Prof. Dr. Georg Schnitter
Rz. 7
Der abgerundete Gewerbeertrag ist bei natürlichen Personen und Personengesellschaften nach § 11 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 GewStG um einen Freibetrag i. H.v. 24.500 EUR zu kürzen. Der Freibetrag darf höchstens in Höhe des abgerundeten Gewerbeertrags beansprucht werden. Durch die Gewährung des Freibetrags kann sich kein Gewerbeverlust ergeben. Der Freibetrag nach § 11 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 GewStG ist auch dann in voller Höhe zu gewähren, wenn nach § 11 Abs. 3 GewStG die ermäßigte Steuermesszahl anzuwenden ist.
Rz. 8
Der Freibetrag nach § 11 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 GewStG steht nur natürlichen Personen und Personengesellschaften – einschließlich gewerblich geprägter Personengesellschaften – zu, nicht dagegen Körperschaften. Dies gilt auch dann, wenn es sich bei der Körperschaft um eine KGaA handelt. Die sich daraus ergebende Benachteiligung von Körperschaften gegenüber natürlichen Personen und Personengesellschaften ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Freibetrag ist ein Ausgleich dafür, dass der Unternehmerlohn bei Personenunternehmen – anders als bei Körperschaften – zum gewerblichen Gewinn gehört und daher der GewSt unterliegt. Allerdings erscheint – selbst bei typisierender Betrachtung – ein jährlicher Betrag von 24.500 EUR für einen Unternehmerlohn unter Berücksichtigung der heutigen Verhältnisse als zu gering.
Rz. 9
Der Freibetrag nach § 11 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 GewStG ist betriebsbezogen. Gewährt wird er für jeden eigenständigen Gewerbebetrieb, der von einer natürlichen Person betrieben wird, bzw. für den Gewerbebetrieb einer Personengesellschaft. Der Freibetrag bezieht sich dagegen nicht auf den oder die Inhaber des Gewerbebetriebs.
Rz. 10
Eine natürliche Person kann einen oder mehrere Gewerbebetriebe haben. Unterhält eine natürliche Person mehrere selbstständige Gewerbebetriebe, steht ihr für jeden einzelnen Gewerbebetrieb der Freibetrag von 24.500 EUR zu. Ist ein einheitlicher Gewerbebetrieb gegeben, kann der Freibetrag insgesamt nur einmal in Anspruch genommen werden. Ob bei mehreren gewerblichen Betätigungen jeweils selbstständige Betriebe vorliegen oder die Betätigungen nur Teil eines einheitlichen Betriebs sind, ist jeweils eine Frage des Einzelfalls. Für die Unterscheidung zwischen einem einheitlichen Betrieb und mehreren selbstständigen Betrieben kommt der Gleichartigkeit bzw. Ungleichartigkeit der Betätigungen wesentliche Bedeutung zu. Dabei ist jedoch nicht von einer strikten Zweiteilung in gleichartige bzw. ungleichartige Betätigungen auszugehen. Vielmehr steigt das notwendige Maß des für eine Zusammenfassung der Betätigungen erforderlichen wirtschaftlichen, organisatorischen und finanziellen Zusammenhangs in Abhängigkeit vom zunehmenden Grad der Verschiedenartigkeit der jeweiligen Betätigungen.
Rz. 10a
Bei Personengesellschaften ist für die Inanspruchnahme des Freibetrags nach § 11 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 GewStG nur der Gewerbebetrieb, nicht aber die Zahl der Gesellschafter maßgebend. Auch kommt es nicht darauf an, ob es sich bei den Gesellschaftern um natürliche oder um juristische Personen handelt. Daher ist der Freibetrag auch dann zu gewähren, wenn Gesellschafter der Personengesellschaft nur juristische Personen sind. Eine einschränkende Auslegung von § 11 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 GewStG vor dem Hintergrund von dessen Sinn und Zweck kommt insoweit nicht in Betracht. Der Gesetzgeber hat vom Regelfall der Gewährung eines fiktiven Unternehmerlohns abweichende Gestaltungen bewusst in Kauf genommen. Allerdings ist der Freibetrag bei Personengesellschaften unabhängig von der Zahl der Gesellschafter nur einmal zu gewähren, da Personengesellschaften nach § 2 Abs. 1 S. 2 GewStG i. V. m. § 15 Abs. 3 EStG zeitgleich immer nur einen Gewerbebetrieb betreiben. Ist ein Gesellschafter an mehreren Personengesellschaften beteiligt, kann jede dieser Personengesellschaften einen eigenständigen Gewerbebetrieb unterhalten. Dies gilt auch für personenidentische Personengesellschaften.
Rz. 11
Besteht am gesamten Handelsgewerbe einer Personengesellschaft eine atypisch stille Gesellschaft, liegen 2 Gewerbebetriebe vor. Damit ist aufgrund der Betriebsbezogenheit des Freibetrags von 24.500 EUR dieser sowohl der atypisch stillen Gesellschaft als auch der Personengesellschaft zu gewähren. Ebenfalls 2 Gewerbebetriebe liegen vor bei Bestehen einer atypisch stillen Gesellschaft am gesamten Handelsgewerbe einer Kapitalgesellschaft. Der atypisch stillen Gesellschaft ist der Freibetrag von 24.500 EUR zu gewähren. Der Kapitalgesellschaft selbst steht der Freibetrag nicht zu. Dies hat auch zur Folge, dass der aufgrund des von ihr vor der Aufnahme des stillen Gesellschafters erzielten Gewinns ermittelte Gewerbeertrag nicht zu kürzen ist. Besteht die atypisch stille Gesellschaft am gesamten Handelsgewerbe eines Einzelunternehmens, liegt ein Gewerbebetrieb nur hinsichtlich der atypisch stillen Gesellschaft vor. Der Einzelunternehmer ist nur noch Mitunternehmer der atypisch stillen ...