vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Entscheidungsstichwort (Thema)
Umfang der Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 4 AO aufgrund eines befristeten Antrages auf Verschiebung der Betriebsprüfung
Leitsatz (redaktionell)
- Zum Ablauf der Feststellungsfrist nach § 171 Abs. 4 Satz 1 AO.
- Ein formloser Antrag des Stpfl. auf Hinausschieben einer Betriebsprüfung i. S. des § 197 Abs. 2 AO erfordert, dass der klare und eindeutige Wunsch des Stpfl. zum Ausdruck kommt, den Prüfungsbeginn hinauszuschieben. Diese Voraussetzungen liegen auch vor, wenn der Stpfl. und der Prüfer eine Vereinbarung darüber treffen, den Prüfungsbeginn einvernehmlich hinauszuschieben.
- Der Ablauf der Festsetzungs- bzw. Feststellungsfrist wird nur gehemmt, wenn der Antrag auf Verschiebung ursächlich für das Hinausschieben des Prüfungsbeginns war.
Normenkette
AO § 171 Abs. 4 Sätze 1-2, § 197 Abs. 2
Streitjahr(e)
1993, 1994
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob dem Erlass von Änderungsbescheiden im Anschluss an eine Betriebsprüfung die Feststellungsverjährung entgegenstand.
Die Erklärungen zur Feststellung von Besteuerungsgrundlagen zur Einkommensteuer wurden für 1993 im Kalenderjahr 1994 und für 1994 im Jahr 1995 abgegeben.
Das beklagte Finanzamt (FA) erließ am 4. November 1996 eine Prüfungsanordnung u.a. wegen Feststellung der Einkünfte 1991 bis 1995. Die Außenprüfung werde voraussichtlich Anfang Dezember 1996 beginnen. Mit der Durchführung der Prüfung sei Steueramtmann L. beauftragt.
Am 15. November 1996 beantragte die Prozessbevollmächtigte unter Bezug auf ein Telefongespräch mit dem Betriebsprüfer die für Anfang Dezember 1996 angesetzte Betriebsprüfung auf Mitte Januar 1997 zu verlegen. Das FA teilte der Prozessbevollmächtigten mit Schreiben vom 19. November 1996 mit, der Beginn der Betriebsprüfung werde antragsgemäß auf Mitte Januar 1997 verschoben. Der Ablauf der Festsetzungsverjährung der in der Prüfungsanordnung bezeichneten Steueransprüche sei gem. § 171 Abs. 4 der Abgabenordnung (AO) seit dem 15. November 1996 – dem Tag des Eingangs des Verschiebungsantrages im FA – gehemmt.
Der Betriebsprüfer setzte die Prozessbevollmächtigten am 24. Januar 1997 davon in Kenntnis, dass die Prüfung aus zeitlichen Gründen nicht mehr im Januar, evtl. aber im Februar beginnen könne. Steueramtmann L. wurde zum 2. Mai 1996 an das FA für Großbetriebsprüfung abgeordnet. Die Prüfung wurde am 9. Juni 1997 auf den Prüfungsgeschäftsplan des 2. Halbjahres 1997 des Betriebsprüfers B. übertragen.
Als nächstes findet sich in der Bp-Arbeitsakte ein Aktenvermerk von Steueramtsrat B. vom 10. November 1999 über ein Telefonat mit W., einer Mitarbeiterin der Prozessbevollmächtigten. Danach solle die Prüfung erst 2000 beginnen.
Der Betriebsprüfer ergänzte den aktenkundigen Sachverhalt in seinem Schreiben vom 28. November 2000 – auf den Einwand der Prozessbevollmächtigten, es sei Festsetzungsverjährung eingetreten – dahingehend, W. habe in dem Telefongespräch vom 10. November 1999 die Verschiebung des Prüfungsbeginns auf Anfang 2000 beantragt, weil die Buchführungsunterlagen inzwischen an die Klägerin zurückgegeben worden seien (Bl. 491 f der Bp-Arbeitsakte Band III/2).
Die Betriebsprüfung begann tatsächlich am 30. März 2000. Im Anschluss an die Außenprüfung erließ das FA am 1. Februar 2001 u.a. nach § 164 Abs. 2 AO geänderte Feststellungsbescheide für 1993 und 1994.
Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein. Der Beginn der Betriebsprüfung sei aufgrund ihres Antrages von Dezember 1996 auf Januar 1997 verschoben worden. Ohne weitere schriftliche Äußerung habe das FA die Prüfung erst im Jahr 2000 begonnen. Das FA sei wegen Eintritts der Festsetzungsverjährung nicht zum Erlass der angefochtenen Feststellungsbescheide berechtigt gewesen. Die Verschiebung des Prüfungsbeginns sei zeitlich befristet beantragt worden. Der Ablauf der Verjährung sei daher nur bis zum 31. Dezember 1997 gehemmt gewesen. Insofern werde auf den Beschluss des BFH vom 30. März 1999 I B 139/98 (BFH/NV 1999, 1145) verwiesen. Darüber hinaus sei die Betriebsprüfung ohne Rechtsgrundlage durchgeführt worden, da die Prüfungsanordnung Steueramtmann L. als Betriebsprüfer benenne, die Prüfung aber tatsächlich von Steueramtsrat B. durchgeführt worden sei.
Das FA wies den Einspruch mit Einspruchsbescheid vom 16. Oktober 2002 als unbegründet zurück. Das FA habe am 4. November 1996 eine Prüfung der Veranlagungszeiträume 1991 bis 1995 angeordnet. Der Beginn der Prüfung sei auf Antrag der Klägerin verschoben worden. Der Ablauf der Festsetzungsfrist sei daher nach § 171 Abs. 4 Satz 1 AO gehemmt worden. § 171 Abs. 4 Satz 1 AO enthalte keine zeitliche Begrenzung der Ablaufhemmung und die Einschränkung des § 171 Abs. 4 Satz 2 AO gelte – entsprechend dem ausdrücklichen Wortlaut der Vorschrift – nur in Fällen, in denen die Prüfung unmittelbar nach ihrem Beginn aus vom FA zu vertretenen Gründen für mehr als 6 Monaten unterbrochen werde. Die zeitlich unbegrenzte Ablaufhe...