vorläufig nicht rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Berücksichtigung von Altersvorsorgebeiträgen und Altersvorsorgezulage als SA bei erst im Dezember 2010 abgegebener Einverständniserklärung
Leitsatz (redaktionell)
- Zur Ermittlung der Festsetzungsfrist für die ESt.
- Für eine Änderung des Steuerbescheides ist § 91 Abs. 1 Satz 4 EStG gesetzliche Grundlage.
- Die Mitteilung der zentralen Stelle über „eine Abweichung von dem in der Steuerfestsetzung berücksichtigten SA-Abzug nach § 10a EStG oder der gesonderten Feststellung nach § 10a Abs. 4 EStG” stellt keinen Grundlagenbescheid i. S. des § 182 Abs. 1 Satz 1 AO dar. Es handelt sich vielmehr um eine bloße behördeninterne Mitteilung.
- Aus § 10a Abs. 1, 1a EStG 2004 folgt keine zeitliche Beschränkung für die Abgabe der Einverständniserklärung zur Übermittlung von Daten an die Zentrale Stelle (gegen BMF-Schr. v. 11.3.2004, BStBl I 2004, 407).
- Eine zeitliche Beschränkung - wie sie mit Wirkung durch das Alterseinkünftegesetz eingeführt wurde - wäre angesichts des Zwecks der Einverständniserklärung und der Auswirkung einer verspäteten Abgabe unverhältnismäßig.
Normenkette
EStG § 10a Abs. 1, 1a, § 94 Abs. 1 S. 4; AO § 169 Abs. 2 Nr. 2, § 170 Abs. 2 Nr. 1, § 171 Abs. 3a
Streitjahr(e)
2004
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Altersvorsorgebeiträge und die Altersvorsorgezulage bei der Klägerin im Jahr 2004 als Sonderausgaben zu berücksichtigen sind, obwohl die Einverständniserklärung nach § 10a Abs. 1a EStG a.F. erst im Dezember 2010 abgegeben wurde.
Die Klägerin ist als beamtete Psychologin tätig. Im Februar 2006 reichte sie ihre (elektronische) Einkommensteuererklärung für das Jahr 2004 ein. Auf der Anlage AV erklärte sie, im Hinblick auf den Sonderausgabenabzug von Altersvorsorgebeiträgen für das Jahr 2004 unmittelbar begünstigt zu sein. Die Altersvorsorgebeiträge betrugen ausweislich der Bescheinigung ihres Versicherers 1.050 €.
Mit Bescheid vom 9. Mai 2006 setzte der Beklagte die Einkommensteuer erklärungsgemäß fest und berücksichtigte insbesondere die Altersvorsorgebeiträge in Höhe von 1.050 € zzgl. der Altersvorsorgezulage in Höhe von 76 € als Sonderausgaben.
Durch Mitteilung der Zentralen Zulagestelle für Altersvermögen (im Folgenden: ZfA) vom 29. August 2009 wurde dem Beklagten mitgeteilt, dass die Klägerin „nicht zum berechtigten Personenkreis” gehöre. Daraufhin änderte die Beklagte die Einkommensteuerfestsetzung mit Bescheid vom 29. November 2010 nach § 91 Abs. 1 Satz 4 des Einkommensteuergesetzes (im Folgenden: EStG). In den Erläuterungen wurde ausgeführt: „Sie gehören nicht zum berechtigten Personenkreis. Bitte prüfen Sie (auch), ob Sie die notwendige Zustimmung gem. § 10a Abs. 1 EStG gegenüber der zuständigen Stelle (z.B. Dienstherrn) abgegeben haben”.
Mit Schreiben vom 10. Dezember 2010 erhob die Klägerin Einspruch gegen den Änderungsbescheid und teilte mit, sie habe die Zustimmung nach § 10a Abs. 1 EStG „diese Woche nachgeholt bzw. wiederholt”.
Daraufhin änderte die Beklagte die Einkommensteuerfestsetzung durch Bescheid vom 7. Januar 2011 nach § 172 Abs. 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (im Folgenden: AO) und berücksichtigte Altersvorsorgebeiträge und Altersvorsorgezulage als Sonderausgaben. Die Freigabe zur Produktion des Bescheides war bereits am 27. Dezember 2010 erfolgt.
Zwischenzeitlich gab es am 28. Dezember 2010 eine erneute Mitteilung der ZfA an den Beklagten, wonach die Klägerin nicht zum berechtigten Personenkreis gehöre.
Der Beklagte änderte daraufhin die Einkommensteuerfestsetzung durch Bescheid vom 3. Februar 2011 erneut nach § 91 Abs. 1 Satz 4 EStG und nahm darin keinen Sonderausgabenabzug der Altersvorsorgebeiträge und -zulage vor. In den Erläuterungen hieß es: „Eine Zulage wurde nach Mitteilung der ZfA vom 28.12.2010 für 2004 nicht gewährt”.
Hiergegen legte die Klägerin erneut Einspruch ein. Am 21. Juli 2011 erging eine weitere Mitteilung der Zentralen Stelle, woraufhin der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen wurde, weil die „Einwilligung zur Datenübermittlung gegenüber der zuständigen Stelle verspätet abgegeben” worden sei.
Am 24. September 2011 hat die Klägerin Klage erhoben.
Sie ist der Auffassung, die am 3. Februar 2011 erfolgte Änderung sei rechtswidrig erfolgt, weil ihrem Einspruch mit Bescheid vom 7. Januar 2011 abgeholfen worden und deshalb Bestandskraft eingetreten sei. Für eine nochmalige Änderung des Bescheides fehle die Rechtsgrundlage. Insbesondere sei § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO nicht einschlägig, weil keine neue Tatsache vorliege. § 91 Abs. 1 Satz 4 EStG stelle keine gesetzliche Grundlage für die Änderung der bisherigen Förderungsgewährung dar, sondern sei eine reine Verfahrensvorschrift.
Im Übrigen habe sie auch einen Anspruch auf die steuerliche Begünstigung ihrer Altersvorsorgebeiträge, da sie als Beamte zum berechtigten Personenkreis zähle.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid über Einkommensteuer für das Jahr 2004 vom 3. Februar 2011 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 23. August 2011 aufzuheben.
Der Bekla...