Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Berücksichtigung von Veräußerungsverlusten nach § 17 EStG bei fehlgeschlagener Beteiligung
Leitsatz (redaktionell)
1) Die Beteiligung an einer Aktiengesellschaft geschieht - bis zur Verkörperung des Anteilsrechts in einer Aktienurkunde - durch Übertragung der Gesellschaftsrechte durch Abtretung nach §§ 398 ff. BGB, danach durch Übereignung der Urkunde gemäß §§ 929 ff. BGB.
2) Ein Anteilserwerb i.S. des § 17 EStG scheidet aus, wenn das Grundkapital einer AG in nicht verbriefte Stückaktien eingeteilt ist und aufgrund der schuldrechtlichen Verpflichtung zum Erwerb von Aktien an einer AG eine Kaufpreiszahlung Zug um Zug gegen Übergabe von - keine Gesellschaftsrechte verbriefenden - Nennbetragsaktien erfolgt.
Normenkette
BGB § 398; EStG § 17
Nachgehend
Tatbestand
I.
Im Rahmen der Einkommensbesteuerung für 2002 ist streitig, ob der Kläger (Kl.) einen Verlust aus Gewerbebetrieb im Sinne der §§ 15, 17 Abs. 1 Satz 1 Einkommensteuergesetz (EStG), (hilfsweise) aus einem privaten Veräußerungsgeschäft im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG erzielt hat, und ob dieser (hilfsweise) als verbleibender Verlustabzug zur Einkommensteuer (ESt) zum 31.12.2002 gesondert festzustellen ist.
Der Kl. erzielte Einkünfte aus Gewerbebetrieb, Kapitalvermögen und Vermietung und Verpachtung (VuV). In der Einkommensteuererklärung erklärte er einen Verlust aus privaten Veräußerungsgeschäften (Aktien, Optionen) von ./. 110.576 EUR. Darüber hinaus machte er im Streitjahr 2002 einen Veräußerungsverlust nach § 17 EStG aus dem Verkauf von Aktien an der … AG (künftig: AG) in Höhe von 613.549 EUR geltend. Hierzu erläuterte er in einer Anlage zur Steuererklärung, dass er die Aktien mit einem Nennwert von 750,00 EUR zum 21.02.2001 bzw. 04.03.2001 (Scheckdatum) für einen Betrag von 1.200.000 DM (613.550 EUR) erworben habe. Die Aktien habe er in 2002 für 1,00 EUR verkauft.
Die AG wurde in 1999 gegründet. Das Grundkapital beträgt 50.000 EUR und ist in 50.000 Stückaktien, die auf den Inhaber lauten, eingeteilt. Eine Verbriefung der Stückaktien erfolgte nicht. Die AG ist in das Handelsregister beim Amtsgericht M, HRB … eingetragen. Als Gegenstand des Unternehmens ist die Entwicklung und Vermarktung von Internetdiensten jeder Art im Handelsregister verzeichnet.
Mit schriftlichem Aktienkauf- und Abtretungsvertrag vom 29.10.1999 erwarb Herr N sämtliche Geschäftsanteile von der B Beteiligungs GmbH (vormals: C Beteiligungs GmbH), die im Rahmen der Gründung das gesamte Grundkapital übernommen hatte. Mit schriftlichem Vertrag vom 08.11.1999 verkaufte Herr N 42.500 Stück Aktien ohne Nennbetrag der AG (= 85 % des Grundkapitals) an Herrn G und trat zugleich entsprechende Gesellschaftsrechte an den Käufer ab. Mit Schreiben vom 11.08.2000 an Herrn B als Aufsichtsratsvorsitzenden der AG teilte die D. HOLDING GmbH mit, dass sie mit Anteilskaufvertrag vom 17.07.2000 15 % des Stammkapitals der AG und zwar 1 Aktie zu 5.000,00 EUR, 2 Aktien zu 1.000,00 EUR und 1 Aktie zu 500,00 EUR erworben habe und mit allen Rechten und Pflichten in den Grundlagenvertrag vom 08.11.1999 eingetreten sei.
Im Geschäftsplan 2001 – 2002 vom Januar 2001 wird Herr Roland G als Initiator und Hauptaktionär, Herr B als Aufsichtsrat (gewählt in der außerordentlichen Hauptversammlung und Aufsichtsratssitzung vom 02.11.1999) und Herr D als Vorstand (HR-Eintragung 25.01.2001) bezeichnet.
Der am 21.11.2001 vom Vorstand der AG gestellte Insolvenzantrag wurde im Mai 2002 mangels Masse abgewiesen.
Im unter Vorbehalt der Nachprüfung, § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO), stehenden ESt-Bescheid für 2002 vom 16.08.2004 berücksichtigte der Bekl. keinen Veräußerungsverlust nach § 17 EStG aus dem Verkauf der Aktien an der AG. Im gleichzeitig ebenfalls unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erlassenen Bescheid zum 31.12.2002 über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzuges zur ESt stellte der Bekl. den verbleibenden Verlustvortrag nach § 10 d Abs. 4 EStG für die Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften zum 31.12.2001 – wie bisher – auf 139.543 EUR fest. Die Verluste aus den privaten Wertpapierveräußerungen in Höhe von insgesamt 110.576 EUR sowie aus dem Verkauf der Aktien an der AG in Höhe von 613.549 EUR wurden nicht als verbleibende Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften des Kalenderjahres 2002 gesondert festgestellt.
Gegen den ESt-Bescheid hat der steuerlich beratene Kl. mit Schreiben vom 07.09.2004 Einspruch eingelegt. Er wandte sich gegen die Nichtanerkennung des Verlustes aus § 17 EStG. Hierzu reichte er folgende Unterlagen ein: