Rz. 68
Nach Ansicht u. a. der Finanzverwaltung sind in der steuerlichen Schlussbilanz über § 5 Abs. 2 EStG hinaus (s. a. Rz. 62 f.) auch die übrigen steuerlichen Aktivierungs- und Passivierungsverbote bzw. -beschränkungen suspendiert, wenn das übergehende Vermögen mit dem gemeinen Wert (oder einem Zwischenwert) angesetzt wird. Demnach sind insbes. die "regulär" von § 5 Abs. 2a–4a EStG betroffenen Verbindlichkeiten und Rückstellungen (z. B. für Dienstjubiläen oder Drohverluste) mit ihren wirtschaftlichen (gemeinen) Werten zu passivieren, d. h. unter Ausweis der stillen Lasten und ohne Begrenzung etwa durch § 6 Abs. 1 Nr. 3, 3a EStG.
Nach a. A. gelten die Ansatzverbote/-beschränkungen auch für die steuerliche Schlussbilanz; die stillen Lasten fließen stattdessen mindernd in den Firmenwert (als Residualgröße (Rz. 63)) ein bzw. können – falls kein solcher besteht oder die Residualgröße negativ ist – durch einen passiven Ausgleichsposten (oder "badwill") abgebildet werden (s. a. Rz. 85). Auf Basis des Rechtsverständnisses, dass die Verschmelzung ein (tauschähnlicher) Veräußerungs- und Anschaffungsvorgang ist (Rz. 4f.), ist m. E. der Verwaltungsauffassung zuzustimmen.
Rz. 69
Weitgehend unbestritten ist § 4f Abs. 1 EStG dem Grunde nach auch auf Verschmelzungen von Körperschaften anzuwenden. Umstritten ist, ob die sich aus der Aufdeckung der stillen Lasten (Rz. 68) grds. ergebende 15jährige Aufwandsverteilung durch § 4f Abs. 1 S. 3 EStG suspendiert ist (mit der Folge, dass dann die stillen Lasten den Übertragungsgewinn in voller Höhe und nicht nur i. H. v. 1/15 mindern). Die Finanzverwaltung hat sich nunmehr – wohl in Einklang mit der Gesetzesbegründung – gegen die Anwendbarkeit des S. 3 auf Verschmelzungen ausgesprochen. In der Folge geht der Aufwandsverteilungsbetrag gem. § 4f Abs. 1 S. 7 EStG auf die übernehmende Körperschaft über. M. E. ist entgegen der Verwaltungsauffassung S. 3 anwendbar, da die Verschmelzung zutreffend (und insbes. nach Verwaltungsauffassung) ein Veräußerungsvorgang ist (Rz. 4), und zwar zwangsläufig in Bezug auf einen ganzen Betrieb. Dies kann wegen §§ 12 Abs. 3, 4 Abs. 2 S. 2 UmwStG aber auch nachteilig für den Stpfl. sein, wenn sich die stillen Lasten nicht voll steuermindernd bei der übertragenden Körperschaft auswirken (s. a. Rz. 171). Zur Anwendung von § 5 Abs. 7 EStG bei der übernehmenden Körperschaft § 12 UmwStG Rz. 16a.
Rz. 70
Pensionsrückstellungen sind nach § 11 Abs. 1 S. 2 UmwStG auch in der steuerlichen Schlussbilanz mit dem Teilwert nach § 6a EStG anzusetzen. Somit dürfen die darin regelmäßig ruhenden stillen Lasten – der gemeine Wert der Pensionsverpflichtungen wird in aller Regel über dem Wert nach § 6a EStG liegen – qua gesetzlicher Sonderregelung nicht aufgedeckt werden. Sie dürfen auch nicht indirekt bei der Bewertung der übergehenden Sachgesamtheit berücksichtigt werden, was dazu führt, dass das in der steuerlichen Schlussbilanz anzusetzende Vermögen überbewertet ist, namentlich i. H. d. Differenz zwischen dem gemeinen Wert der Pensionsverpflichtungen und deren § 6a EStG-Wert über dem wahren Unternehmenswert liegt (strittig, weiter Rz. 82).
Mangels Aufdeckung stiller Lasten sind §§ 4f, 5 Abs. 7 EStG in Bezug auf Pensionsrückstellungen nicht anwendbar.