0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift, die mit dem UVEG v. 7.8.1996 (BGBl. I S. 1254) mit Wirkung zum 1.1.1997 geschaffen wurde, ist in Abs. 2 durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Unfallversicherung (Unfallversicherungsmodernisierungsgesetz – UVMG) v. 30.10.2008 (BGBl. I S. 2130) mit Wirkung zum 5.11.2008 und 1.1.2020 geändert worden. Die Bestimmung knüpft im Wesentlichen an die früheren § 746 Abs. 1, § 747 Abs. 2, § 749 RVO an. Durch Fünftes Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze v. 15.4.2015 (BGBl. I S. 583) wurde mit Wirkung zum 1.1.2019 Abs. 2 Satz 1 N. 3 gestrichen und Abs. 2a eingefügt. Mit Siebten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze v. 12.6.2020 (BGBl. I S. 1248) wurde mit Wirkung zum 1.7.2020 Abs. 1 ergänzt.
1 Allgemeines
Rz. 2
Der Beitragsbescheid ist ein Verwaltungsakt nach § 31 SGB X. Er muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein (§ 33 Abs. 1 SGB X). In der Praxis werden die Beitragsbescheide angesichts ihrer Menge ohne Anhörung (§ 24 Abs. 2 Nr. 4 SGB X) bekanntgegeben (§§ 37, 39 SGB X). Der Beitragsbescheid wird mit Bekanntgabe an den Unternehmer wirksam. Beitragsvorschüsse (vgl. § 164). Einer Anhörung nach § 24 SGB X bedarf es seit dem 1.7.2020 allerdings in den Fällen des Abs. 2 Satz 1.
2 Rechtspraxis
2.1 Bescheid (Abs. 1)
Rz. 3
Die Schriftform des Beitragsbescheides, mit dem der Beitrag erhoben wird, ist zwingend. Gegen den Beitragsbescheid als Verwaltungsakt i. S. v. § 31 SGB X, sind Widerspruch gemäß § 78 Abs. 1 SGG und nach Abschluss des Widerspruchsverfahrens Klage gemäß § 54 SGG möglich. Beide Rechtsmittel haben jedoch wie im Steuerrecht gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG nicht die ansonsten übliche aufschiebende Wirkung. Der Wegfall der aufschiebenden Wirkung bei Beitragsstreitigkeiten verfolgt das Ziel, bei einer Flut von Widersprüchen, die z. B. bei Beitragsanhebungen durchaus vorkommen, die finanzielle Leistungsfähigkeit des Unfallversicherungsträgers hinsichtlich seiner gesetzlichen Aufgaben, zumindest jedoch dessen Planungssicherheit bezüglich seiner nachträglichen Bedarfsdeckung nicht zu gefährden. Zudem wird mit dem Fehlen der aufschiebenden Wirkung verhindert, dass der Beitragsschuldner den Widerspruch dazu missbraucht, eine berechtigte und fällige Beitragsforderungen eigenmächtig zu stunden, obwohl seinerseits keine erhebliche Härte i. S. v. § 76 Abs. 2 Nr. 1 SGB IV als Stundungsgrund mit der sofortigen Einziehung des Beitrages verbunden ist.
Allerdings kann das Sozialgericht im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes auf Antrag gemäß § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG die aufschiebende Wirkung vollständig oder teilweise anordnen.
Rz. 4
Die Zwangsvollstreckung kann nach § 66 SGB X erfolgen, wenn der Unternehmer den Beitrag bei Fälligkeit nicht zahlt.
Rz. 5
Die Fälligkeit des Beitrags richtet sich nach § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB IV. Fälligkeitstermin ist danach der 15. des Monats, der dem Monat folgt, in dem der Beitragsbescheid dem Zahlungspflichtigen bekannt gegeben worden ist. Entsprechendes gilt für Beitragsvorschüsse, wenn der Bescheid hierüber keinen anderen Fälligkeitstermin bestimmt. Die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft kann in ihrer Satzung von diesem Termin abweichende Fälligkeitstermine bestimmen (§ 23 Abs. 3 Satz 2 SGB IV).
Rz. 6
Bei nicht fristgerechter Zahlung können Säumniszuschläge nach § 24 SGB IV erhoben werden.
Rz. 7
Zur Verjährung, Beanstandung und Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge, Verzinsung und Verjährung des Erstattungsanspruchs und Verrechnung und Aufrechnung des Erstattungsanspruchs vgl. §§ 25 bis 28 SGB IV.
Rz. 8
Zahlungserleichterungen für die Unternehmer sind durch Stundung und Ratenzahlung möglich (vgl. § 76 Abs. 2 Nr. 1 SGB IV sowie Rz. 3).
2.2 Änderung des Beitragsbescheids zu Ungunsten des Beitragspflichtigen (Abs. 2)
Rz. 9
Abs. 2 regelt, dass der Beitragsbescheid auch zu dessen Ungunsten bei Vorliegen einer der Fälle der Nr. 1 und Nr. 2 aufzuheben ist. Als Sondervorschrift schließt § 168 Abs. 2 die Anwendung der §§ 45 und 48 SGB X aus. Offenbare Unrichtigkeiten wie Schreib- oder Rechenfehler können nach § 38 SGB X jederzeit berichtigt werden. Eine Anhörung hat gemäß § 24 SGB X in den Fällen des Abs. 2 Satz 1 zu erfolgen (Abs. 1).
Rz. 10
Ein Änderungstatbestand liegt vor, wenn
- die Veranlagung des Unternehmens zu den Gefahrklassen nachträglich geändert wird (Nr. 1), etwa bei falschen oder unrichtigen Angaben des Unternehmers oder
- der Lohnnachweis oder die Schätzung sich als unrichtig erweist; vgl. § 165 Abs. 3
Rz. 11
Nach Maßgabe des Satzes 2 bedarf es bei der Aufhebung des Beitragsbescheides durch den Unfallversicherungsträger aufgrund der Feststellungen durch den Rentenversicherungsträger im Rahmen seiner Prüfung gemäß § 166 Abs. 2 nicht mehr einer Anhörung durch die Unfallversicherungsträger nach § 24 SGB X. Die Anhörung durch den Unfallversicherungsträger kann aber nur dann entfallen, soweit die für die Aufhebung des Beitragsbescheides erheblichen Tatsachen in der Prüfung nach § 166 Abs. 2 festgestellt worden sind und der Arbeitgeber Gelegenheit hatte, gegenüber dem Rentenversicherungsträger hierzu Stellung zu nehme...