Entscheidungsstichwort (Thema)
Verweisung des Rechtsstreits an ein anderes Gericht ohne Antrag auf Verweisung. Rückgabe an das zuständige Gericht. Zuständigkeit des Insolvenzgerichts bei einem Antrag auf Berechnung des pfändbaren Einkommens
Leitsatz (amtlich)
1. Ruft der Antragsteller ein bestimmtes Gericht an, kann dieses die Sache nicht ohne Antrag auf Verweisung und ohne formellen Beschluss von sich aus an ein anderes Gericht abgeben. Jedenfalls ist es mit dem Gesetz nicht vereinbar, die Akte von einem zum nächsten Gericht zu schicken, soweit nicht ein entsprechender Antrag des Antragstellers vorliegt.
2. Erlässt das nicht angerufene Gericht nach Abgabe durch das tatsächlich angerufene Gericht als unzuständiges Gericht eine Entscheidung, ist diese aufzuheben und die Sache zum Zwecke der ordnungsgemäßen Sachbehandlung (hier: Rückgabe an das zuständige Gericht) zurückzuverweisen.
3. Für einen Antrag nach § 850e ZPO ist im eröffneten Insolvenzverfahren das Insolvenzgericht, nicht das Vollstreckungsgericht zuständig.
4. Im eröffneten Insolvenzverfahren ist der Insolvenzverwalter zur Antragstellung nach § 850e ZPO befugt.
Normenkette
ZPO § 850e Nr. 2a
Verfahrensgang
AG Güstrow (Beschluss vom 07.05.2001) |
OLG Köln (Beschluss vom 18.08.2000; Aktenzeichen 2 W 155/00) |
AG München (Entscheidung vom 10.05.2000; Aktenzeichen 1502 IK 1438/99) |
AG Memmingen (Entscheidung vom 14.03.2000; Aktenzeichen IK 80/99) |
AG Solingen (Entscheidung vom 07.03.2000; Aktenzeichen 7 M 968/00) |
Tenor
Beschluss des Amtsgerichts Güstrow vom 07.05.2001 wird aufgehoben und die Sache zur weiteren Veranlassung an das Amtsgericht Güstrow zurückverwiesen.
Tatbestand
Ober das Vermögen des Antragsgegners wurde mit Beschluss des Amtgerichts Rostock vom 11.10.1999 das Insolvenzverfahren eröffnet und der Antragsteller zum Treuhänder ernannt. Das Insolvenzverfahren wird beim Amtsgericht Rostock unter dem Aktenzeichen xxx geführt. Der Antragsgegner bezieht seitens der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte eine Altersrente. Daneben erhält er von der xxx Unterstützungskasse GmbH ein Ruhegehalt. Im Zuge des eröffneten Insolvenzverfahrens zahlte die xxx Unter Stützungskasse GmbH den pfändbaren Teil des Ruhegehaltes an die Masse zu Händen des Antragstellers. Zwischenzeitlich überwies sie darüber hinaus den Betrag, der nach Zusammenrechnung mit der von der BfA mitgeteilten Rente pfändbar ist, da der Antragsgegner der Zusammenrechnung zugestimmt hatte. Seit Juni 2000 unterblieb diese Zahlung.
Unter dem 22.06.2000 hat der Antragsteller daher beim Amtsgericht Rostock, Insolvenzgericht, unter dem Aktenzeichen des Insolvenzverfahrens den Antrag gestellt, anzuordnen, dass die beiden Renten gemäß § 850e Nr. 2 a ZPO zusammenzurechnen sind, sowie das Einkommen zu bestimmen, dem der pfändbare Grundbetrag zu entnehmen ist. Er hat den oben genannten Sachverhalt dargelegt und ausgeführt, dass für den Antrag das Insolvenzgericht zuständig sei, was sich aus dessen besonderer Sachnähe ergebe.
Auf Grund einer Verfügung des Rechtspflegers der Insolvenzabteilung des Amtsgerichts Rostock vom 29.06.2000, dass gemäß § 850e Nr. 2 ZPO das Vollstreckungsgericht zuständig und eine Verlagerung der Zuständigkeit auf das Insolvenzgericht von der InsO nicht vorgesehen sei, wurde der Antrag zuständigkeitshalber an die Vollstreckungsabteilung des Amtsgerichts Rostock weitergeleitet. Durch diese wurde der Antrag zuständigkeitshalber an das Amtsgericht Güstrow übersandt.
Gegenüber diesem hat der Antragsgegner die Auffassung vertreten, ein Antrag gemäß § 850e Nr. 2 ZPO könne nur vom Schuldner oder vom Gläubiger gestellt werden. Dies sei hier nicht der Fall.
Mit Beschluss vom 07.05.2001 hat das Amtsgericht Güstrow den Antrag zurückgewiesen. Es hat ausgeführt; dass gemäß § 850e Nr. 2 a ZPO laufende Geldleistungen zusammengerechnet werden können, soweit sie der Pfändung unterworfen seien. Weder die Rente der BfA noch die der xxx seien jedoch auf Grund eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses des hiesigen Amtsgerichts gepfändet. Überdies erfolge die Zusammenrechnung nur auf Grund Antragstellung durch den Pfändungsgläubiger. Vorliegend sei aber der Insolvenzverwalter der Antragsteller.
Gegen diesen Beschluss, der ihm am 11.05.2001 zugestellt wurde, wendet sich der Antragsteller mit seiner sofortigen Beschwerde, die am 23.05.2001 beim Amtsgericht eingegangen ist.
Er führt aus, dass ihm in seiner Eigenschaft als Treuhänder gemäß § 80 InsO die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das pfändbare Einkommen des Antragsgegners obliege. Gegenstand der Insolvenzmasse sei gemäß §§ 35, 36 InsO das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zurzeit der Verfahrenseröffnung gehöre und das er während des Verfahrens erlange. Ausgenommen seien Gegenstände, die nicht der Zwangsvollstreckung unterlägen. Für laufende Einkünfte bedeutet dies, dass sie in den Grenzen der §§ 850 ff. ZPO dem Insolvenzbeschlag unterlägen. Eines gesonderten Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses bedürfe es nicht. Die Wirkungen ergäben sich aus dem Eröf...