Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsvorgänge zwischen verbundenen Gesellschaften; Rückabwicklung nach § 16 GrEStG
Leitsatz (redaktionell)
1) Eine Steuerbarkeit nach § 1 Abs. 3 GrEStG ist auch dann gegeben, wenn der alle Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft übertragende Rechtsträger zugleich Alleingesellschafter der die Anteile erwerbenden Gesellschaft ist.
2) § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG ist auf den Erwerb und Rückerwerb von Anteilen an grundbesitzenden Gesellschaften sinngemäß anzuwenden.
3) Kommt bei der Übertragung von Anteilen an einer grundbesitzenden Gesellschaft der Steuerschuldner seiner Anzeigepflicht nach § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 6 GrEStG nicht ordnungsgemäß nach, scheidet gemäß § 16 Abs. 5 GrEStG eine Abstandnahme von der Steuerfestsetzung auch dann aus, wenn die Anzeige bis zum Ergehen des GrESt-Bescheides und vor dem Abschluß des Aufhebungsvertrages nachgeholt wird (entgegen BFH-Beschl. v. 17.03.2006 II B 157/05, BFH/NV 2006, 1341).
Normenkette
GrEStG § 16 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 5, § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 6, § 1 Abs. 3
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob von der Besteuerung eines Erwerbsvorgangs i.S. des § 1 Abs. 3 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG), den die Kaufvertragsparteien rückabgewickelt haben, gem. § 16 GrEStG Abstand zu nehmen ist.
Die Klägerin (Klin.) ist eine Kapitalgesellschaft. Sie erwarb mit privatschriftlichem Kaufvertrag vom 18.12.2002 von ihrer Muttergesellschaft, der Fa. D AG. (im Weiteren D AG), 100 v.H. der Geschäftsanteile an der Fa. DB GmbH (im Weiteren DB GmbH) im Nennbetrag von DM 200.000,00. Die Abtretung der Geschäftsanteile wurde am 19.12.2002 von einem im Ausland ansässigen Notar öffentlich beurkundet.
Die DB GmbH war und ist Eigentümerin inländischen Grundbesitzes.
Weder der Notar noch die Klin. zeigten zunächst dem für die Grunderwerbbesteuerung zuständigen Finanzamt (FA), dem Beklagten (Bekl.), den Erwerb der Geschäftsanteile an. Nach Angaben der Klin. sei man erst Anfang März 2003 durch die beauftragte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft darauf aufmerksam gemacht worden, dass die Übertragung der Geschäftsanteile Grunderwerbsteuer (GrESt) gem. § 1 Abs. 3 GrEStG auslösen würde.
Daraufhin suchte der seinerzeitige Geschäftsführer der Klin., BL, am 05.03.2003 den Sachbearbeiter der GrESt-Stelle des Bekl., Herrn HX, auf und teilte diesem die Übertragung der Geschäftsanteile an der DB GmbH mit. Über den weiteren Inhalt des Gesprächs besteht zwischen den Beteiligten Streit. Nach Angaben der Klin. sei Ergebnis des Gesprächs gewesen, dass die GrESt trotz Ablaufs der gesetzlichen Anzeigefrist von zwei Wochen (§ 19 Abs. 3 i.V.m. § 16 Abs. 5 GrEStG) nicht festgesetzt werde, sofern die Anteilsübertragung zunächst schriftlich angezeigt und anschließend rückgängig gemacht werde. Der bereits eingetretene Ablauf der Zwei-Wochen-Frist sei wesentlicher Inhalt des Gesprächs zwischen Herrn BL und Herrn HX gewesen. Ferner – so die Klin. weiter – habe Herr HX Herrn BL versichert, im Falle einer Rückabwicklung des Kaufvertrags vom 18.12.2002 auch die Rückübertragung der Geschäftsanteile nicht mit GrESt zu belasten. Aus einem Aktenvermerk des Herrn HX vom 21.03.2006 geht dagegen hervor, dass Absprachen insoweit nicht getroffen worden seien. Herrn BL sei lediglich dringend geraten worden, „sein Vorgehen von der steuerlichen Beratung des Unternehmens (…) prüfen zu lassen”.
Ebenfalls am 05.03.2003 hoben die Klin. und die D AG den Kaufvertrag vom 18.12.2002 rückwirkend auf. Die Klin. verpflichtete sich zur Rückabtretung der Geschäftsanteile. Der Vollzug der Rückabtretung wurde am 06.03.2003 im Ausland notariell beurkundet und dem Bekl. am 18.03.2003 angezeigt.
In der Folgezeit setzte der Bekl. weder für den Erwerb vom 18.12.2002 noch für den Rückerwerb vom 05.03.2003 GrESt fest.
Im September 2005 erteilte der Bekl. dem FA für Groß- und Konzernbetriebsprüfung I den Auftrag, den Erwerb der Geschäftsanteile an der DB GmbH auf den 18.12.2002 grunderwerbsteuerlich zu überprüfen. Die Betriebsprüfung vertrat daraufhin die Auffassung, der Erwerb der Geschäftsanteile unterliege gem. § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG der GrESt. Die Voraussetzungen für eine steuerneutrale Rückabwicklung gem. § 16 GrEStG seien vorliegend nicht erfüllt. Der Erwerbsvorgang sei nicht ordnungsgemäß innerhalb der Frist von zwei Wochen angezeigt worden (Tz. 2.2.5 des Betriebsprüfungs-Berichts des FA für Groß- und Konzernbetriebsprüfung I vom 02.03.2006).
Der Bekl. schloss sich der Auffassung der Bp. an und setzte mit Bescheid vom 08.05.2006 GrESt in Höhe von EUR 113.347,00 fest. Bemessungsgrundlage hierfür bildeten die zuvor gesondert festgestellten Bedarfswerte i.H.v. insgesamt EUR 3.238.500,00 (vgl. Feststellungsbescheide vom 24.01. und 02.02.2006).
Das Einspruchsverfahren, zu dem auch die Oberfinanzdirektion (OFD) N beigezogen war, blieb e...