Entscheidungsstichwort (Thema)

Erstattung aus Billigkeit

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine Erstattung von Einfuhrabgaben aus Billigkeitsgründen (Art. 239 Zollkodex) kommt nicht in Betracht, wenn die Pflichten im Versandverfahren, nämlich die Wiedergestellung des Versandguts, vorsätzlich verletzt worden sind.

 

Normenkette

ZK Art. 203 Abs. 1, Art. 204 Abs. 1 Buchst. a, Art. 239 Abs. 1 2. Anstrich; ZKDV Art. 859 2. Anstich, Art. 905 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 16.12.2003; Aktenzeichen VII B 370/02)

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob Einfuhrabgaben nach Art. 239 Zollkodes (ZK) erstattet werden können.

Das HZA Hamburg Freihafen – Zollamt Zweibrückenstraße – fertigte am 18. August 1997 zwei Sendungen mit jeweils 1.056 Kartons Bananen mit einem Nettogewicht von 19.474 kg aus Ecuador mit den Versandscheinen T1 Nr. 31247 und 31248 zum gemeinschaftlichen Versandverfahren ab. Die beiden Sendungen wurden LKW-Fahrern der Klägerin, … und … zum Weitertransport zum Empfänger, der Firma Obst … in Österreich, übergeben. Ermittlungen des Zollfahndungsamts München ergaben, dass die beiden Fahrer die Bananen von Hamburg direkt zur Firma … in München verbracht und die Zollplomben noch vor der Ankunft bei dem Empfänger unberechtigterweise entfernt hatten. Als die Fahndungsbeamten am 19. August 1997 bei der Firma … erschienen, war die Entladung der Fahrzeuge nahezu abgeschlossen. Die Fahrer hatten der Firma … für die Sendungen bereits zwei Frachtbriefe CMR Nr. 12437 und 40877 übergeben, nach denen die Bananen von der Firma Obst … von Österreich aus nach München transportiert worden sein sollen. Die Fahrer gaben bei ihrer Vernehmung zur Sache an, dass sie von dem Disponenten der Klägerin, …, während der Fahrt telefonisch angewiesen worden seien, die Waren nicht zur Firma Obst … zu verbringen, sondern direkt an die Firma … auszuliefern. Der Disponent habe sie weiterhin beauftragt, die Zollplomben abzunehmen, neue Frachtbriefe „Wels – München” auszustellen und die Waren mit diesen Papieren beim Empfänger abzuliefern.

Herr … gab bei seiner Vernehmung beim HZA Linz an, dass er seit mehreren Jahren bei der Klägerin als Disponent tätig sei und die Aussagen der Fahrer zuträfen. Wegen eines personellen und Fahrzeugengpasses habe er direkt an die Firma … angeliefert, weil dieser bereits zu einem früheren Termin die Lieferung zugesagt worden sei.

Das HZA erließ daraufhin gegen die Klägerin am 21. August 1997 Steuerbescheid, mit dem es 59.773,38 DM Zoll und 5.662,53 DM Einfuhrumsatzsteuer anforderte. Der dagegen eingelegte Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 12. Februar 1998 als unbegründet zurückgewiesen.

Mit Schreiben vom 23. Juli 1998 beantragte die Klägerin Erstattung der Einfuhrabgaben. Das HZA legte das Schreiben als Antrag auf Erstattung der Einfuhrabgaben nach Art. 239 ZK aus und lehnte diesen mit Bescheid vom 23. März 1999 ab.

Nach erfolglosem Einspruch erhob die Klägerin gegen die EE vom 10. Juni 1999 Klage, mit der sie im Wesentlichen geltend macht, dass die von der Klägerin beauftragten Personen nicht in betrügerischer Absicht oder offensichtlich fahrlässig gehandelt hätten. Die Beweislast läge beim Beklagten. Fahrer und Disponent seien strafrechtlich nicht verfolgt worden. Da der geschäftsführende und vertretungsberechtigte Gesellschafter der Klägerin nicht gehört worden sei, sei das Recht auf rechtliches Gehör verletzt. Die Zollfahndung sei bereits vor der Entfernung der Plomben von dem Vorgehen der Fahrer informiert worden. Ein Entziehen aus der zollamtlichen Überwachung läge nicht vor, weil die Fahrzeuge während der Durchführung des Versandverfahrens observiert worden seien. Bei einer anderen Sendung, die nicht zu einem Steuerbescheid geführt hätte, hätten die Zollfahndungsbeamten noch die gesamte Ladung vorgefunden.

Die Klägerin beantragt,

den Ablehnungsbescheid vom 23. März 1999 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 10. Juni 1999 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, Zoll in Höhe von 27.493,89 Euro zu erstatten.

Das Hauptzollamt beantragt

Klageabweisung

und bezieht sich im Wesentlichen auf die Einspruchsentscheidung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die HZA-Akten, die im Verfahren gewechselten Schriftsätze sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 30. Oktober 2002 hingewiesen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Klage ist nicht begründet.

Das Hauptzollamt hat zu Recht den Antrag der Klägerin, Einfuhrabgaben in Höhe von 53.773,38 DM zu erstatten, abgelehnt.

Nach Art. 239 Abs. 1 2. Anstrich ZK in Verbindung mit Art. 905 Abs. 1 ZK-DVO können in besonderen Fällen Einfuhrabgaben erstattet werden, wenn diese sich aus Umständen ergeben, die nicht auf betrügerische Absicht oder offensichtlicher Fahrlässigkeit des Beteiligten zurückzuführen sind.

1. Im vorliegenden Fall wurden die Zollplomben, die die Nämlichkeit der Waren sichern, entfernt, von dem Beförderungsweg abgewichen und die Waren nicht der Bestimmungszollstelle wieder gestellt. Dieses Verhalten...

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