vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [X R 14/15)]
Entscheidungsstichwort (Thema)
Hemmung der Festsetzungsfrist – Anerkennung von Darlehensverträgen zwischen Eltern und Kindern
Leitsatz (redaktionell)
- Zur Hemmung des Ablaufs der Festsetzungsfrist nach § 171 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 AO.
- Zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen die Ablaufhemmung entfällt, weil Anträge der Stpfl. auf Verschiebung der Ap gestellt worden sind.
- Zur Anerkennung von Darlehensverträgen zwischen Eltern und Kindern und zur Würdigung des Umstandes, das ein vertraglich vereinbartes kurzfristiges Kündigungsrecht in einem Zeitraum von 20 Jahren nicht ausgeübt wird.
Normenkette
AO § 170 Abs. 2 S. 1, § 171 Abs. 4 S. 1, § 169 Abs. 2 S. 1 Nr. 2; EStG § 4 Abs. 4
Streitjahr(e)
1998, 1999
Nachgehend
Tatbestand
Das Verfahren befindet sich im zweiten Rechtsgang. Streitig sind der Ablauf der Festsetzungsfrist und der Abzug von Darlehenszinsen als Betriebsausgaben.
Die Kläger sind Eheleute, die keine Gütergemeinschaft vereinbart haben und zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Der Kläger erzielte im Streitjahr als geschäftsführender Gesellschafter der Firma X GmbH (GmbH) Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 19 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Die Kläger waren zu jeweils 50 Prozent Anteilseigner an der GmbH, die im Jahr 2009 in die Y KG (KG) umgewandelt wurde. Der Kläger ist persönlich haftender Gesellschafter der KG, die Klägerin ist Kommanditistin mit Einzelprokura. Die 1985 und 1987 geborenen Söhne der Kläger A und B sind ebenfalls Bäckermeister und seit den Jahren 2005 bzw. 2011 in der KG in leitenden Positionen angestellt.
Seit 1995 verpachtet der Kläger seinen zuvor als Einzelunternehmen geführten Gewerbebetrieb im Ganzen an die GmbH später KG und erzielt hieraus Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 15 EStG. Diese ermittelt er durch Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG. Im Jahr 2002 übernahm er aus der Insolvenzmasse eines anderen Bäckereiunternehmens das Anlagevermögen (70.000 EUR) und die immateriellen Wirtschaftsgüter (40.000 EUR) und aktivierte diese ebenfalls im Verpachtungsunternehmen.
Mit Vertrag vom 1. Oktober 1993 erwarb der Kläger von seinem Vater (im Folgenden als GV bezeichnet) bereits im Betrieb genutztes Inventar zum Kaufpreis in Höhe von insgesamt brutto 108.215 DM. Im Kaufvertrag waren der Nettokaufpreis in Höhe von 94.100 DM sowie die auf den Kaufpreis entfallende Umsatzsteuer mit dem Steuersatz und dem Steuerbetrag (14.115 DM) gesondert ausgewiesen. Die Ermittlung der Schätzwerte basierte auf einem Schätzgutachten. Danach entfielen knapp 43 Prozent des Nettokaufpreises auf eine Verkaufseinrichtung mit einem geschätzten Zeitwert in Höhe von 40.000 DM; eine nicht unerhebliche Anzahl von Gegenständen war als geringwertige Wirtschaftsgüter inventarisiert:
Lfd. Nr. |
Anzahl |
Gegenstand |
gesch. Zeitwert in DM |
gebucht als |
1 |
1 |
|
100,-- |
GWG |
2 |
1 |
|
1.500,-- |
#02100 (Maschinen) |
3 |
1 |
|
100,-- |
GWG |
4 |
1 |
|
4.200,-- |
#4103 |
5 |
1 |
|
100,-- |
GWG |
6 |
1 |
|
6.000,-- |
#2100 |
7 |
1 |
|
800,-- |
GWG |
8 |
1 |
|
2.500,-- |
#4103 |
9 |
1 |
|
100,-- |
GWG |
10 |
1 |
|
800,-- |
GWG |
11 |
1 |
|
300,-- |
GWG |
12 |
1 |
|
400,-- |
GWG |
13 |
1 |
|
2.200,-- |
#02100 |
14 |
1 |
|
40.000,-- |
#04103 |
15 |
1 |
|
500,-- |
GWG |
16 |
1 |
|
3.200,-- |
#02100 |
17 |
11 |
|
1.800,-- |
#02100 |
18 |
1 |
|
700,-- |
GWG |
19 |
1 |
|
1.000,-- |
#02100 |
20 |
1 |
|
2.800,-- |
#02100 |
21 |
1 |
|
2.320,-- |
#02100 |
22 |
1 |
|
400,-- |
GWG |
23 |
1 |
|
300,-- |
GWG |
24 |
1 |
|
100,-- |
GWG |
25 |
1 |
|
2.500,-- |
#02100 |
26 |
1 |
|
4.000,-- |
#02100 |
27 |
1 |
|
1.500,-- |
#02100 |
28 |
1 |
|
500,-- |
GWG |
29 |
1 |
|
300,-- |
GWG |
30 |
1 |
|
100,-- |
GWG |
31 |
1 |
|
100,-- |
GWG |
32 |
1 |
|
300,-- |
GWG |
33 |
1 |
|
400,-- |
GWG |
34 |
1 |
|
1.500,-- |
#02100 |
35 |
1 |
|
2.300,-- |
#02100 |
36 |
1 |
|
3.800,-- |
#02100 |
37 |
2 |
|
2.200,-- |
#02100 |
38 |
1 |
|
2.500,-- |
#02100 |
|
|
Gesamt |
94.100,-- |
|
Ebenfalls am Verkaufstag schloss der Kläger mit GV über die Brutto-Gesamtforderung einen schriftlichen Darlehensvertrag, der folgenden Wortlaut hat:
"§ 1 Der Darlehensgeber gewährt dem Darlehnsnehmer die aus dem Kaufvertrag vom 01.10.1993 […] resultierende Kaufpreisforderung in Höhe von DM 108.215 als Darlehn.
§ 2 Das Darlehen ist mit 8 % beginnend ab dem 01.10.1993 zu verzinsen. Verzinst wird jeweils der Restsaldo zum 31.12. eines jeden Jahres. Die Zinsen werden dem Darlehen zum Ende des Jahres zugeschlagen.
§ 3 Das Darlehen ist von beiden Seiten mit einer Frist von 6 Monaten kündbar.
§ 4 Kündigungen können auch in Teilbeträgen erfolgen."
Außerdem gab GV ebenfalls am 1. Oktober 1993 gegenüber seinen damals 8 Jahre und 6 Jahre alten Enkeln, den Söhnen der Kläger, ein privatschriftliches Schenkungsversprechen ab, das u.a. folgenden Wortlaut hat:
"Aus dem Kaufvertrag vom 01.10.1993 ergibt sich eine Forderung in Höhe von 94.100,-- DM an meinen Sohn.
Hiermit verschenke ich diese Forderung an meine Enkelkinder [A und B] zu gleichen Teilen.
In diesem Schenkungsvertrag erklärten auch die Kläger als Erziehungsberechtigte ihrer minderjährigen Kinder die Annahme der Schenkung.
Der Kläger richtete in der Buchführung seines Verpachtungsunternehmens unter den sonstigen Verbindlichkeiten auf den...