Entscheidungsstichwort (Thema)
Wert einer vom Arbeitgeber ausgegebenen Vermögensbeteiligung
Leitsatz (redaktionell)
- Zur Bestimmung des Wertes einer Vermögensbeteiligung in Form von vom Arbeitgeber ausgegebenen Aktien ist abweichend von dem für Sachbezüge nach § 8 Abs. 2 S. 1 EStG regelmäßig einzusetzenden üblichen Endpreis am Abgabeort gemäß § 19a Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 3 Nr. 1 und Abs. 8 EStG der gemeine Wert der Anteile anzusetzen.
- Der gemeine Wert von noch nicht börsennotierten Aktien ist gemäß § 11 Abs. 2 BewG grundsätzlich aus Verkäufen im gewöhnlichen Geschäftsverkehr abzuleiten, die weniger als ein Jahr zurückliegen; erst wenn sich aufgrund dieser vorrangig durchzuführenden Wertermittlung der gemeine Wert der Aktien nicht feststellen lässt, ist der gemeine Wert unter Berücksichtigung des Vermögens und der Ertragsaussichten der Kapitalgesellschaft zu schätzen.
- Veräußerungspreise, die von ungewöhnlichen oder persönlichen Verhältnissen beeinflusst sind, können für die Anteilsbewertung nicht zu Grunde gelegt werden. Dabei ist jedoch nicht schon dann von ungewöhnlichen Verhältnissen auszugehen, wenn der Nennwert der umgesetzten Anteile im Verhältnis zum Grundkapital der Gesellschaft sehr gering ist.
Normenkette
EStG § 8 Abs. 2 S. 1; BewG § 9 Abs. 2 S. 1; EStG § 19 Abs. 1 Nr. 1, § 19a Abs. 8 S. 1
Streitjahr(e)
1999
Nachgehend
Tatbestand
Die Kläger sind verheiratet und wurden für das Streitjahr erklärungsgemäß mit Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit und Vermietung und Verpachtung zusammen mit Einkommensteuerbescheid für 1999 vom 22.02.2001 zur Einkommensteuer veranlagt.
Aufgrund von Feststellungen der Steuerfahndungsstelle des Beklagten wurde der Einkommensteuerbescheid 1999 mit Änderungsbescheid vom 31.05.2005 gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung – AO – insoweit geändert, als sich die Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit des Klägers zu 1. um DM 3.485.522,-- auf DM 3.636.793,-- erhöhten.
Die Änderung erfolgte aufgrund der Annahme des verbilligten Sachbezuges des Klägers zu 1. gemäß § 19a Abs. 1 Einkommensteuergesetz – EStG – im Rahmen seines Dienstverhältnisses in Form von Kapitalbeteiligungen an dem Arbeitgeber des Klägers zu 1. der A. Aktiengesellschaft (jetzt A. AG).
Mit Aktienkauf- und Abtretungsvertrag vom 25.02.1999 erwarb der Kläger zu 1. 385 Aktien (1,5 % des Grundkapitals von 128.235 DM, Nennwert je Aktie DM 5,--) der A. AG von Frau B. zum Kaufpreis von DM 330.000,--. Dem Kaufpreis der Aktien lag eine Bewertung der A. AG in Höhe von DM 22 Mio. zugrunde. Die Abtretung erfolgte mit Wirkung zum 28.02.1999, gleichzeitig wurde der Kläger zu 1. Arbeitnehmer der A. AG.
Mit Mandatsvereinbarung vom 22.04.1999 zwischen der A. AG und der C.-Bank AG wurde Letztere als Emissionsberater und alleiniger Konsortialführer und Bookrunner für die öffentliche Erstplazierung beauftragt. Geplant war eine öffentliche Erstplazierung eines durch eine Kapitalerhöhung um ca. 35 % erweiterten Grundkapitals auf der Grundlage eines Bookbuildingverfahrens über ein Bankenkonsortium am Kapitalmarkt und die Zulassung des Handels des gesamten Grundkapitals der Gesellschaft an der Frankfurter Wertpapierbörse zum Handel im Geregelten Markt mit Notierung im Neuen Markt. Die Vertragspartner gingen dabei von einem fiktiven Eigenkapitalwert der Gesellschaft bei Börsennotierung vor der Durchführung der geplanten Kapitalerhöhung in Höhe von ca. DM 130 Mio. bis DM 180 Mio. aus.
Am 30. April 1999 beschloss die Hauptversammlung der A AG u. a. eine Kapitalerhöhung des Grundkapitals um DM 18.190,-- auf DM 146.425,-- durch Ausgabe von 3.638 neuen Inhaberaktien im Nennwert von DM 5,--. Der Kläger zu 1. wurde zur Zeichnung von 354 Aktien im Nennwert von insgesamt DM 1.770,-- zzgl. eines Agios in Höhe von insgesamt DM 361.377,36 mithin insgesamt DM 363.147,36 (354 Aktien á DM 5,-- Nennwert zuzüglich DM 1.020,84 Agio = DM 1.025,84) zugelassen, wobei der Vorstand u. a. gleichzeitig ermächtigt wurde innerhalb einer Frist von 18 Monaten die neuen Aktien von den Zeichnungsberechtigten zu dem Betrag zurück zu erwerben, den der Zeichnungsberechtigte für den Erwerb aufgewendet hatte. Gleichzeitig wurden Verkaufsbeschränkungen für den Fall des Ausscheidens der Zeichnungsberechtigten beschlossen, die mit Beschluss der Hauptversammlung vom 3. Juni 1999 in Bezug auf den Kläger zu 1. modifiziert worden sind. Mit Zeichnungsschein vom 30.04.1999 zeichnete und übernahm der Kläger zu 1. entsprechend seinem Zeichnungsrecht die neuen Aktien.
Mit außerordentlicher Hauptversammlung vom 03.06.1999 wurde u. a. die Umstellung des Grundkapitals von DM auf Euro, eine weitere Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln auf € 146.425,--, eine Umstellung auf nennwertlose Stückaktien im Wert von € 5,-- (29.285 Stückaktien), eine Neueinteilung des Grundkapitals in 146.425 Stückaktien mit einem rechnerischen Anteil von € 1,-- und eine weitere Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln um € 1.653.575,-- auf € 1.800.000,-...