Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer 1990
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens fallen der Klägerin zur Last.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Voraussetzungen für eine Änderung des Einkommensteuerbescheids 1990 vorgelegen haben.
Die Klägerin ist verheiratet. Sie lebt jedoch seit Dezember 1986 von ihrem Ehemann dauernd getrennt. Beide Ehegatten werden von verschiedenen Sachbearbeitern des Beklagten zur Einkommensteuer veranlagt.
Seit 1987 erhält die Klägerin von ihrem Ehemann Unterhaltszahlungen – im Streitjahr … DM –, über deren einkommensteuerliche Behandlung alljährlich eine formularmäßige Einigung (Anlage U) dahingehend getroffen wurde, daß der Ehemann den Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG geltend machte und die Klägerin diesen Anträgen zustimmte mit der Rechtsfolge, daß sie diese Unterhaltszahlungen im Rahmen der Sonstigen Einkünfte versteuern mußte (sog. Realsplitting).
Mit seiner Einkommensteuererklärung für das Kalenderjahr 1990 reichte der Ehemann der Klägerin am 3.12.1991 eine von ihm und von der Klägerin unterschriebene Anlage U (90) ein. In dieser Anlage U heißt es u.a.: „Von den im Kalenderjahr tatsächlich erbrachten Unterhaltsleistungen oder – bei Anträgen vor Ablauf des Kalenderjahres – von den voraussichtlichen Unterhaltsleistungen werden zum Abzug als Sonderausgaben geltend gemacht: …”. Das Kalenderjahr, für das diese Erklärungen gelten sollten, war bereits mit den ersten 3 Ziffern der Jahreszahl (199.) formularmäßig vorgedruckt. Die letzte Ziffer der Jahreszahl war jedoch nicht ausgefüllt. Daraufhin sandte die für die Veranlagung des Ehemannes zuständige Sachbearbeiterin des Beklagten eine Fotokopie der eingereichten Anlage U mit folgendem Anschreiben an den Ehemann der Klägerin:
„Anbei übersende ich Ihnen eine Fotokopie der von Ihnen eingereichten Anlage U. Zur Berücksichtigung bedarf es jedoch der Jahreszahl für welches die Anlage U gelten soll. Bitte senden Sie die ergänzte und von Ihnen und Frau … erneut unterschriebene Kopie der Anlage U an das Finanzamt … zurück.”
Die auf „1990” ergänzte und nochmals von dem Ehemann der Klägerin und der Klägerin unterschriebene Fotokopie ging am 4.8.1992 beim Beklagten ein. Die Einkommensteuerveranlagung des Ehemannes, bei der die Unterhaltszahlungen als Sonderausgaben gem. § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG berücksichtigt wurden, erfolgte am 6.8.1992.
Die Einkommensteuererklärung der Klägerin für das Kalenderjahr 1990 ging am 3.12.1991 beim Beklagten ein.
Auf Seite 2 des Einkommensteuer-Erklärungsformulars ist vorgesehen, daß der Steuerpflichtige durch Ankreuzen angibt, aus welchen der 7 Einkunftsarten er Einkünfte bezogen hat, jeweils mit einem Hinweis auf das als Anlage beizufügende Erklärungsformular (KSO, N, GSE, L und V). Während der Steuerpflichtige für die Einkunftsarten Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbständige Arbeit, nichtselbständige Arbeit und Vermietung und Verpachtung sein Kreuz ggfs. in ein leeres Kästchen setzen kann, ist das Kästchen für die Einkunftsarten Kapitalvermögen und sonstige Einkünfte, die auf dem Erklärungsformular KSO anzugeben sind, bereits bei der Erstellung (Druck) des Erklärungsvordrucks von der Steuerverwaltung mit einem Kreuz ausgefüllt worden. Daneben heißt es: Die Anlage KSO ist auf Seite 1 zu unterschreiben und stets mit dem Antrag auf Lohnsteuer-Jahresausgleich/der Einkommensteuererklärung abzugeben. In der Anlage KSO sind u.a. Angaben zu machen über „Unterhaltsleistungen, soweit sie vom Geber als Sonderausgaben abgezogen werden können”. Die Klägerin, die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielte, hatte das entsprechende Kästchen für Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit angekreuzt und die Anlage N der Einkommensteuererklärung beigefügt. In den dem Gericht vorliegenden unpaginierten Einkommensteuerakten befindet sich keine von der Klägerin ausgefüllte Anlage KSO zur Einkommensteuererklärung 1990.
Der Beklagte führte die Veranlagung der Klägerin zur Einkommensteuer 1990 durch. Dabei setzte er Unterhaltszahlungen des Ehemannes nicht an. Der Einkommensteuerbescheid 1990, der am 18.5.1992 mit einfachem Brief zur Post gegeben wurde, wurde bestandskräftig. Nachdem die für die Einkommensteuerveranlagung des Ehemannes der Klägerin zuständige Stelle des Beklagten am 6. August 1992 an die für die Einkommensteuerveranlagung der Klägerin zuständige Stelle eine Ablichtung der Anlage U für das Streitjahr 1990 übersandt hatte, erließ der Beklagte einen gemäß § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO geänderten Einkommensteuerbescheid gegen die Klägerin, in dem er erstmals Sonstige Einkünfte unter Berücksichtigung von … DM Werbungskosten in Höhe von … DM ansetzte. Diese Steuerfestsetzung führte zu einer Steuernachforderung von … DM. Der geänderte Einkommensteuerbescheid 1990 wurde am 2.9.1992 mit einfachem Brief zur Post gegeben. Diesen Bescheid hat die Klägerin – wie sie angibt – nicht erhalten. Daraufhin wurde ihr eine zweite Ausfertigung des Besch...