Entscheidungsstichwort (Thema)

Nutzung einer Wohnung durch Eigentümer zu eigenen Wohnzwecken trotz Mitnutzung durch Nießbrauchsberechtigten

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine Nutzung zu eigenen Zwecken liegt vor, wenn der zivilrechtliche oder wirtschaftliche Eigentümer die Wohnung tatsächlich und auf Dauer bewohnt. Neben der tatsächlichen Nutzung durch den Eigentümer selbst setzt eine "Nutzung zu eigenen Wohnzwecken" weiterhin voraus, dass sich die Befugnis des Eigentümers zur Nutzung aus seinem Eigentumsrecht ableitet, denn die Nutzung aufgrund fremden Rechts steht der Annahme einer eigenen Wohnungsnutzung grundsätzlich entgegen. Aufgrund fremden Rechts nutzt der Eigentümer die Wohnung, wenn sein sich aus § 903 BGB ergebendes dingliches Nutzungsrecht auf einen Nießbraucher mit dinglicher Wirkung übertragen ist. Das Nutzungsrecht obliegt nämlich dann gemäß § 1036 BGB dem Nießbraucher.

2. Von einem Sicherungsnießbrauch und nicht von einem Vorbehaltsnießbrauch ist auszugehen, wenn das Nießbrauchsrecht zur Absicherung einer Forderung dient.

3. Das Tatbestandsmerkmal der "Nutzung zu eigenen Wohnzwecken" ist zu verneinen, wenn der Nutzungsberechtigte die aus dem Nießbrauchsrecht fließenden Rechte im Namen des Nießbrauchers und damit nicht mehr aus seinem Eigentumsrecht ausübt.

 

Normenkette

EigZulG § 4 S. 1, § 9 Abs 2 S. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 28.11.2007; Aktenzeichen IX R 27/07)

 

Tatbestand

Strittig ist, ob dem Eigentümer Eigenheimzulage auch dann zu gewähren ist, wenn die Vorbehaltsnießbraucherin durch schuldrechtlichen Vertrag auf die Ausübung ihres Nießbrauchrechtes zu Gunsten des Eigentümers verzichtet.

Durch notariellen Übergabevertrag vom 16. Februar 2000 (Bl. 6-9 Eigenheimzulageakten) erwarb der Kläger von seiner Mutter B. E., jetzt B. L. (Bl. 17 PA), das Hausgrundstück "G-Straße ..." in B im Wege der vorweggenommenen Erbfolge teilentgeltlich gegen Übernahme der der Grundschuld zu Grunde liegende Forderung bis zu einem Betrag von maximal 200.000 DM (§ 1 des notariellen Übergabevertrages; Bl. 7 Eigenheimzulageakten) zurück. Zugleich behielt sich die Mutter ein lebenslängliches, unentgeltliches Nießbrauchsrecht an dem Vertragsobjekt vor und verpflichtete sich, auch die außergewöhnlichen Ausbesserungen und Erneuerungen auf ihre Kosten vorzunehmen und sämtliche mit dem Grundbesitz im Zusammenhang stehenden Ausgaben einschließlich größerer Instandhaltungsaufwendungen sowie sämtliche auf dem Vertragsgegenstand ruhenden öffentlichen Lasten zu tragen, allerdings nur für den Fall, dass sie tatsächlich das Nießbrauchsrecht ausübt (§ 4 des notariellen Übergabevertrages; Bl. 7/8 Eigenheimzulageakten). Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den notariellen Übergabevertrag verwiesen.

Am 20. Februar 2000 schloss der Kläger mit seiner Mutter einen formlosen Vertrag mit folgendem Inhalt (Bl. 11 Eigenheimzulageakten):

"§ 1

Frau E hat sich mit not. Übergabevertrag vom 16.02.2000 ein unentgeltliches lebenslanges Nießbrauchsrecht an dem Grundstück (Einfamilienhaus) G-Straße ..., B vorbehalten.

§ 2

Frau E verzichtet auf die Ausübung ihres Nießbrauchrechtes zu Gunsten ihres Sohnes J. O. E. (der Kläger, Anm. d. Neutralisierenden).

§ 3

Herr E, der das Objekt bereits nutzt, nimmt die Zuwendung an. Er verpflichtet sich alle Kosten und Zins- und Tilgungsleistungen für das Grundstück zu übernehmen.

§ 4

Die vorstehende Vereinbarung gilt zunächst für fünf Jahre und verlängert sich jeweils um ein Jahr, wenn sie nicht 6 Monate vor Ablauf gekündigt wird. …" (Zitat).

Für das zurück erworbene Hausgrundstück stellte der Kläger am 29. Oktober 2002 beim Beklagten einen Antrag auf Eigenheimzulage ab dem Jahr 2000 (Bl. 1-3 Eigenheimzulageakten) und gab an, dass die grundpfandrechtlich gesicherte Forderung im Zeitpunkt des Rückerwerbs 187.333,25 DM betrug (Bl. 3 Eigenheimzulageakten). Zum Nachweis hierfür legte er eine Kontostandsmitteilung zum 31.12.2002 der D Bank vor (Bl. 5 Eigenheimzulageakten); danach belief sich das Kapital einschließlich Zinsen bis zum Vorjahresende auf 95.781,97 € (= 187.333,25 DM). Außerdem reichte er zwei Kontoauszüge der D Bank zu den Akten (Bl. 4 Eigenheimzulageakten). Hieraus geht hervor, dass der Kläger auf das Baufinanzierungsdarlehen seiner Mutter im September 2001 1.112,88 DM und im Mai 2002 569,-- € überwiesen hatte. Durch Bescheid vom 26. Februar 2003 (Bl. 14-16 Eigenheimzulageakten) lehnte der Beklagte die Festsetzung der Eigenheimzulage für 2000 mit dem Argument ab, der Verzicht auf den eingeräumten Vorbehaltsnießbrauch könne nur durch eine notarielle Veraktung erfolgen.

Gegen den Ablehnungsbescheid erhob der Kläger am 24. März 2003 Einspruch und wandte unter Berufung auf die Rundverfügung der Oberfinanzdirektion Koblenz vom 22. November 1999 (Bl. 4-5 Rb-A) ein, die Nutzung des Einfamilienhauses erfolge als bürgerlich-rechtlicher Eigentümer aufgrund eigener Rechtsposition, da der Nießbrauch lediglich zu Sicherungszwecken bestellt worden sei. Parallel zum Einspruchsverfahren stellte er außerdem einen Antrag auf Erte...

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