Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zurückgewiesen
In einem Eilverfahren hatte das Verwaltungsgericht (VG) Berlin den Antrag eines Rechtsanwalts auf einstweiligen Rechtsschutz in eigener Sache gegen die Zwangsvollstreckung von Beiträgen zum Versorgungswerk der Rechtsanwälte als unzulässig zurückgewiesen, weil der Anwalt den Rechtsschutzantrag nicht elektronisch über sein beA eingereicht hatte. Das VG stützte seine Entscheidung auf § 55d Satz 1 VwGO, wonach Rechtsanwälte auch in der Verwaltungsgerichtsbarkeit verpflichtet sind, vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen als elektronisches Dokument an das Gericht zu übermitteln.
Pflicht zur beA-Nutzung auch in eigener Sache
Die lediglich analoge Einreichung seines Eilantrages begründete der Anwalt damit, dass bei der Wahrnehmung eigener Angelegenheiten die Pflicht zur Verwendung des beA nicht gelte. Das VG zeigte für diese Auffassung insoweit Verständnis, als es der grundgesetzlich garantierte Anspruch auf effektiven Rechtsschutz gemäß Art. 19 Abs. 4 GG und auf Justizgewährung gemäß Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 20 Abs. 3 GG möglicherweise verbiete, einem Rechtsanwalt wegen der Verletzung beruflicher Pflichten im Rahmen des elektronischen Rechtsverkehrs den Zugang zu den Gerichten in eigenen, privaten Angelegenheiten zu verwehren.
Antragsteller ist formal als Rechtsanwalt aufgetreten
Im vorliegenden Fall konnte die Klärung dieser rechtlichen Problematik nach Auffassung des VG offenbleiben. Der personelle Anwendungsbereich des § 55d Satz 1 VwGO sei hier in jedem Fall eröffnet, weil der Antragsteller als anwaltlicher Vertreter seiner eigenen Person aufgetreten sei. Er habe formal unter dem Briefkopf seiner Anwaltskanzlei als Rechtsanwalt gehandelt, der sich selbst vertreten habe. Angesichts der Inanspruchnahme seines Status als Rechtsanwalt gelte daher im konkreten Fall auch die beA-Pflicht (VG Berlin, Beschluss v. 5.5.2022, 12 L 25/22).
beA-Nutzungspflicht auch für anwaltliche Insolvenzverwalter
Der BGH hat darüber hinaus entschieden, dass die Pflicht der Rechtsanwälte, Schriftsätze bei Gericht gemäß § 130d ZPO elektronisch einzureichen, auch die Tätigkeit in der Insolvenzverwaltung erfasst.
Insolvenzverwalter hielt beA-Pflicht für nicht einschlägig
Die Beschwerde eines anwaltlichen Insolvenzverwalters gegen die aus seiner Sicht zu niedrige Gebührenfestsetzung für seine Tätigkeit verwarf das Insolvenzgericht mit der Begründung, die Beschwerdeschrift sei lediglich in Papierform (per Fax sowie im Original) bei Gericht eingegangen. Die Beschwerde sei damit unzulässig, da sie nicht auf dem vorgeschriebenen elektronischen Wege bei Gericht eingereicht worden sei.
Sofortige Beschwerde erfolglos
Mit seiner hiergegen eingereichten sofortigen Beschwerde hatte der Anwalt beim LG und auch beim BGH keinen Erfolg. Seine Auffassung, in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter sei er zur Nutzung des elektronischen Übermittlungsweges nicht verpflichtet, teilte schon das LG nicht und wies die Beschwerde zurück. Auch nach Auffassung des BGH entsprach die gegen die Vergütungsfestsetzung eingelegte Beschwerde nicht der gemäß § 130d Satz 1 ZPO vorgeschriebenen Form. Die Vorschrift gilt nach der Rechtsauslegung des BGH gemäß § 4 Satz 1 InsO auch für Insolvenzverwalter entsprechend, wenn sie zur Rechtsanwaltschaft zugelassen sind. Dies gelte zumindest in den Fällen, in denen im Insolvenzverfahren Rechtsmittel eingelegt werden.
Eigenständiges Berufsbild des Insolvenzverwalters ändert nichts am Anwaltsstatus
Das Argument des eigenständigen, vom Rechtsanwalt unterschiedenen Berufsbildes des Insolvenzverwalters (BGH, Beschluss v. 8.12.2005, IX ZB 308/04) überzeugte den BGH nicht. Die Tätigkeit des Rechtsanwalts auf einem eigenständigen Berufsfeld ändere nichts an dem grundsätzlichen anwaltlichen Status.
Kommunikation mit Gerichten am besten generell über das beA
Im Ergebnis war die Rechtsbeschwerde des Insolvenzverwalters damit erfolglos. In seiner Entscheidung hat der BGH die Pflicht zur Nutzung des beA durch den anwaltlichen Insolvenzverwalter zwar explizit nur für die Einlegung von Rechtsmitteln im Insolvenzverfahren statuiert, jedoch spricht die Begründung des BGH dafür, dass Rechtsanwälte, die als Insolvenzverwalter oder auch auf sonstigen Feldern tätig werden, gut beraten sind, wenn sie grundsätzlich den Schriftverkehr mit Gerichten elektronisch über ihr beA abwickeln (BGH, Beschluss v. 24.11.2022, IX ZB 11/22).