Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfassungswidrigkeit des § 18 Abs. 3 S. 4 UmwStG
Leitsatz (redaktionell)
- § 18 Abs. 3 S. 4 UmwStG in der Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung des Unternehmer Steuerrechts ist verfassungsgemäß.
- Eine unechte Rückwirkung liegt vor, wenn eine Norm den Eintritt ihrer Rechtsfolgen von Gegebenheiten aus der Zeit vor ihrer Verkündung abhängig macht und damit auf in der Vergangenheit begründete und man nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen einwirkt.
- Als nicht abgeschlossen gelten Sachverhalte, in denen der Steuerpflichtige Vermögensdispositionen zwar vor Verkündung des Gesetzes getroffen hat die Steuer aber erst nach Verkündung des Gesetzes mit Ablauf des Jahres entstanden ist.
- Ein schutzwürdiges Vertrauen darauf, dass ein Steuerpflichtiger durch Umwandlung einer GmbH in eine Personengesellschaft in den Genuss der sog. pauschalierten Gewerbesteueranrechnung kommt und der Gesetzgeber auf die durch die Einführung des § 35 EStG entstandene Regelungslücke nicht reagiert, bestand nicht.
- Der Umstand, dass § 18 Abs. 4 S. 3 UmwStG erst aufgrund einer sog. Formulierungshilfe des Bundesministeriums der Finanzen durch den Vermittlungsausschuss ergänzt worden ist, führt nicht zu dazu, dass die Norm formell verfassungswidrig ist.
Normenkette
UmwStG § 18 Abs. 4 S. 3, Abs. 3 S. 4; EStG § 35 Abs. 2
Streitjahr(e)
2001
Nachgehend
Tatbestand
Die Kläger waren im Streitjahr Kommanditisten der B. und E. GmbH & Co. KG mit Sitz in D., welche durch Umwandlung zum 31.12.2000 gemäß notariellem Vertrag vom 10. Mai. 2001 aus der B. und E. GmbH entstanden war. Komplementär ohne Festkapitalanteil war die B & E Verwaltungs- GmbH mit Sitz in D.
Mit notariellem Kaufvertrag vom 21. Juni 2001 verkauften die Kläger ihre Anteile an der B. und E. GmbH & Co. KG mit Wirkung zum 30. Juni 2001 an die X Beteiligungs- GmbH mit Sitz in W.
Mit notariellem Verschmelzungsvertrag vom 29. August 2002 wurde die B. und E. GmbH & Co. KG auf die Y GmbH & Co. KG mit Sitz in W rückwirkend zum 01.01.2002 verschmolzen.
Mit Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung 2001 für die B und E. GmbH & Co. KG vom 17.05.2004 wurde zunächst ein auf den Veräußerungsgewinn entfallender Gewerbesteuer-Messbetrag in Höhe von DM 253.370 bei sämtlichen Gesellschaftern berücksichtigt. Mit geändertem Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung 2001 vom 19.08.2004 wurde ein Gewerbesteuer-Messbetrag in Höhe von DM 196.140 bei den Klägern berücksichtigt.
Mit Änderungsbescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung 2001 vom 14.10.2004 wurde ein entsprechender Gewerbesteuer-Messbetrag nicht mehr berücksichtigt. Sämtliche Bescheide ergingen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der auf den Veräußerungsgewinn entfallende Gewerbesteuer-Messbetrag gemäß § 18 Abs. 4 UmwStG bei der Ermäßigung der Einkommensteuer nach § 35 EStG nicht zu berücksichtigen sei.
Der hiergegen eingelegte Einspruch der Kläger wurde mit Einspruchsentscheidung vom 06.05.2005 als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung führte der Beklagte aus, dass er gemäß § 18 Abs. 4 S. 3 UmwStG und dem dazu ergangenen BMF-Schreiben vom 15.05.2002 in seiner Entscheidung gebunden sei, und eine Ermäßigung gemäß § 35 EStG in den Fällen der Umwandlung und anschließenden Veräußerung innerhalb von fünf Jahren nicht zu gewähren sei.
Hiergegen erhoben die Kläger mit am 13. Mai 2005 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz ihres Bevollmächtigten Klage.
Die Kläger sind der Ansicht, dass § 18 Abs. 4 Satz 3 UmwStG bereits zeitlich nicht auf den von ihnen erzielten Veräußerungsgewinn anwendbar sei. Nach Art. 12 Abs. 1 des Gesetzes zur Fortentwicklung des Unternehmersteuerrechts – UntStFG – sei § 18 Abs. 4 Satz 3 UmwStG erst am Tag seiner Verkündung, also am 25. Dezember 2001 in Kraft getreten. Die Kläger hätten hingegen ihre Anteile bereits mit notariellem Vertrag vom 21.06.2001 mit Wirkung zum 30.06.2001 veräußert, also zeitlich vor dem Inkrafttreten des § 18 Abs. 4 UmwStG. Eine zeitliche Rückwirkung sei hingegen nur möglich, wenn ein solcher rückwirkender Geltungswille eindeutig zum Ausdruck gekommen sei, woran es vorliegend fehle. Darüber hinaus sei die Anwendung des § 18 Abs. 4 Satz 3 UmwStG auch nicht durch den Grundsatz der Abschnittsbesteuerung gegeben. Vielmehr sei das Gesetz anzuwenden, welches zum Zeitpunkt der Entstehung des Steuertatbestandes in Geltung gewesen sei.
Unabhängig davon sei der § 18 Abs. 4 Satz 3 UmwStG im Wege der verfassungskonformen Auslegung dahingehend einzuschränken, dass die Neuregelung nicht auf steuerpflichtige Vorgänge anwendbar sei, die bereits mit Inkrafttreten am 25. Dezember 2001 abgeschlossen gewesen seien. So hätten die Kläger zum Zeitpunkt des Abschlusses des notariellen Kaufvertrages vom 21. Juni 2001 auf die...