Rz. 20
Ähnlich wie in Abs. 1 gibt Abs. 1a dem Unfallversicherungsträger die Möglichkeit, beim Unternehmer, der Schwarzarbeit erbringt, für Aufwendungen anlässlich eingetretener Versicherungsfälle der gesetzlichen Unfallversicherung Regress zu nehmen. Der Regress ist auf den Unfallversicherungsträger beschränkt, der Höhe nach aber nicht begrenzt. Der Anspruch ist zivilrechtlicher Natur und muss vor den Zivilgerichten geltend gemacht werden. Auch beim Regressanspruch des Abs. 1a geht es nicht um die für den Versicherten erbrachten Leistungen, sondern um den Ersatz des Schadens, der dem Unfallversicherungsträger durch die Notwendigkeit der Leistungserbringung entstanden ist. Der Regress nach Abs. 1a ist nicht anders zu behandeln als der nach Abs. 1. Dafür spricht die systematische Einordnung in die Vorschrift, die den möglichen Verzicht durch den Versicherungsträger sowohl für den Anspruch nach Abs. 1 wie auch nach Abs. 1a erst in Abs. 2 ausspricht und somit offensichtlich einen Gleichklang beider Ansprüche festschreiben will (BT-Drs. 15/2573 S. 32; in diesem Sinne auch Hauck/Kranig, SGB VII, § 110 Rz. 24b; Bereiter-Hahn/Mehrtens, SGB VII, § 110 Rz. 9; Leube, SGb 2006 S. 404, 407; wohl offen: Ricke, in: BeckOGK, SGB VII, § 110 Rz. 46; a. A.: Lauterbach/Dahm, SGB VII, § 110 Rz. 22, der von einem öffentlich-rechtlichen Anspruch ausgeht, weil an das Vorliegen eines Versicherungsfalls angeknüpft wird; Krasney/Becker/Heinz/Bieresborn, SGB VII, § 110 Rz. 18b, dieser auch mit Darstellung des Streitstands). Voraussetzungen für den Regressanspruch sind das Erbringen von Schwarzarbeit, durch die Beiträge entzogen werden, der Eintritt eines Versicherungsfalls nach § 7 und dafür vom Versicherungsträger erbrachte Aufwendungen (= Schaden).
2.2.1 Schwarzarbeit
Rz. 21
Gemäß Abs. 1a Satz 1 leistet Schwarzarbeit, wer Dienst- oder Werkleistungen erbringt oder ausführen lässt und dabei als Arbeitgeber, Unternehmer oder versicherungspflichtiger Selbständiger seine sich aufgrund der Dienst- oder Werkleistung ergebenden sozialversicherungsrechtlichen Melde-, Beitrags- oder Aufzeichnungspflichten nicht erfüllt (§ 1 Abs. 2 Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz – SchwarzArbG). Für den Regress ist darüber hinaus erforderlich, dass dadurch Beiträge nach dem 6. Kapitel des SGB VII nicht, nicht in der richtigen Höhe oder nicht rechtzeitig entrichtet werden. Abs. 1a Satz 2 enthält für die nicht ordnungsgemäße Beitragsentrichtung eine widerlegbare Vermutung (§ 292 Satz 1 ZPO i. V. m. § 202 SGG) für die Fälle, in denen die Person, bei der der Versicherungsfall eingetreten ist, nicht bei der Einzugsstelle oder der Datenstelle gemeldet worden ist (h. M.; Bereiter-Hahn/Mehrtens, SGB VII, § 110 Rz. 9; Ricke, in: BeckOGK, SGB VII, § 110 Rz. 40 mit ausführlicher Begründung; a. A.: Lauterbach/Dahm, SGB VII, § 110 Rz. 21, der von einer "Legaldefinition" spricht; Hauck/Kranig, SGB VII, § 110 Rz. 23h, gibt die in der Vorauflage von Nehls vertretene Auffassung auf, wonach die Vermutung unwiderlegbar sei. Diese sei methodisch nicht haltbar.). Die Darlegungs- und Beweislast für die Tatsachen, die die Vermutung widerlegen, liegt beim meldepflichtigen Unternehmer.
Rz. 21a
Hinsichtlich der Pflichtverletzung und des Verschuldens ist zu differenzieren. Die Pflichtverletzung besteht nach Abs. 1a Satz 1 i. V. m. § 1 Abs. 2 Satz 1 SchwarzArbG darin, dass ein Arbeitgeber, Unternehmer oder ein sozialversicherungspflichtiger Selbstständiger die aufgrund von Dienst- oder Werkleistungen sich ergebenden Melde-, Beitrags- oder Aufzeichnungspflichten nicht erfüllt. Obwohl in § 1 vom "erbringen" oder "ausführen lassen" von Schwarzarbeit die Rede ist, besteht die Pflichtverletzung im Unterlassen der dort normierten Melde-, Beitrags- und Aufzeichnungspflichten. Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 15/2573 S. 32) soll es auf ein Verschulden des Unternehmers dabei (also beim Unterlassen der eben genannten Verpflichtungen) nicht ankommen, wenn die Person, bei der der Versicherungsfall eingetreten ist, nicht nach § 28a SGB IV vom Unternehmer bei der Einzugsstelle angemeldet war. Auch wenn der Gesetzgeber dies so meinte, setzt gleichwohl eine Pflichtverletzung denknotwendig ein Verschulden voraus (so zu Recht Hauck/Kranig, SGB VII, § 110 Rz. 23d). Ansonsten würde es an der "Verletzung" von Pflichten fehlen.
Rz. 22
Abgesehen von der Sofortmeldepflicht nach § 28a Abs. 4 SGB IV für schwarzarbeitsanfällige Wirtschaftszweige (vgl. dortige Aufzählung) darf die Meldung nach § 28a SGB IV noch 6 Wochen nach der Arbeitsaufnahme erfolgen (§ 6 DEÜV). Auch Arbeitsentgelte können gemäß § 165 Abs. 1 noch nachträglich bis zum 11. Februar des Folgejahres gemeldet werden. Tritt ein Versicherungsfall bei einem Schwarzarbeiter ein, ergeben sich aus dem Vorgenannten Manipulationsmöglichkeiten. Ricke hält den Regress für weitgehend wirkungslos (in: BeckOGK, SGB VII, § 110 Rz. 33), weil wohl unstreitig fehlendes Verschulden einen Anspruchsverzicht nach Abs. 2 erzwingt – ein seltsamer gesetzestechnischer Umweg, der schon für sich allei...