Entscheidungsstichwort (Thema)
Schenkungstreuer
Tenor
I. Der Schenkungsteuerbescheid vom 31. Oktober 1997 und die Einspruchsentscheidung vom 28. April 1998 werden aufgehoben.
II. Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten zu Gunsten der Klägerin vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über eine Kettenschenkung.
Durch notariellen Vertrag vom 23. Oktober 1991 (Bl. 1 bis 5 der Schenkungsteuerakten) übertrug Frau …(M.N.) auf ihre Söhne … (H.N.) – den Ehemann der Klägerin – und … (R.N.) von ihrem Kommanditanteil an der Firma … KG in Höhe von nominell 100.000,– DM Teile in Höhe von je 40.000,– DM. Diese „soeben erworbenen” Anteile übertrugen die Söhne gemäß Ziffer II der notariellen Urkunde vom 23. Oktober 1991 auf ihre Ehefrauen. M.N. erklärte sich mit dieser Weiterübertragung auf die Schwiegertöchter „ausdrücklich einverstanden”. Für die Übertragung bzw. Weiterübertragung hatten die Söhne und auch deren Ehefrauen „vereinbarungsgemäß nichts zu erbringen”. Dazu heißt es in Ziffer II der notariellen Urkunde, bei den Weiterübertragungen auf die Ehefrauen solle es sich „nicht um Schenkungen handeln, sondern um sogenannte unbenannte Zuwendungen im Sinne der Rechtsprechung”, die beim „Zugewinnausgleich berücksichtigt und … eventuell über den § 242 des Bürgerlichen Gesetzbuches zurückgefordert werden” könnten. Überdies behielten sich die Söhne ein Rücktrittsrecht für den Fall der Scheidung oder des Vorversterbens der Ehefrauen vor.
Die Vereinbarung vom 23. Oktober 1991 wurde dem Beklagten vom Finanzamt St. Goar mit Schreiben vom 21. Januar 1997 (Bl. 7 bis 9 der Schenkungsteuerakten) mitgeteilt. Durch Schenkungsteuerbescheid vom 31. Oktober 1997 setzte er wegen dieses Vorgangs, den er als freigebige Zuwendung der M.N. unmittelbar an ihre Schwiegertöchter wertete, gegen die Klägerin unter Berücksichtigung eines Freibetrages von 10.000,– DM Schenkungsteuer von 39.400,– DM fest, wobei er den nach dem prozentualen Anteil am Einheitswert des Betriebsvermögens der Kommanditgesellschaft bemessenen Wert des steuerbaren Erwerbs mit 214.888,– DM ansetzte. Der hiergegen eingelegte Einspruch – mit dem die Klägerin geltend machte, sie habe ihren Kommanditanteil nicht von ihrer Schwiegermutter, sondern auf Grund einer unbenannten Zuwendung ihres Ehemannes erworben – blieb erfolglos.
Mit der Klage begehrt die Klägerin, die Schenkungsteuer auf 0 DM herabzusetzen. Sie meint, es handele sich bei der Vereinbarung vom 23. Oktober 1991 nicht um eine unmittelbare Zuwendung ihrer Schwiegermutter an sie – die Klägerin –, sondern um eine Kettenschenkung, da sie ihren Kommanditanteil von ihrem Ehemann erhalten habe. Entgegen der Annahme des Beklagten sei ihr Ehemann nicht lediglich eine Durchgangs- oder Mittelsperson gewesen, sondern durch eine Schenkung seiner Mutter selbst bereichert worden. Zu berücksichtigen sei dabei das vertraglich vorgesehene Rücktrittsrecht für den Fall der Scheidung und der Rückforderungsanspruch gemäß § 242 BGB. Auch liege der Weiterübertragung durch ihren Ehemann eine eigene Willensentscheidung zu Grunde, während der Schwiegermutter in Bezug auf sie – die Klägerin – ein Bereicherungswille gefehlt habe. Dass die Schwiegermutter der Weitergabe des Kommanditanteils zugestimmt habe, ändere daran nichts.
Die Klägerin beantragt,
unter Änderung des Schenkungsteuerbescheides vom 31. Oktober 1997 und der Einspruchsentscheidung vom 28. April 1998 die Schenkungsteuer auf 0 DM festzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält an der in der Einspruchsentscheidung vertretenen Auffassung fest, dass es sich nicht um eine echte Kettenschenkung, sondern um eine unmittelbare Zuwendung der Schwiegermutter an die Klägerin handele.
Die Verfahrensbeteiligten haben übereinstimmend auf mündliche Verhandlung verzichtet.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Schenkungsteuerfestsetzung.
Die notarielle Vereinbarung vom 23. Oktober 1991 ist nicht als freigebige Zuwendung (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) der Schwiegermutter an die Klägerin zu werten. Vielmehr wurde der Kommanditanteil der Klägerin von ihrem Ehemann zugewendet.
Wird ein Vermögensgegenstand unentgeltlich auf eine Person übertragen, die auf Grund der vertraglichen Abreden verpflichtet ist, das Erhaltene alsbald an einen Dritten unentgeltlich weiterzugeben, so ist der Ersterwerber im Regelfall nicht aus dem Vermögen des Übergebers bereichert. Vielmehr handelt es sich dann – da der Erstempfänger auf Grund der Weitergabeverpflichtung nur eine Durchgangs- oder Mittelsperson ohne eigene Dispositionsbefugnisse ist – um eine Zuwendung des Vermögensübergebers an den Zweiterwerber (BFH-Urteil vom 13. Oktober 1993 II R 92/91, BStBl II 1994, 128).
Die Weitergabeverpflichtung muss zwischen dem Vermögensübergeber und dem Ersterwerber nicht ausdrücklich vereinbart worden sein. Sie kann sich auch aus den Umständen ergeben, unter denen die Vermögensübergabe erfolgt, sowie aus den Zie...