Prof. Dr. Gerrit Frotscher
Rz. 122
Nach § 50 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 Buchst. b EStGkönnen beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer, die Angehörige der EU- bzw. EWR-Staaten sind, die Veranlagung zur ESt beantragen und damit die Abgeltungswirkung der abgezogenen LSt ausschließen.
Rz. 123, 124 einstweilen frei
Rz. 125
Die Antragsveranlagung gilt für beschr. stpfl. Arbeitnehmer mit Einkünften nach § 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG (§ 49 EStG Rz. 236ff.). Dabei genügt das Beziehen von Einkünften nach einem der Unter-Tatbestände des § 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG; die Höhe dieser Einkünfte ist ohne Bedeutung. Voraussetzung ist, dass der Arbeitnehmer beschr. stpfl. ist, also seinen Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hat, und dass er Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit, die im Inland ausgeübt oder verwertet wird oder worden ist, oder Einkünfte aus inländischen öffentlichen Kassen bezogen hat. Trotz Wohnsitzes und gewöhnlichen Aufenthalts im Ausland ist die Regelung nicht anwendbar, wenn aufgrund des § 1 EStG, insbes. des § 1 Abs. 3 EStG, unbeschränkte Steuerpflicht besteht ("Grenzpendler").
Rz. 126
Weitere Voraussetzung ist nach § 50 Abs. 2 S. 7 EStG, dass der Arbeitnehmer Angehöriger eines Mitgliedstaats der EU (einschließlich deutscher Staatsangehöriger) oder des EWR (Island, Liechtenstein, Norwegen) ist. Es ist nicht Voraussetzung, dass diese Staatsangehörigkeit die einzige ist. Begünstigt sind auch Arbeitnehmer mit Doppelstaatsangehörigkeit, wenn nur eine der Staatsangehörigkeiten zu den begünstigten zählt.
Rz. 127
Weiter muss dieser Staatsangehörige seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats der EU oder des EWR haben. Es ist nicht erforderlich, dass er seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in demjenigen Staat hat, dessen Staatsangehöriger er ist. Begünstigt sind auch Staatsangehörige eines Mitgliedstaats der EU, die ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt in einem Staat des EWR haben, und umgekehrt. Außerdem ist nicht Voraussetzung, dass der Arbeitnehmer auch in einem dieser Staaten nach dem einschlägigen DBA ansässig ist. Es genügt daher, dass er in einem EU- oder EWR-Staat seinen gewöhnlichen Aufenthalt oder einen von mehreren Wohnsitzen hat, auch wenn er wegen seines Familienwohnsitzes nach dem für ihn geltenden DBA in einem Drittstaat ansässig ist.
Rz. 128
Nicht begünstigt sind danach Arbeitnehmer, die nicht Angehörige eines Mitgliedstaats der EU oder des EWR sind, auch wenn sie ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt in einem dieser Staaten haben. Ebenfalls nicht begünstigt sind Angehörige eines Mitgliedstaats der EU oder des EWR, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem Drittstaat haben (z. B. ein dänischer Staatsangehöriger hat seinen Wohnsitz in Serbien und arbeitet in der Bundesrepublik). Das gilt auch, soweit der Stpfl. die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt.
Rz. 129
Rechtsfolge ist, dass die genannten Arbeitnehmer die Durchführung einer Veranlagung zur ESt beantragen und damit die Abgeltungswirkung des Quellensteuerabzugs ausschließen können. Für den Antrag auf Veranlagung gilt § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG (§ 46 EStG Rz. 55ff.). In die Veranlagung sind nur diejenigen Einkünfte einzubeziehen, die unter § 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG fallen. Für andere Einkünfte des beschr. stpfl. Arbeitnehmers bleibt die Abgeltungswirkung bestehen, z. B. für Kapitaleinkünfte, die der KapESt unterliegen. Das ergibt sich aus dem Wortlaut des Abs. 2 S. 2 Nr. 4, wonach die Abgeltungswirkung nur für Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit ausgeschlossen ist, nicht für andere Einkunftsarten. Hat der Stpfl. jedoch andere Einkünfte, für die keine Abgeltungswirkung eintritt, sind diese Einkünfte in die Veranlagung der Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit einzubeziehen. Für einen Vz ist nur eine einheitliche Veranlagung möglich. Dadurch erfolgt ein Verlustausgleich und –abzug.
Rz. 130
Einkünfte des beschr. Stpfl., die nicht der deutschen ESt oder nur einem Steuerabzug mit Abgeltungswirkung im Inland unterliegen, sind nach § 32b Abs. 1 S. 1 Nr. 5 EStG bei der Veranlagung im Wege des Progressionsvorbehalts einzubeziehen (§ 32b EStG Rz. 48). Abweichend von den sonstigen Fällen der beschr. Stpfl. ist bei der Veranlagung von beschr. stpfl. Arbeitnehmern der Progressionsvorbehalt zu berücksichtigen.