Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Vorsteuerberichtigung bei echter Schadensersatzleistung in Höhe des ursprünglichen Entgelts
Leitsatz (redaktionell)
1) Zahlt ein Softwarelieferant an einen Kunden wegen nicht funktionsfähiger Hard- und Softwarelieferung einen "Schadensersatz" in Höhe des vertraglichen Entgelts, mindert sich dadurch nicht das Entgelt und scheidet eine Vorsteuerberichtigung aus.
2) Entgelt und Schadensersatz beruhen in diesem Fall auf zwei unterschiedlichen zivilrechtlichen Rechtsgrundlagen, so dass keine Rückerstattung des Entgelts vorliegt.
3) Hätten die Vertragsparteien sich vergleichsweise auf eine Entgeltminderung geeinigt, wäre der ursprüngliche Entgeltanspruch nachträglich abgeändert worden und eine Vorsteuerberichtigung vorzunehmen gewesen.
Normenkette
UStG § 17 Abs. 1 Nr. 2
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin, eine GmbH, ist die durch Umwandlung im Jahre 1992 entstandene Rechtsnachfolgerin der T KG (KG).
Die KG hatte Anfang 1983 (endgültige Auftragserteilung am 28.1.1983) bei der Firma N ein …-System zur Konstruktion von … (Hard- und Software) zum Pauschalpreis von netto 620.000 DM bestellt. Die Anlage (Hardware) wurde Anfang Juli 1983 von der N im Betrieb der Klägerin aufgestellt und die Software übergeben.
Vereinbarungsgemäß zahlte die Klägerin auf den Pauschalpreis von 620.000 DM am 17.2.1983 230.000 DM und, nach Bereitstellung der Hardware, am 28.7.1983 weitere 200.000 DM, jeweils zuzüglich Umsatzsteuer von (damals) 13 %, an die N.
Da die Anlage jedoch in der Folgezeit nicht einwandfrei funktionierte, setzte die Klägerin der N zur Behebung der Mängel eine Frist bis zum 20.3.1984 und drohte für den Fall der Nichterfüllung die Ablehnung der Leistung und die Geltendmachung von Ansprüchen an.
Da die Versuche zur Fehlerbeseitigung fehlschlugen, nahm die Klägerin die N schließlich „auf Rückzahlung der geleisteten Teilzahlungen” (vgl. Seite 4 des in dieser Sache ergangenen Urteils des Oberlandesgerichts E – OLG – vom 6.5.1992) gerichtlich in Anspruch. Das OLG kam zum Ergebnis, dass die Klägerin berechtigt war, der N „eine Frist zur Vertragserfüllung zu setzen und nach fruchtlosem Fristablauf Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu verlangen (§ 326 Abs. 1 BGB)”, da eine Abnahme des vertraglich geschuldeten mängelbehafteten Werks nicht erfolgt sei (vgl. Seiten 22 und 23 des OLG-Urteils). Die N habe „die Klägerin so zu stellen, wie sie bei ordnungsgemäßer Vertragserfüllung stünde”. Dabei dürfe sie der N die erbrachten Teilleistungen zur Verfügung stellen und einen Geldbetrag in Höhe der an die Beklagte geleisteten Zahlungen als Mindestbetrag ihres Schadens beanspruchen”. Er entspreche der „Hauptsumme der Klageforderung” (Seite 24 des OLG-Urteils).
Aufgrund des OLG-Urteils zahlte die N im Jahre 1991 430.000 DM an die Klägerin.
Dieser Sachverhalt gelangte dem seinerzeit örtlich zuständigen Finanzamt O aufgrund einer vom Finanzamt für Großbetriebsprüfung N1 im Jahre 1995 bei der Klägerin durchgeführten Betriebsprüfung (Bp) für das Streitjahr zur Kenntnis. Der Betriebsprüfer sah in der Rückzahlung der 430.000,– DM eine Änderung der Bemessungsgrundlage im Sinne des § 17 Abs. 1 Nr. 2 UStG (Tz. 11 des Bp-Berichts vom 25.10.1995). Das Finanzamt O erließ daraufhin am 21.6.1996 für 1991 einen Umsatzsteuer-Änderungsbescheid, in dem es u.a. die Vorsteuer für den Rückzahlungsbetrag um 55.900,– DM (13 % von 430.000 DM) reduzierte.
Der Einspruch der Klägerin führte zu einer Teilabhilfe durch das Finanzamt O (Umsatzsteuer-Änderungsbescheid vom 12.8.1996), blieb jedoch im Streitpunkt erfolglos. In der Einspruchsentscheidung vom 27.6.2002 machte sich der zwischenzeitlich örtlich zuständig gewordene Beklagte den Standpunkt des Finanzamts für Großbetriebsprüfung zu eigen und führte aus, der der Klägerin zugebilligte und von der N an die Klägerin gezahlte Schadensersatz habe die Bemessungsgrundslage für den Vorsteuerabzug gemindert, so dass dieser zu berichtigen sei.
Zur Begründung ihrer dagegen geführten Klage trägt die Klägerin vor, der Beklagte sehe in der Zahlung des Schadensersatzes in Höhe von 430.000,– DM zu Unrecht eine Rückzahlung der Nettokaufpreisanzahlung im wirtschaftlichen Sinne und leite hieraus, gleichermaßen rechtsirrig, eine Änderung der Bemessungsgrundlage gem. § 17 Abs. 1 Nr. 2 UStG von 430.000,– DM auf 0,– DM her. Das OLG E habe ihr, der Klägerin, Schadensersatz in Höhe von 430.000,– DM zugesprochen. Der Umsatzsteuerbetrag von 55.900,– DM sei nicht als Schaden angesehen worden. Die Rückforderung der Vorsteuer durch den Beklagten würde zur Konsequenz haben, dass sie, die Klägerin, in Höhe der endgültig nicht als Schadensersatz geltend gemachten Vorsteuer einen weiteren Schaden erleide. Ihrer Ansicht nach sei § 17 Abs. 1 Nr. 2 UStG im Streitfall nicht einschlägig, da der Schadensersatzbetrag von 430.000,– DM nicht in „Entgelt” umgedeutet werden könne. Durch das Urteil des OLG E sei der zugrundeliegende ...