Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeld für nicht freizügigkeitsberechtigten Ausländer, dem eine Ausreiseaufforderung und Grenzübertrittsbescheinigung erteilt worden ist
Leitsatz (redaktionell)
Ein nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer, der als Asylbewerber abgeleht und dem eine Ausreiseaufforderung und Grenzübertrittsbescheinigung erteilt worden ist, hält sich nicht i. S. von § 62 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a EStG rechtmäßig, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet auf.
Normenkette
EStG 2002 § 62 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. c, Nr. 3 Buchst. a, § 52 Abs. 61a S. 2; AufenthG § 4 Abs. 1, § 25 Abs. 5
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
22 Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Klägerin (Klin) die besonderen Anspruchsvoraussetzungen für eine Kindergeldzahlung an einen Ausländer erfüllt.
I.
Die Klin ist Staatsangehörige Restjugoslawiens. Sie ist die Mutter der Kinder A (geb. 1993), B (geb. 1995), C (geb. 1998) und D(geb. 2000). Das Landratsamt W (LRA) erteilte der Klin eine Ausreiseaufforderung und Grenzübertrittsbescheinigung für Ausländer. Die ursprünglich auf den 22.03.2001 datierte Ausreiseverpflichtung verlängerte das LRA unter Einschluss der Kinder fortlaufend, zuletzt bis 02.05.2005. Am 12.04.2005 erteilte das LRA eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 Aufenthaltsgesetz (AufenthG), deren Gültigkeit bis 11.04.07 befristet wurde. Am 28.03.2007 erhielt die Klin eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG.
Die FK setzte zunächst bis einschließlich Oktober 2006 Kindergeld für die vier Kinder fest. Mit Bescheid vom 30.03.07 hob die FK die Kindergeldfestsetzung für den Zeitraum Januar 2006 bis Oktober 2006 auf und forderte das ausbezahlte Kindergeld in Höhe von 6.410 EUR von der Klin zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Voraussetzungen für die Gewährung von Kindergeld nach überstaatlichen Rechtsvorschriften wegen Wegfalls eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses nicht mehr gegeben seien. Den hiergegen gerichteten Einspruch wies die FK mit Einspruchsentscheidung vom 02.05.07 als unbegründet zurück.
Zur Begründung der hiergegen gerichteten Klage trägt die Klin im Wesentlichen Folgendes vor: Die Klin sei bis zum 27.03.07 und damit auch während des gesamten Rückforderungszeitraums im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis gewesen. Sie sei während dieser Zeit einer Teilzeitbeschäftigung mit 20 Stunden pro Woche nachgegangen. Im Zeitraum 01.08.06 bis 31.01.07 habe die aus den Eheleuten und den vier Kindern bestehende Bedarfsgemeinschaft ergänzende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bezogen. Dabei sei der Klin ein monatliches Netto-Erwerbseinkommen in Höhe von 990,63 EUR zugerechnet worden. Der Klin stehe daher nach Art. 28 Abs. 1 des deutsch-jugoslawischen Abkommens über Soziale Sicherheit (SozSichAbk YUG) ein Kindergeldanspruch zu, da sie ein über die Geringfügigkeitsgrenze hinausreichendes Erwerbseinkommen bezogen habe. Im Übrigen widerspreche die Erstattungsforderung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), da hiernach die Arbeitnehmereigenschaft nur davon abhänge, dass Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung bestehe. Zudem erfülle die Klin auch die Voraussetzungen der durch Gesetz vom 13.12.2006 geänderten Vorschrift des § 62 Abs. 2 EStG. Der Aufenthaltstitel der Klin gelte als Aufenthaltserlaubnis fort (§ 101 Abs. 2 AufenthG). Die im Zeitraum von März 2001 bis 02.05.2005 ausgestellte Grenzübertrittsbescheinigung sei einer Duldung gleichzustellen. Schließlich habe der Ehemann der Klin durch seine bis Juni 2006 bestehende Vollzeitbeschäftigung und seinen langjährigen Voraufenthalt in der Bundesrepublik die Voraussetzungen des Kindergeldbezugs erfüllt. Die Ehegatten hätten daher bei entsprechendem Hinweis der FK den Kindergeldantrag durch den Ehemann und nicht durch die Klin gestellt.
Die Klin beantragt,
den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 30.03.2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 02.05.2007 aufzuheben.
Die FK beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, dass die Voraussetzungen des SozSichAbk YUG mangels Bestehens eines arbeitslosenversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses im Zeitraum Januar 2006 bis Oktober 2006 nicht vorgelegen hätten. Auch Arbeitslosengeld I sei nicht bezogen worden. Die Voraussetzungen des § 62 Abs. 2 EStG seien nicht erfüllt, da in der alten Fassung der Vorschrift ein Aufenthaltstitel nach § 25 Abs. 5 AufenthG nicht ausreichend sei und nach der neuen Fassung der Vorschrift ein mindestens 3-jähriger rechtmäßig gestatteter oder geduldeter Aufenthalt im Bundesgebiet erforderlich sei.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Schriftsätze der Klin vom 30.05.2007, 09.08.2007, 10.04.2008 und 27.05.2008 sowie den Schriftsatz der FK vom 30.10.2007, hinsichtlich des Inhalts der mündlichen Verha...