Entscheidungsstichwort (Thema)
Veranlasserhaftung nach § 9 Abs. 3 KStG wegen nicht zweckentsprechender Verwendung von Spenden - wesentliche, einer Ersetzung eines angefochtenen Verwaltungsakts im Sinne von § 68 FGO entgegenstehende Unterschiede zweier Steuerbescheide
Leitsatz (amtlich)
1. Wer vorsätzlich oder grob fahrlässig eine unrichtige Bestätigung ausstellt oder veranlasst, dass Zuwendungen nicht zu den in der Bestätigung angegebenen steuerbegünstigten Zwecken verwendet werden (Veranlasserhaftung), haftet gem. § 9 Abs. 3 KStG für die entgangene Steuer; diese ist mit 30 Prozent des zugewendeten Betrags anzusetzen. Wenn für den in der Bestätigung angegebenen Zweck ein gesondertes Konto eingerichtet wurde und die Zuwendung zweckgebunden auf diesem Konto eingegangen ist, genügt es für eine zweckentsprechende Verwendung nicht, dass ein der bestätigten Zuwendung numerisch entsprechender oder sogar ein den Gesamtbetrag aller für diesen Zweck gebundenen Zuwendungen eines Jahres übersteigender Betrag für den in der Bestätigung angegebenen Zweck verwendet wurde, sofern die realen Spendeneingänge auf dem für die zweckgebundenen Spenden eingerichteten Projektkonto belassen wurden und nach wie vor real vorhanden sind.
2. Wird ein angefochtener Verwaltungsakt nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung geändert oder ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt gem. § 68 Satz 1 FGO Gegenstand des Verfahrens. Wesentliche, einer Ersetzung i. S. v. § 68 FGO entgegenstehende Unterschiede zweier Steuerbescheide können gegeben sein, wenn die Bescheide verschiedene Steuerarten, verschiedene Zeiträume oder verschiedene Lebenssachverhalte regeln. Ein nicht wesentlicher Unterschied liegt indes vor, wenn zwei Haftungsbescheide denselben Zuwendungsgegenstand, dieselbe Zahlung, denselben Zuwendungszeitpunkt und denselben Zahlungsempfänger betreffen und nur die Person des Zuwendenden abweicht. Dies gilt auch dann, wenn es sich zum einen um eine natürliche Person und zum anderen um eine juristische Person handelt.
Normenkette
AO § 52 Abs. 2 S. 1 Nr. 8, § 55 Abs. 1 Nr. 5 S. 3, §§ 57, 58 Nr. 2, § 63 Abs. 4, §§ 130, 191 Abs. 1; FGO § 68; EStG § 10b Abs. 4 S. 2 2. Alt.; KStG § 9 Abs. 3 S. 2 1. Alt.; EStG § 9 Abs. 3 S. 2 2. Alt.; HmbVAbstG
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Inanspruchnahme des Klägers als Haftungsschuldner wegen Fehlverwendung von Spendengeldern bzw. unzutreffender Ausstellung einer Spendenbescheinigung.
Der Kläger ist ... in das Vereinsregister eingetragen. Zweck und Ziel des Vereins sind in den Satzungen ... geregelt. ...
Gem. Freistellungsbescheid vom ... ist der Kläger für die Kalenderjahre 2007 - 2009 gem. § 5 Abs. 1 Nr. 9 Körperschaftsteuergesetz (KStG) und § 3 Nr. 6 Gewerbesteuergesetz (GewStG) von der Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer befreit, weil er ausschließlich und unmittelbar steuerbegünstigten gemeinnützigen Zwecken i. S. der §§ 51 ff. Abgabenordnung (AO) dient. Laut Hinweis unter Punkt E. des Freistellungsbescheids fördert der Kläger den Natur- und Umweltschutz und ist berechtigt, für Spenden, die ihm zur Verwendung für den Natur- und Umweltschutz i. S. v. § 52 Abs. 2 S. 1 Nr. 8 AO zugewendet werden, Zuwendungsbestätigungen auszustellen. Der Bescheid enthält den weiteren Hinweis, dass das Finanzamt von der Unrichtigkeit der Zuwendungsbestätigung ausgeht, wenn das angegebene Datum des Bescheids länger als fünf Jahre seit dem Tag der Ausstellung der Zuwendungsbestätigung zurückliegt.
Der Kläger organisierte im Jahre 2010 im Zusammenwirken mit fünf weiteren Organisationen die Initiative "A". Gegenstand der Initiative war die Aufforderung an den Senat und die Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg (FHH), alle notwendigen Schritte zu unternehmen, um ... .
Der Geschäftsführer des Klägers war eine von drei für die Initiatoren tätigen Vertrauenspersonen. Nach Durchführung der Unterschriftensammlung für die Unterstützung einer Volksinitiative i. S. v. § 4 des Hamburgischen Gesetzes über Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid (Volksabstimmungsgesetz - VAbstG - vom 20.06.1996 in der jeweils geltenden geänderten Fassung) im Juli und August 2010 und Feststellung des Zustandekommens der Volksinitiative gem. § 5 Abs. 2 VAbstG durch den Senat der FHH ... wurde von den Initiatoren ein Volksbegehren beantragt (vgl. § 6 VAbstG), welches nach weiterer Unterschriftensammlung ... das gem. § 16 VAbstG für das Zustandekommen eines Volksbegehrens notwendige Quorum im Jahr 2011 erreichte. Die Volksinitiative war ... Gegenstand einer Anhörung der Initiatoren und Auskunftspersonen vor dem Umweltausschuss der Bürgerschaft. Es wurde ein Volksentscheid (§ 18 VAbstG) durchgeführt, als dessen Ergebnis die Vorlage der Initiative angenommen wurde. ...
Der Kläger organisierte die Initiative nach eigenen Angaben mit eigenem Personal.
Er richtete zur Finanzierung der Kosten ein Spendenkonto bei der Bank-1 ein (Projektkonto), auf das nach Angaben des Klägers bis z...