Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkünfte eines deutsche Piloten einer irischen Fluggesellschaft im VZ 2009 weiterhin steuerfrei
Leitsatz (redaktionell)
1) Die Einkünfte eines bei einer irischen Fluggesellschaft angestellten deutschen Piloten mit Wohnsitz in Inland sind in Deutschland auch im Streitjahr 2009 weiter steuerfrei.
2) § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG wird durch § 50d Abs. 8 EStG verdrängt.
3) Es ist ernstlich zweifelhaft, ob die rückwirkende Anwendung des § 50d Abs. 9 Satz 3 i.d.F. des Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetzes mit dem Grundgesetz vereinbar ist.
Normenkette
EStG § 50d Abs. 9, § 52 Abs. 59a, § 1 Abs. 1; DBA Irland Art. XII Abs. 3; DBA Irland Art. XXII Abs. 2 S. 1 Buchst. a aa) S. 1; GG Art. 20 Abs. 3; EStG § 50d Abs. 8
Tatbestand
I.
Der Antragsteller hat seinen Wohnsitz in Deutschland. Er ist bei einer irischen Fluggesellschaft als Pilot angestellt und erzielt aus dieser Tätigkeit Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. In Irland wurde der Antragsteller im Streitjahr 2009 nur mit dem Arbeitslohn besteuert, der auf Arbeitstage entfiel, an denen irische Flughäfen angeflogen wurden. Der zunächst vom gesamten Lohn vorgenommene Steuerabzug wurde dem Antragsteller erstattet, soweit er auf die nicht der Besteuerung in Irland unterliegenden Arbeitstage entfiel. Der Antragsgegner unterwarf diesen Arbeitslohn in H. v. 72.542,– EUR unter Hinweis auf § 50 d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) der deutschen Besteuerung und setzte mit Steuerbescheid vom 06.03.2013 die Einkommensteuer für das Jahr 2009 auf 20.378,– EUR fest.
Im Rahmen des hiergegen geführten Einspruchsverfahrens vertritt der Antragsgegner die Auffassung, das vom Antragsteller in Bezug genommene Urteil des Bundesfinanzhof (BFH) vom 11.01.2012 (I R 27/11), der in einem gleich gelagerten Fall entschieden hatte, dass § 50 d Abs. 9 Nr. 2 EStG bei Konstellationen wie der vorliegenden nicht anzuwenden sei, da § 50 d Abs. 8 EStG für Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit eine Spezialregelung enthalte, mit der der einseitige Besteuerungsverzicht eines anderen Staates akzeptiert werde, sei über den Einzelfall hinaus nicht anwendbar. Die Verwaltung bleibe bei der Auffassung, dass § 50 d Abs. 9 Nr. 2 EStG in Fällen wie dem vorliegenden die Freistellung von der inländischen Besteuerung versage.
Zwischenzeitlich hat der Gesetzgeber in Reaktion auf das oben bezeichnete Urteil des BFH § 50 d Abs. 9 Satz 3 EStG, der ausdrücklich angeordnet hatte, dass § 50 d Abs. 8 EStG unberührt bleibt, mit Gesetz vom 26.06.2013 (Bundesgesetzblatt I 2013, 1809) dergestalt geändert, dass § 50 d Abs. 8 EStG nur mehr insoweit unberührt bleibt, als er die Freistellung von Einkünften in einem weitergehenden Umfang einschränkt. Gleichzeitig wurde die Anwendung der Gesetzesänderung auch rückwirkend auf alle Fälle ausgedehnt, in denen die Einkommensteuer noch nicht bestandskräftig festgesetzt ist (§ 52 Abs. 59 a EStG i.d.F. des Gesetzes vom 26.06.2013, Bundesgesetzblatt I 2013, 1809).
Nach Ablehnung eines beim Antragsgegner gestellten Antrages auf Aussetzung der Vollziehung im Rahmen des dort anhängigen Einspruchsverfahrens – eine Einspruchsentscheidung ist bisher nicht ergangen –, begehrt der Antragssteller nunmehr die Aussetzung der Vollziehung des Einkommensteuerbescheides 2009 im Rahmen des gerichtlichen Aussetzungsverfahrens. Er verweist auf das BFH-Urteil v. 11.01.2012 (I R 27/11, BFHE 236, 327) und trägt vor, die im Rahmen der Gesetzesänderung angeordneten Rückwirkung auf vergangene Veranlagungszeiträume sei unzulässig.
Der Antragsteller beantragt,
die Vollziehung des Einkommensteuerbescheides für 2009 vom 06.03.2013 auszusetzen,
ferner die Verwirkung von Säumniszuschlägen bis zur gerichtlichen Entscheidung über den Aussetzungsantrag aufzuheben, ebenso bereits verwirkte Säumniszuschläge aufzuheben.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Er führt aus, mit dem Gesetz zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz, Bundesgesetzblatt I, 2013, 1809) sei § 50 d Abs. 9 Satz 3 EStG neu gefasst worden. Danach blieben bei Anwendung des § 50 d Abs. 9 EStG Bestimmungen eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung sowie § 50 d Abs. 8 EStG und § 20 Abs. 2 a EStG unberührt, soweit sie jeweils die Freistellung von Einkünften in einem weitergehenden Umfang einschränkten. Der Gesetzgeber regele damit klarstellend, dass § 50 d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG nicht von den anderen genannten Vorschriften verdrängt werde. Die gesetzliche Änderung verfolge die ursprüngliche Intention des Gesetzgebers – die Sicherung einer Einmalbesteuerung – bei Einführung des § 50 d Abs. 9 EStG durch das Jahressteuergesetz 2007. Sie sei in allen offenen Fällen anzuwenden (§ 52 Abs. 59 a Satz 9 EStG n.F.). Im Hinblick auf die Besteuerung von in Deutschland ansässigem Flugpersonal britischer und irischer Fluggesellschaften sei im Streitjahr gemäß § 50 d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG eine abkommensrechtliche Freistellung von der B...