Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeldberechtigung für Enkelkind
Leitsatz (amtlich)
Zur Kindergeldberechtigung von Großeltern, die das Enkelkind während des Studiums der Kindesmutter betreuen.
Normenkette
EStG § 63 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, § 64 Abs. 2 S. 1
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Festsetzung von Kindergeld.
Im April 2013 beantrage der Kläger die Bewilligung von Kindergeld für seine drei leiblichen Kinder C, L und N sowie für sein am 30.03.2013 geborenes Enkelkind M bei der damaligen Oberfinanzdirektion. Er gab an, dass M die Tochter seiner eigenen Tochter C (geb.: 18.12.1989) und des "Ch" sei, welcher unbekannten Aufenthalts sei. Seine drei eigenen Kinder sowie sein Enkelkind lebten in seinem Haushalt. Mit der Zahlung des Kindergeldes an den Kläger erklärten sich die Tochter des Klägers ("C") sowie die Ehefrau des Klägers (A. K.) durch ihre Unterschriften einverstanden.
Im Schreiben vom 20.04.2015 informierte der Kläger - wie bereits telefonisch mitgeteilt - die Behörde darüber, dass seine Tochter C zusammen mit seiner Enkeltochter M Anfang Mai eine eigene Wohnung beziehen werde. M werde bei ihnen - dem Kläger und seiner Frau - ein Zimmer behalten, regelmäßig bei ihnen übernachten und von ihnen betreut werden. Dadurch könnten sie ihre alleinstehende und studierende Tochter C bei der Erziehung unterstützen. Seines Erachtens werde diese Unterstützung über das übliche Maß dessen hinausgehen, was "normale" Großeltern gegenüber ihrem Enkelkind erbrächten. Daher könne davon ausgegangen werden, dass M auch weiterhin zu ihrem Haushalt gehöre. Es werde um Prüfung gebeten, ob das Kindergeld für M auch weiterhin an ihn - den Kläger - ausgezahlt werden könne.
Mit Bescheid vom 12. Mai 2015 hob die Landesfamilienkasse gegenüber dem Kläger die "bisher maßgebliche" Festsetzung des Kindergeldes für das Enkelkind M mit Wirkung ab dem 01.06.2015 nach § 70 Abs. 2 EStG auf. Das Kindergeld stehe ihm ab diesem Zeitpunkt nicht mehr zu, weil das Enkelkind nicht mehr zu seinem Haushalt gehöre.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 15.06.2016 Einspruch ein.
Zur Begründung führte er aus, dass seine Tochter C zusammen mit der Enkeltochter M eine gemeinsame Wohnung in M bezogen habe; Umzugstermin sei der 09./10. Mai 2015 gewesen. Seine Tochter sei alleinerziehend und studiere derzeit an der Universität K. Um dies zu bewältigen zu können, werde sie von ihnen - dem Kläger und seiner Ehefrau - bei der Betreuung und Erziehung von M auch weiterhin umfangreich unterstützt. Dabei gehe diese Unterstützung weit über bloße Besuche hinaus, so dass M sowohl zum Haushalt seiner Tochter C als auch (weiterhin) zu seinem Haushalt zugehörig anzusehen sei. Exemplarisch stelle sich der übliche Wochenablauf wie folgt dar, wobei M an den Wochentagen in der Zeit von ca. 8 bis 14 Uhr den Kindergarten besuche:
So |
Betreuung ab nachmittags und Übernachtung bei dem Kläger und seiner Ehefrau |
Mo |
Betreuung und Übernachtung bei seiner Tochter |
Di |
Betreuung bis abends bei dem Kläger und seiner Ehefrau, Übernachtung meist bei seiner Tochter |
Mi |
Betreuung und Übernachtung bei dem Kläger und seiner Ehefrau |
Do |
Betreuung bis abends, Übernachtung bei seiner Tochter |
Fr |
Betreuung und Übernachtung bei seiner Tochter |
Sa |
wechselseitige Betreuung und Übernachtung |
Darüber hinaus halte sich seine Tochter C zusammen mit M auch weiterhin häufig bei ihm und seiner Ehefrau auf. Diese Aufstellung sei nicht fixiert und solle nur beispielhaft den normalen Wochenablauf darstellen. So sei es beispielsweise letzten Monat so gewesen, dass sie - der Kläger und seine Ehefrau - die Betreuung an einem Wochenende von Donnerstag bis Montag komplett übernommen gehabt hätten. Die besondere Situation verlange naturgemäß eine hohe Flexibilität sowohl von ihnen als auch von seiner Tochter C. M habe sowohl bei ihnen als auch bei seiner Tochter C ein eigens eingerichtetes Zimmer. Wenn sich M bei ihnen aufhalte, werde sie von ihnen verpflegt, betreut, getröstet, erzogen, gewaschen, gebadet, gewickelt, zum Turnen gefahren, mit ihr gespielt und vieles mehr; sie kümmerten sich umfassend um ihr Enkelkind.
Nach der Rechtsprechung sei unter Haushaltsaufnahme die Aufnahme in die Familiengemeinschaft mit einem dort begründeten Betreuungs- und Erziehungsverhältnis familienhafter Art zu verstehen. Sie setze ein örtlich gebundenes Zusammenleben von Kind und Berechtigtem in einer gemeinsamen Familienwohnung voraus. Daneben müssten Voraussetzungen materieller Art (Versorgung, Unterhaltsgewährung) und immaterieller Art (Fürsorge, Betreuung) erfüllt sein. Nach dem BFH-Urteil vom 20. Juni 2001 (- VI R 224/98 -) gehöre ein Kind dann zum Haushalt eines Berechtigten, wenn es dort wohne, versorgt und betreut werde, so dass es sich in dessen Obhut befinde. Alle diese Voraussetzungen würden - wie dargelegt - sowohl auf sie (den Kläger und seine Ehefrau) als auch auf seine Tochter C zutreffen, so dass von einer doppelten Haushaltszugehörigkeit auszugehen sei. Für diesen Fall habe das sächsische FG mit Urteil vom 24. November 200...