechtlichen Regelungen zu Betriebsveranstaltungen als Aufmerksamkeiten im Umsatzsteuerrecht - hier: Kochevent
Leitsatz (redaktionell)
1. Die einkommensteuerrechtliche Regelung zur Berechnung der Grenze für das Vorliegen von Aufmerksamkeiten (hier im Rahmen eines Kochevents als betriebliche Weihnachtsfeier) ist dahingehend auf den umsatzsteuerlichen Begriff der Aufmerksamkeit zu übertragen, dass an die Stelle des einkommensteuerlichen Freibetrages des § 19 Abs. 1 Nr. 1a EStG eine umsatzsteuerrechtliche Freigrenze tritt.
2. Ein Kochevent, dessen Wert für den Arbeitnehmer sich gerade aus dem Zusammenspiel einer besonderen Örtlichkeit und dem gemeinsamen Zubereiten von Speisen und Getränken ergibt, stellt einen einheitlichen konsumierbaren Wert dar, so dass keine Abspaltung der Kosten für angemietete Räumlichkeiten und Personal vorgenommen werden kann.
Normenkette
UStG § 3 Abs. 9a, § 3 Abs. 9a Nr. 2, § 15; EStG § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über den Vorsteuerabzug des Klägers für eine betriebliche Weihnachtsfeier im Dezember 2015.
Im Dezember 2015 führte der Kläger eine Weihnachtsfeier durch. Zu der Veranstaltung waren alle Arbeitnehmer der Bereiche Vorstand, Steuerabteilung, Rechtsabteilung sowie Innendienst der Prüfungsabteilung, jeweils inklusive der Leitungen, eingeladen. 32 Arbeitnehmer meldeten sich für die Weihnachtsfeier an. 31 Personen nahmen tatsächlich an der Veranstaltung teil. Zur Durchführung der Weihnachtsfeier mietete der Kläger ein Kochstudio, um dort ein Kochevent zu veranstalten. Hierbei bereiteten die Teilnehmer unter Anleitung von zwei Köchen gemeinsam das Abendessen zu, welches sie dann gemeinsam verzehrten. Der Kläger hat in seinen betrieblichen Räumen neben einer Kantine auch eine "Testküche", in der nach Angaben des Klägers hinreichend Platz für eine entsprechende Veranstaltung wäre.
Die Aufwendungen für die Veranstaltung betrugen 4.664,68 €. Darin sind Kosten in Höhe von 2.880,00 € für das Kochevent "laut Bestätigung", Kosten für Getränke in Höhe von 465,90 €, Kosten für die zusätzliche Raummiete von zwei Stunden in Höhe von 400,00 €, Kosten für zusätzliches Personal für zwei Stunden in Höhe von 174,00 € sowie Umsatzsteuer in Höhe von 744,78 € enthalten. Auf die Rechnung vom 21. Dezember 2015, die vorangegangene Bestätigung vom 26. August 2015 und die Abschlagsrechnung vom 27. August 2015 wird Bezug genommen.
Am 10. Februar 2016 übermittelte der Kläger die Umsatzsteuervoranmeldung für Dezember 2015. Hierin erklärte er u.a. abziehbare Vorsteuerbeträge i.H.v. xxxxxx € und eine verbleibende Umsatzsteuervorauszahlung von xxxxxx €. Auf die Voranmeldung wird Bezug genommen. In der Umsatzsteuervoranmeldung für Dezember 2015 berücksichtigte der Kläger den Vorsteuerbetrag aus der Rechnung für die Weihnachtsfeier in Höhe von 744,78 € nicht.
Der Kläger beantragte mit Schreiben vom 12. Februar 2016 den Abzug des Vorsteuerbetrags aus der bezogenen Leistung für die Weihnachtsfeier in Höhe von 744,78 €. Zur Begründung führte er an, er sehe - anders als die Finanzverwaltung - die Berechtigung für einen Vorsteuerabzug auch dann als gegeben an, wenn die Kosten der Veranstaltung 110 € je Arbeitnehmer überstiegen.
Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 14. April 2016 ab. Zur Begründung verwies er auf das BMF-Schreiben vom 14. Oktober 2015 (BStBl I 2015, 832). Danach seien die Zuwendungen im Rahmen einer Betriebsveranstaltung überwiegend durch den privaten Bedarf des Arbeitnehmers veranlasst, wenn - wie hier - die Aufwendungen pro Arbeitnehmer die Grenze von 110 € inklusive Umsatzsteuer übersteigen. Dies habe zur Folge, dass sowohl der Anspruch auf Vorsteuerabzug als auch die Besteuerung der unentgeltlichen Wertabgabe entfalle.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 11. Mai 2016 Einspruch ein. Bei entsprechender Anwendung des § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a EStG - wie es das vom Beklagten zitierte BMF-Schreiben vorsehe - müsse auch der Freibetrag von 110 € herangezogen werden. Es komme allenfalls eine Kürzung des Vorsteuerabzugs in Betracht, soweit die Kosten für die Weihnachtsfeier 110 € je Arbeitnehmer übersteigen.
Am 21. Juli 2016 gab der Kläger seine Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2015 ab. Darin erklärte er Umsätze zum allgemeinen Steuersatz von xxxxxxx €, Umsätze zum ermäßigten Steuersatz von xxxx € und Vorsteuern i.H.v. xxxxxx €. Er erklärte eine verbleibende Umsatzsteuer von xxxxxx €. Auf die Erklärung wird Bezug genommen. Er nahm keinen Vorsteuerabzug für die Weihnachtsfeier 2015 vor. Am 2. August 2016 rechnete der Beklagte - erklärungsgemäß - für die Umsatzsteuer 2015 ab.
Der Beklagte wies den Einspruch am 8. November 2018 durch Einspruchsentscheidung als unbegründet zurück. Nach Abschnitt 1.8 Abs. 4 Satz 3 Nr. 6 UStAE stellten Aufwendungen für Betriebsveranstaltungen ...