Entscheidungsstichwort (Thema)
Anteilsübertragung bei mittelbarer Beteiligung
Leitsatz (redaktionell)
1) Eine Anteilsübertragung i. S. des § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG setzt im Falle mittelbarer Beteiligung des Anteilserwerbers voraus, dass auf jeder Beteiligungsstufe eine Quote von 95% erreicht wird.
2) Anteile im Besitz der Gesellschaft selbst - eigene Anteile - bleiben bei der Ermittlung der Quote unberücksichtigt.
3) Anteile einer 100%igen Tochtergesellschaft, die diese an der Muttergesellschaft innehat, sind keine eigenen Anteile und damit bei der Ermittlung der Quote zu berücksichtigen.
Normenkette
GrEStG § 1 Abs. 3 Nr. 3
Nachgehend
Tatbestand
An der Grundbesitz haltenden T GmbH (T GmbH) waren die Gesellschafter G mit 52,6 %, Q mit 7,4 % und H mit 14,8 % beteiligt. Die restlichen Anteile in Höhe von 25,2 % wurden von der T GmbH selbst gehalten.
Mit notariellem Vertrag vom 30.09.2004 veräußerten die Gesellschafter G, Q und H ihre Anteile an die K & PgGmbH (KPgGmbH) zu 67,4 % und an den Kläger (M e. V.) zu 7,4 %. Dieser Vorgang wurde mit Schreiben vom 12.10.2004 dem Beklagten angezeigt. An der KPgGmbH waren der Kläger zu 90 % und die W gGmbH (WgGmbH) zu 10 % beteiligt. An der WgGmbH wiederum war zu 100 % die KPgGmbH beteiligt. Wegen der grafischen Darstellung der Beteiligungsverhältnisse „vorher” und „nachher” wird auf die Anlage zur Einspruchsentscheidung verwiesen.
Die T. GmbH war zum Zeitpunkt des Abschlusses des notariellen Vertrages vom 30.09.2004 Eigentümer folgenden Grundbesitzes:
C-Straße …, B |
Feststellungsbescheid vom 21.11.2007 |
Einheitswert 6.072.000,– Euro |
D-Straße …, B |
Feststellungsbescheid vom 21.11.2007 |
Einheitswert 1.148.000,– Euro |
E-Straße …, B |
Feststellungsbescheid vom 21.11.2007 |
Einheitswert 1.633.000,– Euro |
F-Straße …, B |
Feststellungsbescheid vom 07.02.2008 |
Einheitswert 432.000,– Euro. |
Im Anschluss an eine Betriebsprüfung bei der T GmbH (vgl. Bericht des Finanzamts für Groß- und Konzernbetriebsprüfung B vom 10.04.2007) vertrat der Beklagte die Auffassung, es liege ein grunderwerbsteuerlich relevanter Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) vor. Nach Mitteilung der gesondert festgestellten Grundbesitzwerte auf den 15.09.2004 (Übernahmestichtag) für den zuvor aufgeführten Grundbesitz setzte der Beklagte aus dem Erwerbsvorgang gegen den Kläger mit Bescheid vom 21.02.2007 Grunderwerbsteuer in Höhe von 314.356 EUR fest. Aufgrund Änderung der Bedarfswerte änderte der Beklagte mit Bescheid vom 04.03.2008 auf der Grundlage des § 175 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) die Grunderwerbsteuerfestsetzung und setzte die Grunderwerbsteuer auf nunmehr 324.875 EUR fest.
Mit dem Einspruch vom 09.03.2007 machte der Kläger geltend, dass eigene Geschäftsanteile der Gesellschaft bei der Berechnung einer statuarischen oder gesetzlichen Quote des Stammkapitals nicht mitzurechnen seien. Diese zivilrechtlichen Rechtsgrundsätze würden auch für die Grunderwerbsteuer gelten. Maßgebend sei hierfür, dass die Gesellschaft begrifflich nicht ihr eigener Gesellschafter sein könne. Denn sie sei nicht eine von ihr selbst verschiedene Person. Insofern blieben die eigenen Anteile der T GmbH auch bei der Berechnung der Beteiligungsanteile im Grunderwerbsteuerrecht unberücksichtigt. Würde man die Beteiligungsverhältnisse durchrechnen, wäre der Kläger mit 90,98 % bzw. 90,74 % an der T GmbH beteiligt, nämlich entweder mit 9,8 % oder 7,4 % unmittelbar und mit 83,34 % (90 % von 92,6 %) oder 81,18 % (90 % von 90,2 %) mittelbar. Soweit auch die Beteiligung der WgGmbH an der KPgGmbH berücksichtigt worden sei, sei dies schon rechnerisch fragwürdig, da die Beteiligung der KPgGmbH an der T GmbH zumindest teilweise doppelt erfasst würde. Eine solche rechnerische Betrachtungsweise sei grundsätzlich unzulässig. Bei der Berechnung der Höhe der unmittelbaren und mittelbaren Beteiligung sei auf das einzelne Beteiligungsverhältnis abzustellen. Insoweit werde auf den koordinierten Ländererlass von 02.12.1999 (VV BW FinMin 2000-02-14 3-S 4500/43) hingewiesen. Danach seien mittelbare Beteiligungen dem Gesellschafter nur dann zuzurechnen, wenn dieser die Gesellschaft beherrsche. An diesem Grundgedanken habe sich auch durch das Herabsetzen der 100 %-Grenze auf die 95 %-Grenze und die Aufnahme der mittelbaren Anteilsvereinigung als Tatbestandsmerkmal des § 1 Abs. 3 GrEStG durch Art. 15 des Steuerentlastungsgesetzes (StEntlG) 1999/2000/2002 nichts geändert. Demzufolge seien bei Anwendung des § 1 Abs. 3 GrEStG nur solche Beteiligungen zu berücksichtigen, die zu mindestens 95 % gehalten würden. Somit liege ein grunderwerbsteuerlich relevantes Beteiligungsverhältnis weder zwischen dem Kläger und der KPgGmbH noch zwischen der KPgGmbH und der T GmbH vor mit der Folge, dass ein grunderwerbsteuerbarer Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG nicht gegeben sei.
Mit Einspruchsentscheidung vom 10.06.2009 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründe...