Entscheidungsstichwort (Thema)
Eigener Hausstand: Eingliederung in den Haushalt der Eltern
Leitsatz (redaktionell)
1) Ein alleinstehender Sohn unterhält in der Wohnung seines Vaters keinen eigenen Hausstand im Sinne einer doppelten Haushaltsführung nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 EStG, wenn ihm zwar in der Wohnung des Vaters ein 12,44 qm großes Kinderzimmer zur Verfügung steht, mit dem Vater aber keine Vereinbarung über ein Entgelt getroffen wurde, er tatsächlich weder Entgelt für die Nutzung geleistet hat, noch sich an den Nebenkosten beteiligt hat, die Räumlichkeiten des Hauses im Wesentlichen mit den Möbeln des Vaters ausgestattet sind und der Vater die Entscheidungen bezüglich des Hauses und des Hausstands alleine trifft.
2) Einer Eingliederung in den Haushalt des Vaters liegt auch dann vor, wenn der Sohn dem Vater übliche familiär bedingte Hilfeleistungen erbringt, etwa am Wochenende kocht und hierfür auch die Kosten trägt, dem Vater im Garten hilft und gelegentlich Wäsche mitwäscht.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob Unterkunftskosten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abzugsfähig sind.
Der am xx.xx.xxxx geborene Kläger war im Streitjahr beim M. NRW in H. tätig. Seit März 2005 ist er unter der Adresse A-Str. 87 in H mit Nebenwohnsitz gemeldet. Diese Wohnung hat eine Wohnfläche von 75 m², besteht aus 4 Zimmer, Küche und Bad und ist mit Möbeln des Klägers eingerichtet. Unter der Adresse B-Str. 5 in L. ist der Kläger mit Hauptwohnsitz gemeldet. Dort befindet sich ein im Eigentum des Vaters des Klägers stehendes Reihenhaus. Nach den Angaben des Klägers bewohnt er dort sein altes Kinderzimmer (12,44 m²) und nutzt die übrigen Räumlichkeiten gemeinsam mit seinem Vater.
In der Einkommensteuer(ESt)-Erklärung 2008 machte der Kläger Mehraufwendungen für doppelte Haushaltsführung geltend. Neben Fahrtkosten für 45 Heimfahrten zwischen H. und L. machte er Kosten für die Wohnung in H. i.H.v. 6.968,79 Euro geltend.
Der Beklagte übersandte dem Kläger daraufhin einen Fragebogen bezüglich der doppelten Haushaltsführung.
Der Kläger teilte mit Schreiben vom 24.03.2009 mit, dass er im Frühjahr 2005 seinen Nebenwohnsitz von N. nach H. verlegt habe. Die Heimatadresse L. sei seit Jahren als erster Wohnsitz registriert und sei Mittelpunkt seines Lebensinteresses. In L. und Umgebung würden seine Familienangehörigen, Verwandten und Freunde wohnen; bei der Bank L. werde sein Gehaltskonto geführt, dort würden Beratungstermine durchgeführt und an den Wochenenden Aktivitäten entwickelt (Kino, …, Konzertbesuche, Karneval, Beschaffung von Kleidung, Buchung von Urlauben usw.). Darüber hinaus würden die Sommer- bzw. Winterreifen in der heimatlichen Garage aufbewahrt und der Reifenwechsel werde in einer Werkstatt in L.vorgenommen. Er unterhalte in L. einen eigenen Hausstand, der sich in seinem Elternhaus befinde. Für dieses Haus habe er ein uneingeschränktes Nießbrauchsrecht und eine dauerhafte Zugangsberechtigung. Dort lebe sein Vater, der aber häufig über Tage oder bei Urlauben für längere Zeit abwesend sei. Die Kosten des Haushalts an den Wochenenden (Lebensmittel u.a.) würden hauptsächlich von ihm, dem Kläger, getragen, darüber hinaus erledige er maßgeblich häusliche Arbeiten (Kochen, Putzen, Rasen mähen, Reparaturen). Setze man als Verpflegungskosten die Pauschbeträge nach Steuerecht an, so ergebe sich hochgerechnet pro Person bei 111 Tagen (Wochenenden, Feier- und Brückentage) ein Betrag von 5.328,00 Euro. Das Leben in L. werde persönlich und finanziell wesentlich von ihm, dem Kläger, bestritten und bestimmt.
Auf weitere Nachfrage des Beklagte teilte er mit Schreiben vom 14.04.2009 unter Beifügung entsprechender an seinen Vater gerichteter Rechnungen mit, dass in 2008 für die Wohnung in L. Grundbesitzabgaben, Gebäudeversicherung, Gas, Strom und Wasser i.H.v. 3.163,02 Euro gezahlt worden seien. Um diesen Betrag mit den von ihm ermittelten Lebenshaltungskosten vergleichen zu können, sei eine Minderung auf 111/365 vorzunehmen. Der sich ergebende Betrag von 961,60 Euro sei erheblich weniger als die von ihm getragenen Lebenshaltungskosten i.H.v. 5.328,00 Euro.
Im ESt-Bescheid 2008 vom 29.04.2009 berücksichtigte der Beklagte lediglich Fahrtkosten für Fahrten zwischen L. und H. (90 km an 45 Tagen). Der Bescheid enthielt den Hinweis, dass eine doppelte Haushaltsführung nur vorliege, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes, in dem er einen eigenen Hausstand unterhalte, beschäftigt sei und auch dort übernachte. Ein eigener Hausstand setze eine eingerichtete, den Lebensbedürfnissen entsprechende Wohnung des Arbeitnehmers voraus. Die Wohnung müsse grundsätzlich aus eigenem Recht, z.B. als Mieter oder Eigentümer genutzt werden. Bei einem alleinstehenden Arbeitnehmer sei zu prüfen, ob er einen eigenen Hausstand unterhalte oder i...