rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Bindungswirkung eines Steuerbescheides gegenüber im Verwaltungsverfahren hinzugezogenem Dritten
Leitsatz (redaktionell)
1. Für den Regelungsgehalt eines Steuerbescheides ist dessen Tenor maßgeblich. Spricht dieser keine Berichtigung des Vorsteuerabzugs eines im Verwaltungsverfahren hinzugezogenen Dritten aus, liegt eine Beschwer des Dritten nicht vor.
2. In diesem Fall kann der Dritte sich erst durch Anfechtung des gegen ihn nach § 174 Abs. 4 AO ergehenden Folgebescheids wehren.
Normenkette
FGO § 40 Abs. 2; AO 1977 § 164 Abs. 2, § 179 Abs. 1, § 157 Abs. 2; UStG § 14 Abs. 2, § 17 Abs. 1; EStG § 15 Abs. 1, 1 Nr. 1; BGB §§ 387, 389; AO 1977 § 360 Abs. 4; UStG § 17 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Sätze 3, 1 Nr. 3, § 14 Abs. 2 S. 2
Gründe
I.
Verfahrensrechtlich ist die Frage der Bindungswirkung eines Steuerbescheides gegenüber einem im Verwaltungsverfahren hinzugezogenen Dritten zu enscheiden. Materiell-rechtlich ist streitig die Wirksamkeit einer eine Nachbelastung des Leistungsempfängers mit Umsatzsteuer (USt) aufhebenden Rechnungsberichtigung. Die in Liquidation befindliche Beigeladene (B.) ist seit dem 12. 10. 1989 Gesamtrechtsnachfolgerin der … -Gesellschaft mbH & Co KG (KG), die ab 06. 12. 1979 Gesamtrechtsnachfolgerin der … -GmbH (GmbH) war.
Im Rahmen einer USt-Sonderprüfung (Bericht vom 03. 06. 1982 Tz. 11.1) vertrat die Oberfinanzdirektion … (OFD) die Auffassung, daß Lieferungen der GmbH an die Niederlassung H. der … Handel GmbH (… -Handel), einer Organtochter der Klin. im Sinn des § 2 Abs. 2 Nr. 2 Umsatzsteuergesetz (UStG), mit den Bestimmungsorten R. (NL) und A. (NL) im Jahr 1979 keine steuerfreie Ausfuhrlieferungen im Sinn von § 4 Nr. 1 und § 6 UStG gewesen seien. Zur Begründung führte die OFD an, Leistungsempfänger sei ein inländischer Unternehmer, und lediglich die Weiterlieferungen der … -Handel an die ausländischen Abnehmer seien als Ausfuhrgeschäfte steuerfrei.
Mit Schreiben vom 14. 05. 1982 stellte die KG daher der … -Handel nachträglich für die im Jahr 1979 getätigten Lieferungen nach A. und R. USt von … DM in Rechnung. Mit Schreiben vom 12. 02. 1985 hob die KG gegenüber der … -Handel die USt-Nachbelastung wieder auf und bat um gleichlautende Buchung. Die … -Handel widersprach jedoch am 21. 03. 1985 der Anzeige vom 12. 02. 1985 und gab trotz Anforderung das Original der USt-Nachbelastung vom 14. 05. 1982 nicht zurück, weil die Klin. im Rahmen ihrer endgültig durchgeführten USt-Veranlagung für 1982 und unbeanstandet durch eine Außenprüfung Vorsteuer aus der Rechnung vom 14. 05. 1982 abgezogen hatte.
In Übereinstimmung mit der OFD unterwarf das Finanzamt (FA) …, der Rechtsvorgänger des Beklagten (Bekl.), die Entgelte aus den streitbefangenen Lieferungen im gegen die B. erlassenen geänderten USt-Bescheid 1979 vom 30. 11. 1983 der Besteuerung. Die von der B. erhobene Klage (FG Münster XV-V 4364/84 U) hatte Erfolg. Durch Urteil vom 16. 10. 1983 hob der Senat die Besteuerung der Lieferungen der KG an die … -Handel auf, nachdem seinerzeit zwischen den Verfahrensbeteiligten Einigkeit darüber bestand, daß die Lieferungen aufgrund einer unmittelbaren Geltung der 6. Richtlinie des Rates zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuer vom 17. 05. 1977 (6. EG-Richtlinie) steuerfrei seien, und andererseits der Senat davon ausging, daß eine USt-Schuld aus § 14 Abs. 2 Satz 1 UStG auf der Grundlage der Nachberechnung vom 14. 05. 1982 erst im Zeitpunkt der Abrechnungsbegebung entstanden sei. Die Revision des Bekl. blieb erfolglos (BFH- Urteil vom 18. 05. 1993 V R 5/91). Der BFH begründete seine Entscheidung mit dem Hinweis, daß die Berufung der B. auf Art. 15 der 6. EG-Richtlinie nicht durch die nachträgliche Inrechnungstellung von USt ausgeschlossen sei. Nach den ihn, den BFH, bindenden Feststellungen des finanzgerichtlichen Urteils sei die USt nicht im Sinn der Rechtsprechung des EuGH auf die Rechnungsempfängerin abgewälzt worden, da die … -Handel die nachgeforderte USt nicht bezahlt habe.
Nachdem die B. unter Hinweis auf ihre Rechnungsberichtigung vom 12. 02. 1985 eine Minderung der USt-Schuld für 1985 um … DM beantragt hatte, zog der Bekl. die Klin. am 12. 08. 1994 nach § 174 Abs. 5 Abgabenordnung 1977 (AO) zum Besteuerungsverfahren der B. hinzu. In ihrer Stellungnahme vom 30. 09. 1994 wandte die Klin. ein, sie habe entgegen den Feststellungen im Senatsurteil vom 16. 10. 1990 die der … -Handel nachbelastete USt gezahlt, indem sie mit Schreiben vom 08. 10. 1082 an die KG gegen deren Forderung eine eigene durch Schiedsspruch vom 21. 09. 1982 anerkannte Schadenersatzforderung gegen die KG wegen deren Nichterfüllung einer Verpflichtung zur Lieferung von Erdöl aus November/Dezember 1979 aufgerechnet habe. Zudem verwies die Klin. auf den im Schiedsgerichtsverfahren am 24. 11. 1983 ergangenen Schiedsspruch, in dem das Schiedsgericht die KG vorbehaltlich der Entscheidung eines ordentlichen Gerichts über eine von der KG erklärte Aufrechnung ihres Mehrwertste...