Entscheidungsstichwort (Thema)
Herabsetzung des Sparerfreibetrages
Leitsatz (amtlich)
Es bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Herabsetzung des Sparerfreibetrages gemäß § 20 Abs. 4 EStG ab dem Veranlagungszeitraum 2000.
Normenkette
EStG § 20 Abs. 4, § 52 Abs. 37
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob den Klägern ein höherer Sparerfreibetrag zusteht, als er nach § 20 Abs. 4 EStG im Streitjahr gewährt wurde, weil sie Dispositionen im Hinblick auf den ursprünglich höheren Sparerfreibetrag getroffen haben.
Die Kläger erwarben im März 1995 einen abgezinsten Sparbrief der B-Bank über 31.000 DM nominal. Die Laufzeit betrug fünf Jahre, der Rückzahlungszeitpunkt war der 09.03.2000. Neben der Rückzahlung des eingezahlten Betrages erhielten die Kläger 9.170,43 DM Zinsen aus diesem Brief. In diesem Betrag waren die gesamten Zinsen aus dem Sparbrief enthalten, diese wurden nicht jährlich ausgezahlt, sondern zusammen am Ende der Laufzeit. Insgesamt erzielten die Kläger im Streitjahr Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von 10.381 DM (Einkommensteuerakte Blatt 35 - EStA Blatt 35 -). Eine Möglichkeit, den Sparbrief vor Ablauf der 5-Jahresfrist zu kündigen, bestand nicht.
In dem Einkommensteuerbescheid vom 22.05.2002 (EStA Blatt 47 ff) berücksichtigte das Finanzamt einen Sparerfreibetrag von insgesamt 6.000 DM.
Am 08.06.2002 legten die Kläger Einspruch gegen den Bescheid vom 22.05.2002 ein. Diesen begründeten sie mit Schreiben vom 26.07.2002 (EStA Blatt 56) wie folgt:
Sie hätten 1995 ihr Geld im Sparbrief unter der Voraussetzung festgelegt, dass ein steuerfreier Betrag von 12.000 DM bestehe. Hätten sie damals bereits geahnt, dass sich dieser Zinsfreibetrag reduzieren würde, hätten sie sich für die Option der jährlichen Zinsauszahlung entschieden. Auf die Änderung des Gesetzes in diesem Punkt hätten sie nicht mehr reagieren können.
Der Bescheid vom 22.05.2002 wurde durch Bescheid vom 20.09.2002 gemäß § 172 AO geändert; es wurden durch die Änderung erhöhte Aufwendungen für Arbeitsmittel berücksichtigt.
Am 22.10.2002 wurde den Klägern mitgeteilt, warum der ursprüngliche Sparerfreibetrag nicht mehr zur Anwendung gelangen könne. Auf dieses erläuternde Schreiben bezieht sich die ablehnende Einspruchsentscheidung vom 05.11.2002, welche am selben Tag zur Post gegeben wurde (EStA Blatt 64).
Mit ihrer am 05.12.2002 eingegangenen Klage (Finanzgerichtsakte Blatt 1) beantragen die Kläger weiterhin die Gewährung des ursprünglichen Sparerfreibetrages. Zur Begründung berufen sie sich auf den Beschluss des BFH vom 05.03.2001 (IX B 90/00, BStBl II 2001, Seite 405). Sie sind der Ansicht, dass das Vertrauen der Kläger auf die im Zeitpunkt der Anschaffung des Sparbriefes bestehende Rechtslage von Verfassungs wegen schutzwürdig sei. Die Kläger hätten beim Aufbau und bei der Strukturierung ihres Privatvermögens mit Rücksicht auf die am 09.03.1995 geltende Gesetzeslage investiert und wirtschaftliche Dispositionen von erheblichem finanziellen Gewicht getätigt. Zwar könne sich ein Steuerpflichtiger nicht grundsätzlich darauf verlassen, dass eine bestimmte steuerliche Gestaltung in der Zukunft unverändert erhalten bliebe, er müsse sich aber zumindest in kurzem bzw. mittelfristigem Zeitraum auf die einmal bestehende Rechtslage verlassen können. Dabei sei insbesondere darauf abzustellen, dass die Kläger eine befristete Anlage getätigt haben und sich nicht vorzeitig aus dieser Anlage lösen konnten. Der Gesetzesgeber hat es in rechtlich unzulässiger Weise unterlassen, eine angemessene Übergangsregelung zumindest für solche Fälle zu treffen, in denen auf Grund eines befristeten Vertrages Dispositionen getroffen worden seien.
Die Kläger beantragen sinngemäß, den Einkommensteuerbescheid 2000 vom 20.9.2002 in der Form der Einspruchsentscheidung vom 05.11.2002 in der Weise zu ändern, dass bei den Einkünften aus Kapitalvermögen ein Sparerfreibetrag in Höhe von 12.000 DM berücksichtigt wird.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Besteuerung entspreche der für den Veranlagungszeitraum geltenden Rechtslage. Die Halbierung des Sparerfreibetrages durch den Gesetzgeber stelle weder eine echte noch eine unechte Rückwirkung dar. Einkünfte aus Kapitalvermögen wären auch zum Zeitpunkt des Erwerbs des Sparbriefes grundsätzlich steuerpflichtig gewesen. Es sei deshalb kein neuer Steuertatbestand geschaffen worden. Der Sparerfreibetrag bedeute eine Begünstigung, die verfassungsrechtlich nicht geboten und daher auch abänderbar sei. Zudem bestehe entgegen der Auffassung der Kläger kein von Verfassungs wegen schutzwürdiges Vertrauen auf eine effektiv gleichbleibende Höhe der Besteuerung aus Erträgen lang- oder mittelfristiger Investitionen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Dem Gericht hat die Einkommensteuerakte (Steuernummer ...) vorgelegen. Auf das Protokoll des Erörterungster...