0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift ist nur durch Art. 1 § 84 Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz (UVEG) v. 7.8.1996 (BGBl. I S. 1254) mit Wirkung zum 1.1.1997 in Kraft getreten. Sie ist im Wesentlichen identisch mit § 572 RVO, wobei Satz 2 keine direkte RVO-Vorschrift vorangegangen ist.
1 Allgemeines
Rz. 2
Die Vorschrift dient dem Schutz Versicherter, die nach Aufgabe der Tätigkeit, die geeignet war, die Berufskrankheit zu verursachen, keiner oder einer schlechter bezahlten Erwerbstätigkeit nachgehen. Sie verhindert, dass beim späteren Eintritt der Berufskrankheit eine nach dem aktuellen und damit meistens niedrigeren Jahresarbeitsverdienst (JAV) bemessene Geldleistung ausgezahlt wird (BSG, Urteil v. 31.10.1968, 2 RU 139/67).
2 Rechtspraxis
Rz. 3
Für die Ermittlung des für den Versicherten günstigsten JAV bei Berufskrankheiten stehen 3 Terminvarianten zur Wahl:
- Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der Behandlungsbedürftigkeit (§ 9 Abs. 5, 1. Alternative),
- Beginn der Minderung der Erwerbsfähigkeit (§ 9 Abs. 5, 2. Alternative),
- der letzte Tag, an dem die Versicherten Tätigkeiten verrichtet haben, die ihrer Art nach geeignet waren, die Berufskrankheit zu verursachen (§ 84 Satz 1).
Rz. 4
Die ersten beiden Varianten beziehen sich auf die Ermittlung des Zeitpunkts (Datum) des Versicherungsfalls. Die dritte Variante wird ausschließlich für die Berechnung des JAV herangezogen; sie stellt also kein neues Datum für den Versicherungsfall dar.
Die Ergebnisse der Ermittlungen nach § 82 i. V. m. § 9 Abs. 5 sind dem Ergebnis nach § 84 gegenüberzustellen. Die Unfallversicherungsträger haben alle diese Möglichkeiten bei ihren Berechnungen zu berücksichtigen, um den für die Versicherten günstigsten JAV zu ermitteln. Zwischenzeitliche Rentenanpassungen (§ 89) werden bei der Höhe des JAV berücksichtigt.
Rz. 5
Ein nach § 84 berechneter JAV, der zunächst niedriger ist als ein nach § 82 berechneter, kann dennoch günstiger sein: Aufgrund des früheren Unfalltages ist unter Umständen eine frühere Anpassung des JAV möglich (§ 89), die im Ergebnis zu einem vergleichsweise höheren JAV führt.
Als Unfalljahr für die Rentenanpassung gilt – wenn es für den Versicherten günstiger ist – das Jahr, in dem der Versicherte die schädigende Tätigkeit aufgegeben hat.
Die Berechnungen nach § 84 gelten auch für Versicherungsfälle, die "wie" eine Berufskrankheit gehandhabt werden (§ 9 Abs. 2).
Rz. 6
Die Günstigkeitsregelung in Satz 1 wird gemäß Satz 2 nicht davon abhängig gemacht, dass die Tätigkeit wegen der gesundheitlichen Gefährdung aufgegeben worden ist. Andere Gründe für die Aufgabe der Tätigkeit, mögen sie betrieblicher oder persönlicher Art sein, gelten gleichermaßen.
3 Literatur
Rz. 7
Kunze, in: LPK-SGB VII, 2. Aufl., § 84 Rz. 1 ff.
Lauterbach-Dahm, UV-SGB VII, § 84 Rz. 4.
Pöhl, Kompaß 1994 S. 293.
Ricke, in: KassKomm, SGB VII, § 84 Rz. 6/7.