Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung von Lieferungen verzehrfertiger Waren zu sonstigen Leistungen
Leitsatz (amtlich)
Werden an einem Imbisstand Stehtische zur Verfügung gestellt, so liegt darin die Zur-Verfügung-Stellung einer Infrastruktur, die dazu führt, dass das Dienstleistungselement qualitativ so ins Gewicht fällt, dass insgesamt eine sonstige Leistung vorliegt, die dem Regelsteuersatz unterliegt. Ob der einzelne Kunde diese tatsächlich in Anspruch nimmt, ist irrelevant (Abgrenzung zu den Urteilen des FG Münster vom 13.11.2007 EFG 2008, S. 644 und 647).
Normenkette
UStG § 12 Abs. 1, 2 Nr. 1, § 3 Abs. 9 Sätze 4-5; Richtlinie 77/388 Art. 5 Abs. 1; 6. Richtlinie 77/388 Art. 6 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Strittig ist der Steuersatz für die Abgabe von verzehrfertigen Lebensmitteln. Der Kläger ist Metzgermeister und betreibt seit 1999 eine Metzgerei, die er von seinem Vater übernommen hat, mit einem Ladengeschäft in S und einer Filiale in M. An Markttagen stellt der Kläger auf dem Markt in M jeden Donnerstag und auf dem Wochenmarkt M jeden Dienstag, Freitag und Samstag einen Verkaufswagen auf.
In Juni 2005 fand beim Kläger eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung statt (Bericht vom 13. Oktober 2005, Blatt 17 ff der Vorheftung zur Umsatzsteuerakte). Dabei stellte die Umsatzsteuer-Sonderprüferin fest, dass sowohl in den Ladengeschäften in S und M, als auch beim Verkauf auf den Märkten vom Verkaufswagen ein Verkauf von Wurstwaren zum Verkehr an Ort und Stelle erfolgt war. Da auf den Märkten vor dem Verkaufswagen Stehtische aufgestellt waren, die mit einem großen Marktschirm vor Regen geschützt waren und an denen die Speisen und Getränke verzehrt wurden, war die Prüferin der Auffassung, dass die Umsätze zum sofortigen Verzehr an Ort und Stelle mit dem Regelsteuersatz zu versteuern seien. Wegen des Fehlens getrennter Aufzeichnungen und der nach den Angaben des Klägers vernichteten Kassenbons schätzte die Prüferin die Umsätze für die Abgabe von Fleischwurst, Wurstsuppe und Getränke zum sofortigen Verzehr an Ort und Stelle (Blatt 19, 20 der Vorheftung zur Umsatzsteuerakte).
In Auswertung des Prüfungsberichts änderte der Beklagte die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Umsatzsteuerfestsetzungen 2001 bis 2004 mit Bescheiden vom 31. Oktober 2005, da der Kläger keine entsprechenden Umsätze zum Regelsteuersatz erklärt hatte, und hob dem Vorbehalt der Nachprüfung jeweils auf. Der hiergegen eingelegte Einspruch blieb erfolglos.
Der Kläger trägt vor, er würde zwar besondere Vorrichtungen zum Verzehr an Ort und Stelle zur Verfügung stellen, diese seien aber gegenüber den verkauften Wurstwaren nur von untergeordneter Bedeutung und auch das Geschirr und Besteck würde von den Kunden selbst wieder weggeräumt. Da der Dienstleistungscharakter bei der Abgabe von Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle nur von untergeordneter Bedeutung wäre, seien die Umsätze zum ermäßigten Steuersatz zu besteuern.
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 26. September 2006 die Umsatzsteuerbescheide 2001 bis 2004 vom 31. Oktober 2005 dahin zu ändern, dass die Umsatzsteuer 2001 auf 10.934,69 €, die Umsatzsteuer 2002 auf -388,74 €, die Umsatzsteuer 2003 auf 15.453,18 € und die Umsatzsteuer 2004 auf 20.684,96 € herabgesetzt wird,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
Der Beklagte trägt vor, unter der Bezeichnung "M...er Marktfrühstück" würde die Stadt M für das Einnehmen einer typischen M...er Mahlzeit, bestehend aus "Weck, Worscht un" Woi" auf dem Wochenmarkt als Attraktion in der Region werben. Daher würde der Wochenmarkt von vielen Besuchern gezielt zur Einnahme eines solchen Frühstücks aufgesucht. Auf dem Markt seien mehrere Verkaufsstände verschiedener Metzger nebeneinander aufgestellt, an denen verschiedene Wurstwaren zum Verkauf angeboten würden. In dieser "Metzger-Reihe" würde der Kläger unter der Bezeichnung "Imbiss-Ecke" mit einer Verkaufstafel Heiße Fleischwurst, Wurstsuppe, Belegte Brötchen, Frikadellen-Brötchen, Schnitzel-Brötchen und Fleischkäse-Brötchen anbieten. Die Kunden könnten die Speisen an vor dem Verkaufswagen aufgestellten Stehtischen oder der Verzehrtheke des Verkaufswagens zu sich nehmen. Die Stehtische seien in einem unmittelbaren räumlichen Zusammenhang zum Verkaufswagen aufgestellt und es handele sich um speziell für den Verzehr an Ort und Stelle aufgestellte Vorrichtungen. Die Reinigung der Tische würde durch das Personal des Klägers regelmäßig besorgt. Neben den Tischen würden Abfallbehälter bereitstehen, in die die Kunden die verbleibenden Speisereste, Verpackungen, Servietten und Einweggeschirr entsorgen würden. Die Stehtische seien von einem großen Marktschirm vor Regen geschützt. Die Wurstsuppe würde in Keramikbechern angeboten, die zurückgegeben würden (vgl. Fotografien Blatt 16, 17 der Prozessakte). Bei der heißen Fleischwurst würde dem Kunden ein Stück erhitzte Fleischwurst auf einem klein...