Entscheidungsstichwort (Thema)
Beginn und Ende einer Außenprüfung
Leitsatz (redaktionell)
Das bloße Aktenstudium stellt nur dann einen Beginn der Außenprüfung dar, wenn es "am Ort" der Außenprüfung erfolgt.
Die Zusammenfassung umfangreicher Prüfungsfeststellungen im Rahmen eines Betriebsprüfungsberichts kann eine Ermittlungsmaßnahme im Sinne des § 171 Abs. 4 Satz 3 AO darstellen.
Normenkette
AO § 171 Abs. 4 Sätze 1-3, § 169 Abs. 2 Nr. 2
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die am 04.12.1998 aufgrund einer Betriebsprüfung ergangenen Umsatzsteueränderungsbescheide für die Streitjahre 1984 bis 1987 wegen Ablaufs der Festsetzungsverjährung rechtswidrig sind.
Der Kläger betrieb in den Streitjahren einen Konzern. Im Einzelunternehmen (Finanzberatung M. O.) hielt er Beteiligungen an diversen Kapital- und Personengesellschaften. Darüber hinaus unterhielt er einen gewerblichen Grundstückshandel. Das Einzelunternehmen betrieb der Kläger von seinem Wohnsitz in ….C… aus. Die konzernabhängigen Unternehmen hatten ihren Sitz in der …. Straße … in L. Aufgrund einer Zuständigkeitsvereinbarung wurde der Beklagte Anfang 1995 auch für die Besteuerung des Einzelunternehmens zuständig. Für das Einzelunternehmen gab der Kläger die Umsatzsteuererklärungen für 1984 im Februar 1986, für 1985 im März 1987, für 1986 im Juli 1987 und für 1987 im März 1989 ab.
Gegen den Kläger erließ das Finanzamt für Großbetriebsprüfung … II am 23.11.1989 eine Prüfungsanordnung, die unter anderem die Umsatzsteuer für die Streitjahre 1984 bis 1987 umfasste. Als voraussichtlicher Prüfungstermin war der 04.12.1989 angegeben. Dieser sollte zuvor am 16.11.1989 telefonisch abgestimmt worden sein. Mit Schreiben vom 28.11.1989 beantragte der damalige steuerliche Berater des Klägers, Steuerberater …, die Verlegung des Betriebsprüfungsbeginns auf den 08.01.1990 mit der Begründung, durch das Jahresendgeschäft sei der Prüfungsbeginn 04.12.1989 nicht einzuhalten. In welcher Form dieser Verlegungsantrag beschieden worden ist, lässt sich den Betriebsprüfungsakten nicht entnehmen. Zu dem beabsichtigten Prüfungstermin am 04.12.1989 ist es jedenfalls nicht gekommen. Auf dem Verfügungsteil der Betriebsprüfungsanordnung (vgl. BP-Handakten Bd. I) befindet sich mit rotem Kugelschreiber der Vermerk „Antrag 08.01.1990”. Dem Verlegungsantrag des Klägers nachgeheftet befindet sich in den BP-Handakten der Hinweis auf den Eingang der Steuererklärungen für 1984 und 1985. Das Eingangsdatum der Steuererklärung für 1984 ist mit dem 25.02.1986 angegeben und rot unterstrichen. Darüber hinaus ist durch den Prüfer festgehalten: „Damit zum 31.12.1989 für 1984 keine Verjährung!”. Ausweislich des Laufzettels wurde mit der Prüfung des Einzelunternehmens am 19.12.1990 um 8.30 Uhr begonnen. Der 19.12.1990 ist auch im Betriebsprüfungsbericht vom 24.01.1994 als Prüfungsbeginn festgehalten. Ferner ist auf dem Laufzettel festgehalten, dass das Einzelunternehmen im Jahre 1990 am 19.12., 20.12. und 27.12.1990 geprüft worden ist. Es sollen geprüft worden sein das Anlagevermögen, die Erlöskonten 8300 und 8100, das Provisionskonto 4760, das Konto 1802, Verbindlichkeiten … sowie die … GmbH. Ferner soll nach den Eintragungen auf dem Laufzettel am 20.12. und 27.12.1990 die Prüfung der Rückstellungen sowie der Erlöskonten 8000, 8010, 8020, 8030, 8040, 8050, 8150, 8200, 8250, 8260 und 8270 erfolgt sein. Die Betriebsprüfung zog sich geraume Zeit hin. In den Betriebsprüfungsakten befinden sich, soweit diese noch vorhanden sind – Bd. III und IV der BP-Handakten sind zwischenzeitlich vernichtet –, für das erste Halbjahr 1991 keine Feststellungen des Prüfers. Unter dem 16.09.1991, 15.05. bzw. 24.09.1992 hat der Prüfer jedoch seine bisherigen Prüfungsfeststellungen zusammengestellt und noch vorzulegende Unterlagen bzw. zu erteilende Auskünfte aufgelistet. Der Betriebsprüfungsbericht, auf den wegen den Einzelheiten getroffenen Feststellungen Bezug genommen wird, datiert vom 24.01.1994. Zum Ablauf der Prüfung ist in einem weiteren Laufzettel festgehalten, dass die Prüfung des Einzelunternehmens M. O. im Rahmen der Konzernprüfung der gesamten Firmengruppe erfolgt sei. Die Prüfung des Einzelunternehmens sei dabei als letzte abgeschlossen worden. Der Prüfungsabschluss der gesamten Firmengruppe habe sich durch verschiedene Gründe verzögert: „Vielzahl der Fälle mit teilweise neuen Fallgestaltungen (…-Fonds etc.) sowie Vorbereitung und Prüfung neuer verjährungsbedrohter Fälle und Prüfung von Abschreibungsgesellschaften der Gruppe”. Eine Schlussbesprechung fand nicht statt. Der Kläger hatte hierauf verzichtet, weil sich bereits im Verlauf der Prüfung unterschiedliche Rechtsauffassungen mit nicht unerheblichen steuerlichen Auswirkungen ergeben hatten.
Der Beklagte erließ aufgrund der Feststellungen der durchgeführten Betriebsprüfung am 04.12.1998 geänderte Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre, mit denen er die Umsatzsteuer für 1984 von bislang 28.167...