Entscheidungsstichwort (Thema)
Festsetzung von bestrittenen Steuerforderungen nach Beendigung des KonkursverfahrensÄnderungen eines Folgebescheides nach Änderung des Grundlagenbescheides
Leitsatz (redaktionell)
Im Konkursverfahren bestrittene Steuern müssen nach Beendigung des Konkursverfahrens durch Steuerbescheid festgesetzt werden. Die Festsetzungsverjährung endet in diesem Fall nicht vor Ablauf von drei Monaten nach Beendigung des Konkursverfahrens.
Die Qualifikation eines Gewinns als laufender Gewinn oder als Aufgabegewinn stellt ebenso wie Feststellungen zu Gewinnhöhe und Einkunftsart eine selbständige Regelung der einheitlichen und gesonderten Feststellung dar. Ist eine derartige Feststellung im Rahmen einer einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung im Folgebescheid unzutreffend oder nicht angesetzt, so berechtigt die Änderung des Grundlagenbescheids nur dann zum zutreffenden Ansatz im Folgebescheid, wenn sich gerade (auch) diese Feststellung geändert hat.
Normenkette
AO 1977 § 175 Abs 1 S. 1 Nr. 1, § 171 Abs 10; AO § 171 Abs. 13; AO 1977 § 182 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Im Klageverfahren V 210/1999 - neben dem Kläger hatten auch die Gesellschafter M.X. und A.X. geklagt - war es um die Nachversteuerung negativer Kapitalkonten der Kommanditisten der GmbH & Co KG i. L. (im Folgenden: KG) gegangen. Angegriffen war die in der Einspruchsentscheidung vom 14.06.1999 erfolgte Feststellung des gewerblichen Gewinns (Gewinnanteil des Klägers: 1.037.184 DM, Gewinnanteil der X: 1.276.098 DM). In der mündlichen Verhandlung vom 05.12.2001 hatten sich die Beteiligten darauf geeinigt, dass beim Gesellschafter M.X. der Gewinnanteil um Verluste aus Sonderbetriebsvermögen über 456.607 DM sowie wegen erbrachter "Einlagen" um 100.000 DM zu mindern sei. Im Übrigen sei der begünstigte Steuersatz auf die Gewinnanteile der Kommanditisten gem. § 52 Abs. 21 Satz 4, § 16 EStG anzuwenden. Die Beteiligten erklärten den Rechtsstreit für erledigt. Am 25.01.2002 erging der entsprechend ändernde Gewinnfeststellungsbescheid 1984 u.a. an den Kläger und seine mit ihm zusammen veranlagte Ehefrau (E). Die darin für den Kläger und E getroffenen Feststellungen sind im ESt-Änderungsbescheid 1984 vom 21.03.2002, mit dem das Ehepaar weiterhin zusammenveranlagt wird, berücksichtigt.
Der erstmalige ESt-Bescheid 1984 war an den Kläger und E am 31.07.1986 ergangen. Gewinnanteile aus der KG waren darin nicht erfasst; sie waren damals mit 0 DM festgestellt gewesen. In der Folgezeit hatte der Kläger keinen ESt-Änderungsbescheid mehr erhalten. Über sein Vermögen war am 04.06.1987 das Konkurs(KO)-Verfahren eröffnet worden. Die vom FA im KO-Verfahren gegen den Kläger geltend gemachten ESt-Forderungen 1984 waren vom KO-Verwalter bestritten worden. Ihm war für den Kläger die genannte Einspruchsentscheidung vom 14.06.1999 mit Gewinnfeststellung 1984 bekanntgegeben worden. Am 23.03.2000 wurde das KO-Verfahren gegen den Kläger mangels Masse eingestellt.
Der Einspruch des Klägers vom 05.04.2002 gegen den ESt-Bescheid vom 21.03.2002 blieb erfolglos. Gegen die Einspruchsentscheidung vom 24.05.2002 hat er am 20.06.2002 Klage erhoben und vorgetragen:
Das FA sei nicht zur Änderung des ESt-Bescheids berechtigt. Es habe im Rahmen des KO-Verfahrens keinen wirksamen Titel wegen ESt 1984 erlangt; denn der KO-Verwalter habe die Steuerforderung gegen den Kläger bestritten gehabt. Nach Abschluss des KO-Verfahrens habe das FA es versäumt, rechtzeitig gem. § 171 Abs. 13 AO einen Steuerbescheid zu erlassen. Darauf habe auch der Vorsitzende des V. Senats im Klageverfahren V 210/1999 wegen Gewinnfeststellung 1984 (Termin vom 05.12.2001) hingewiesen. Nur aufgrund dieses Hinweises habe der Kläger damals der Hauptsacheerledigung zugestimmt. Sollte sich der Vergleich nachteilig für den Kläger erweisen, würde er ihn anfechten und das Verfahren wegen Gewinnfeststellung 1984 fortführen, um es mit Prozessurteil und Rechtsmittelmöglichkeit enden zu lassen.
Das FA ist der Auffassung, die Klage sei unbegründet. Zwar treffe es zu, dass die Frist des § 171 Abs. 13 AO versäumt sei; dennoch sei der ESt-Bescheid innerhalb der Festsetzungsfrist ergangen; der Grundlagenbescheid sei noch angefochten, die Festsetzungsfrist für den ESt-Bescheid als Folgebescheid damit gehemmt gewesen. Sie habe nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Bekanntgabe des Grundlagenbescheides (§ 171 Abs. 10 Satz 1 AO) geendet.
Der Kläger beantragt, den ESt-Bescheid 1984 vom 21.03.2002 sowie die Einspruchsentscheidung vom 24.05.2002 aufzuheben.
Das FA beantragt, die Klage abzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Das FA war nicht zum Erlass des ESt-Änderungsbescheids vom 21.03.2002 gegenüber dem Kläger berechtigt; die Festsetzungsfrist (§ 169 Abs. 2 Nr. 2, § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO) war bereits abgelaufen. Ihr Lauf war weder nach § 171 Abs. 13 AO noch nach § 171 Abs. 10 AO gehemmt.
Die Festsetzungsfrist war nicht ...