Entscheidungsstichwort (Thema)
Entnahme bei die Hafteinlage übersteigender Pflichteinlage
Leitsatz (redaktionell)
1) Führt eine Einlageminderung zu einer Erhöhung des negativen Kapitalkontos des Kommanditisten, so erfolgt die Gewinnzurechnung nach § 15a Abs. 3 S. 1 EStG auch dann, wenn hiermit aufgrund einer die Hafteinlage übersteigenden Pflichteinlage keine wiederauflebende Haftung im Außenverhältnis verbunden ist.
2) Für die Anwendung von § 15a Abs. 3 S. 1 EStG ist unerheblich, ob das negative Kapitalkonto durch laufende Verluste oder durch Sonderabschreibungen nach § 82f EStDV i.V.m. § 52 Abs. 19 EStG (1997) entstanden ist.
Normenkette
EStG (1997) § 52 Abs. 19; EStDV § 82 f; EStG § 15a Abs. 3 S. 1
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Höhe der festgestellten verrechenbaren Verluste gemäß § 15 a Einkommensteuergesetz (EStG).
Die Klägerin ist eine Kommanditgesellschaft (KG) mit rd. 300 Kommanditisten bzw. Treugebern. Sie wurde in 1994 gegründet und in das Handelsregister eingetragen. Gegenstand des Unternehmens war der Erwerb und ist der Betrieb des Containerschiffs N. sowie alle damit im Zusammenhang stehenden Geschäfte.
Die KG erwarb mit Vertrag vom 15.11.1995 das in Bau befindliche Seeschiff, das in 1996 übergeben und am 17.07.1996 in Dienst gestellt wurde. Die Gesellschaft betreibt das Schiff unter deutscher Flagge im internationalen Seeverkehr. Es ist im Seeschiffsregister beim Amtsgericht I. (Nr. …) und im internationalen Seeschiffsregister (Nr. …) eingetragen.
Zur Finanzierung der Anschaffungskosten von rd. 40,8 Mio. DM sahen die Investitions- und Finanzierungspläne der KG die Aufnahme eines Kommanditkapitals von 20 Mio. DM vor. Zur Aufbringung des Eigenkapitals war die persönlich haftende Gesellschafterin, die E.GmbH (GmbH), die am Vermögen der Gesellschaft nicht beteiligt ist, bevollmächtigt, neue Gesellschafter bis zu einem Gesamtbetrag von 20 Mio. DM zuzüglich 5% Agio aufzunehmen (§ 4 Nr. 3 des Gesellschaftsvertrages).
Zur Beschaffung des notwendigen Eigenkapitals schloss die Klägerin am 01.09.1995 mit der Q. GmbH eine Vertriebsvereinbarung. Für ihre Tätigkeit sollte die Vermittlerin eine Vergütung iHv 15% des vermittelten Kommanditkapitals sowie das von den Gesellschaftern zu zahlende Agio von 5% erhalten. Die Einzahlungen der von der Q. GmbH geworbenen Kommanditisten – das Kommanditkapital betrug insgesamt 20.820.000,– DM – wurden zunächst auf das Agio und erst danach auf den Kommanditanteil angerechnet. Für die Agio-Beträge richtete die Klägerin ein Rücklagenkonto ein. Die Kapitalrücklage betrug insgesamt 1.041.000,– DM. Buchungen erfolgten auf diesem Konto nicht.
Die KG erzielte aus ihrer Tätigkeit ausschließlich Verluste.
Die laufenden Verluste ohne Sonderabschreibungen und Ergänzungs-, Sonderbilanzen betrugen nach den Angaben der Klägerin in den Geschäftsjahren 1995 bis 1998 zusammen 14.351.686,73 DM. Sonderabschreibungen gemäß § 82 f Einkommensteuerdurchführungsverordnung (EStDV) nahm die KG danach in 1995 iHv 13.233.458,91 DM und in 1996 iHv 249.890,98 DM in Anspruch. Die ausgleichsfähigen Verluste beliefen sich in den Jahren 1995 bis 1997 auf 21.756.486,65 DM. Verrechenbare Verluste waren in den Jahren 1997 und 1998 iHv 5.978.537,47 DM entstanden.
Der Beklagte führte die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb für das Streitjahr 1998 zunächst gemäß § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung durch. Aufgrund der im Streitjahr für 1997 erfolgten Ausschüttung von 5% des Kapitals (vgl. § 11 Nr. 3 des Gesellschaftsvertrages) stellte sich der Beklagte später auf den Standpunkt, es habe sich um die Rückzahlung von Aufgeldern gehandelt, für die keine Haftungstatbestände nach Handelsgesetzbuch (HGB) bestünden. Der um Rückerstattungen an die Kommanditisten gekürzte Ausschüttungsbetrag von 899.500,– DM sei als Gewinn gemäß § 15 a Abs. 3 EStG zu versteuern, weil sich in Höhe der Entnahme das negative Kapitalkonto der Kommanditisten erhöht habe. Einen entsprechend gemäß § 164 Abs. 2 AO geänderten Feststellungsbescheid erließ der Beklagte am 27.03.2002. Darin erhöhte er den verrechenbaren Verlust zum 31.12.1998, korrigiert um einen Rechenfehler, auf insgesamt 6.286.595,97 DM. Der hiergegen gerichtete Einspruch blieb ohne Erfolg.
Die Klägerin gibt an, die Vorschrift des § 15 a EStG sei keine steuerliche Ergebnisermittlungsvorschrift, sondern regele, in welcher Periode ein von einer Kommanditgesellschaft erlittener Verlust von den Kommanditisten ausgeglichen oder abgezogen werden könne. § 15 a Abs. 1 und Abs. 2 EStG bestimme, dass ein einem Kommanditisten zuzuweisender Verlust nicht stets im Jahr seiner Entstehung, sondern gegebenenfalls erst in einem Folgezeitraum steuermindernd ausgeglichen werden dürfe. Der wesentliche Regelungsinhalt stelle somit eine Durchbrechung des Grundsatzes der Abschnittsbesteuerung dar, die eine interperiodische Betrachtung...