Entscheidungsstichwort (Thema)
Bemessungsgrundlage der Umsatzsteuer bei umsatzsteuerpflichtiger Vermietung eines mit einer Kurklinik bebauten Grundstücks zwischen verbundenen Unternehmen. Vereinbarung einer an der AfA nach § 7 Abs. 4 EStG orientierten betriebswirtschaftlichen Kostenmiete
Leitsatz (redaktionell)
1. Als „nahestehende Personen” sind neben Angehörigen i. S. d. § 15 AO „andere Personen und Gesellschaften” anzusehen, zu denen ein Anteilseigner, Gesellschafter usw. eine enge rechtliche, wirtschaftliche oder persönliche Beziehung hat. Mietverhältnisse zwischen beteiligungsidentischen Schwestergesellschaften sind danach solche zwischen nahestehenden Personen.
2. „Kosten” sind bei der Anwendung des § 10 Abs. 4 UStG die tatsächlichen Kosten, die dem Unternehmer entstanden sind. Dabei ist grundsätzlich von den bei der Einkommensteuer zugrunde gelegten Kosten auszugehen. Bei der Vermietung eines Gebäudes ist davon auszugehen, dass Kosten in der Höhe entstanden sind, in der der Vermieter die Anschaffungs- und Herstellungskosten nach den Bestimmungen des Einkommensteuerrechts abzuschreiben hatte und auch tatsächlich abgeschrieben hat.
3. Kosten sind anzusetzen, soweit sie zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben. Die Kostenkomponente „ertragsteuerliche Absetzungen für Abnutzung” ist indessen ungekürzt in die Mindestbemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer zu übernehmen.
Normenkette
UStG 1993 § 10 Abs. 4 Nr. 2, Abs. 5; UStG 1999 § 10 Abs. 4 Nr. 2, Abs. 5; UStR Abschn. 158 Abs. 3; EStG 1997 § 7 Abs. 4 Nrn. 1, 2 Buchst. a; AO § 15
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Bemessungsgrundlage der Umsatzsteuer bei umsatzsteuerpflichtiger Vermietung eines mit einer Kurklinik bebauten Grundstückes.
Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Nach dem schriftlichen Gesellschaftsvertrag vom 26.7.1993 (Bl. 59 1 V 46/01) waren usprüngliche Gesellschafter D., J. und G. J. mit Anteilen von je einem Drittel. J. J. räumte seinem Sohn T. J. mit dem Einverständnis der anderen Gesellschafter am 27./28.12.1993 eine Unterbeteiligung von 10 % an seinem Gesellschaftsanteil ein. Ein schriftlicher „Gesellschaftsvertrag über eine typische stille Gesellschaft” datiert vom 8.1.1995. Danach beteiligte sich I. S., geb. J., als stille Gesellschafterin mit einer Einlage an der GbR.
Die Gesellschafter hatten in Gesellschaft bürgerlichen Rechts am 4.1.1993 ein Grundstück in G. (Grundbuch von B. Blatt 272, Flur 3, Flurstück 9/5) erworben. Darauf errichteten sie Gebäude und Einrichtungen einer Kurklinik. Der Wert der Gebäude und Außenanlagen betrug nach dem Jahresabschluss 1995 zum 1.1.1995 24.792.859,00 DM (Bl. 4 Bilanz-, Gewinn- und Verlustrechnungsakte Band II). 1995 kamen Zugänge im Wert von 461.248,00 DM hinzu. Gesellschaftszweck der Klägerin war die Verwaltung und Vermietung des zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Anlagevermögens an die O. GmbH und Co. KG (= KG). Gesellschafter der KG waren die O. Beteiligungs-GmbH ohne Anteile, D. und G. J. zu je 1/3 Anteil, J. J. zu 90/300 und T. J. zu 10/300 Anteil. Alleingesellschafterin der O. Beteiligungs-GmbH war wiederum die KG.
Der zwischen der Klägerin und der KG schriftlich geschlossene Vertrag über die Vermietung der Kurklinik vom 19. 9.1994 erhielt mit Wirkung vom 3.1.1995 auszugsweise folgende Fassung
„Für die Überlassung der vorstehend genannten Anlagen steht dem Eigentümer eine zweigeteilte Miete zu: Als Immobilienmiete für Boden, Gebäude und Außenanlagen wird auf eine kostendeckende Miete abgestellt, die sich nach der linearen Regel-AfA nach § 7 Abs. 4 Satz 1 EStG bemißt. Als Mobilienmiete wird der Ersatz derjenigen Kosten vereinbart, die dem Eigentümer im Zusammenhang mit den vermieteten beweglichen Vermögensgegenständen durch lineare Regelabschreibungen und Leasingraten entstehen. Eine darüber hinausgehende Miete zwecks Zinserstattung ist nicht mehr vorgesehen.”.
Die Klägerin gab an, für das Jahr 1995 von der KG Mietabschlagszahlungen in Höhe von 3.850.000,00 DM und für 1996 3.720.000,00 DM erhalten zu haben. Für 1995 und 1996 gab sie entsprechende Umsatzsteuervoranmeldungen ab.
Für die Veranlagungszeiträume 1995 bis 1999 gab die Klägerin in der Folgezeit Umsatzsteuerjahreserklärungen ab. Betreffend 1995 und 1996 wichen die erklärten Umsätze von den vorangemeldeten Umsätzen ab. Als steuerpflichtige Lieferungen und sonstige Leistungen erklärte sie für 1995 2.304.486,00 DM und für 1996 941.219,00 DM. Sie erläuterte die Abweichungen unter dem 21.11.1997 damit, dass die Immobilienmiete unzutreffend ermittelt worden sei. Es seien Korrekturen durch Mietgutschriften vorgenommen worden (Bl. 8 ff. USt-Akte Bd.II). Zutreffende Mieterlöse ergäben sich für 1995 in Höhe von 1.652.662,37 DM (Bl. 8, Berechnung Bl. 10 und 12 USt-Akte Band II) und für 1996 in Höhe von 1.587.311.29 DM (Bl. 8, 11 USt-Akte...