Entscheidungsstichwort (Thema)
Betreuungsleistungen eines Betreuungsvereins steuerfrei
Leitsatz (redaktionell)
- Ein Betreuungsverein, der einem anerkannten Verband der freien Wohlfahrtspflege angeschlossen ist, erbringt sowohl gegenüber bemittelten als auch gegenüber mittellosen Personen durch seine Vereinsbetreuer steuerfrei Betreuungsleistungen.
- Berufsbetreuer können neben den auf Grundlage von § 1836 Abs. 2 BGB ermittelten Stundensätzen grds. auch einen Aufwendungsersatz abrechnen. Nämliches gilt für die allgemeinen Verwaltungs- und Versicherungskosten.
- Bei Betreuungen durch Vereinsbetreuer ist dies vom Grundsatz her nicht möglich. Für diese ist eine Entgeltbeschränkung i. S. des § 4 Nr. 18 Buchst. c UStG anzunehmen.
Normenkette
UStG § 4 Nr. 18
Streitjahr(e)
1995
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Befreiung seiner Umsätze aus Betreuungsleistungen von der Umsatzsteuer gemäß § 4 Nr. 18 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) für das Jahr 1995.
Als eingetragener Verein ist der Kläger selbständiges Mitglied des …. und kooperatives Mitglied des Caritasverbandes für die Diözese …., der wiederum dem Deutschen Caritasverband e.V. angehört. Er ist als eingetragener Verein eine Körperschaft, die ausschließlich und unmittelbar steuerbegünstigten gemeinnützigen und mildtätigen Zwecken i.S.d. §§ 51 ff der Abgabenordnung (AO) dient. Der Vereinszweck ist nach seiner Satzung die Beratung und Hilfe für Menschen in geistiger, seelischer und wirtschaftlicher Not.
Der Kläger ist als ein gemäß § 1908 f des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) anerkannter Betreuungsverein für die Betreuung von Volljährigen, die aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung ihre Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen können, tätig. Die Betreuungsaufgaben werden nicht vom Kläger als Verein selbst, sondern von einzelnen Mitarbeitern des Klägers, sog. Vereinsbetreuern i.S.d § 1897 Abs. 2 BGB, wahrgenommen.
Die Vereinsbetreuer betreuten bemittelte (vermögende) und mittellose Personen i.S.d. § 1836a BGB. Für die Übernahme einer Betreuung machte der Kläger gegenüber dem jeweils zuständigen Vormundschaftsgericht gemäß § 1908e BGB eine Vergütung sowie Aufwendungsersatz geltend. In der Annahme, seine Betreuungsleistungen seien nach § 4 Nr. 18 UStG umsatzsteuerfrei, stellte er in seinen Abrechnungen gegenüber dem Vormundschaftsgericht zunächst keine Umsatzsteuer in Rechnung.
Für seine Betreuungsleistungen erhielt der Kläger im Jahre 1995 vom zuständigen Amtsgericht an Vergütung und Auslagenersatz insgesamt ….. DM. Im Zusammenhang mit diesen Betreuungsleistungen sind im Jahre 1995 Vorsteuerbeträge in Höhe von …. DM angefallen. Der Kläger behandelte diese Einnahmen als nach § 4 Nr. 18 UStG umsatzsteuerfrei. In der Umsatzsteuererklärung 1995 machte er keine Angaben zu diesen Umsätzen und keinen Vorsteuerabzug geltend.
Der Beklagte führte in den Jahren 2000 bis 2001 beim Kläger eine Umsatzsteuersonderprüfung durch. Der Beklagte beanstandete die Steuerfreiheit der Betreuungsleistungen, weil der Kläger nicht habe nachweisen können, dass die geltend gemachten und vom Amtsgericht bewilligten Vergütungen tatsächlich hinter den durchschnittlich für gleichartige Leistungen von Berufsbetreuern geltend gemachten und bewilligten Vergütungen zurück blieb. Auf Anfrage teilte das Amtsgericht mit, dass bis zur Einführung des ab 01.01.1999 geltenden Berufsvormündervergütungsgesetzes (BVormVG) sowohl Vereins- als auch Berufsbetreuer nach § 1836 BGB i.V.m. § 2 des Gesetzes über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen (ZuSEG) ein Satz in Höhe von 50 DM/Stunde für die rechtliche Betreuung zugebilligt worden sei. Aufgrund besonderer Qualifikation sei Rechtsanwälten und Betreuern von Gehörlosen ein höherer Stundensatz (75 DM bzw. 60 DM) zugebilligt worden. Sämtliche Nebenkosten, Auslagen etc. seien in gleicher Weise abgerechnet worden.
Der Beklagte erließ daraufhin einen geänderten Umsatzsteuerbescheid für 1995, in dem er zusätzlich steuerpflichtige Umsätze zu 7 % in Höhe von … DM und Vorsteuer in Höhe von … DM ansetzte. Damit unterwarf der Beklagte sämtliche Betreuungsleistungen des Klägers – sowohl für mittellose als auch für bemittelte Personen – der Umsatzsteuer.
Gegen diesen Umsatzsteuerbescheid legte der Kläger Einspruch ein. Seinen Einspruch begründete der Kläger damit, dass Rechtsanwälte als Berufsbetreuer höhere Stundensätze als 50 DM erhalten hätten. Überdies konnte der Kläger als Betreuungsverein keinen Auslagenersatz für allgemeine Verwaltungskosten wie Aktenführung oder Abrechnung geltend machen. Das Amtsgericht habe unter Hinweis auf § 1908e Abs. 1 Satz 2 BGB stets die Erstattung allgemeiner Verwaltungskosten und Umlagen der Betriebskosten (Beiträge zur Berufshaftpflichtversicherung, Telefongrundgebühren, Abschreibung auf PKW und PC, Büromiete nebst Nebenkosten, Sach- und Personalkosten für Reinigung, Schreibmittel u. ä.) abgelehnt.
Mit Einspruchsentscheidung wies der Beklagte den Einspruch des Klägers gegen ...